Der Anreiz, sich in unbekannte Gewässer vorzuwagen und eine eigene Marke aufzubauen, liegt häufig in dem Wunsch begründet, die kostspielige Kette von Zwischenhändlern und Verarbeitern zu verkürzen, um so einen größeren Teil der Marge im Betrieb zu behalten. Für kleinere landwirtschaftliche Betriebe, die ihre Produktion nicht erweitern und so zu konkurrenzfähigen Rohstoffproduzenten werden können, ist dies oft eine Frage des Überlebens. Aber wie Thomas Berglund vom Almnäs Bruk Hof erklärt, erbrachte selbst für einen großen Milcherzeuger wie ihn die Vermarktung durch die landwirtschaftliche Genossenschaft nicht die erwarteten Erträge. Einen Ausweg fand er in der Herstellung seines eigenen Almnäs Bruk-Käses.
Thomas Björklund und sein Getreidebetrieb Warbo Kvarn
2002 gehörten Thomas Björklund, seine Frau Kerstin und einige andere Familienmitglieder zu den ersten in Schweden, die eine Marke für ihre biologisch angebauten, traditionellen Getreidesorten einführten. Zu dieser Zeit gab es bereits erste Hofläden, aber die Björklunds gingen bei der Markeneinführung systematischer und strategischer vor, um ihr Getreide zu vermarkten. Darunter befanden sich Dinkel, Emmer und Nackthafer, die zu dieser Zeit noch recht neu waren.
Als sie feststellten, dass sie zu klein waren, um als reiner Rohstoffproduzent Geld zu verdienen, aber trotzdem gerne in der Landwirtschaft bleiben wollten, entschieden sie sich für die Schaffung einer eigenen Marke. „Die Familie setzte sich zusammen und wir alle versuchten, uns gemeinsam vorzustellen, was wir tun wollten und was uns wichtig war“, erinnert sich Thomas. „Wir mussten uns etwas Neues einfallen lassen, etwas Einzigartiges; es reichte nicht aus, einfach nur Weizen zu mahlen. Also haben wir uns diese alten Sorten angeschaut, die unterschiedliche Eigenschaften und Qualitäten haben.
Der biologische Anbau war Teil ihrer Vision und Strategie eine Marke zu etablieren, die Nachhaltigkeit und Sorge für die Artenvielfalt vermitteln sollte. „Wir begannen mit zwei Hektar Dinkel aus Saatgut, das wir in Deutschland gekauft hatten“, fährt Thomas fort. „Diese Sorten waren damals in Schweden noch unbekannt. Etwas Neues zu vermarkten kann eine entmutigende Aufgabe sein, und Landwirte haben selten die Mittel für große Marketingkampagnen, also mussten andere Wege gefunden werden, um die Produkte auf den Markt zu bringen.
„Wir haben Kontakte zu prominenten Köchen und Bäckern aufgebaut, um ihnen etwas völlig Neues zu zeigen. Das war ein Trend in Europa, und wir dachten, das würde auch hier in Schweden funktionieren. Außerdem haben wir immer versucht, den persönlichen Kontakt zu diesen Leuten zu halten.“
Wir mussten uns etwas Neues einfallen lassen, etwas Einzigartiges, es reichte nicht aus, einfach nur Weizen zu mahlen.
Thomas Björklund
Das Timing war gut und fiel mit anderen Lebensmitteltrends zusammen, die den Björklunds zugutekamen. Bald waren sie aus ihrem ersten Betrieb, Warbro Kvarn, einer Mühle aus dem 18. Jahrhundert, die ihrem Unternehmen seinen Namen, seine Geschichte und seine lokale Verankerung gab, herausgewachsen. Dass die Größe auch für kleine Produzenten wichtig ist, wurde Thomas schnell bewusst.
„Uns wurde klar, dass wir entweder wachsen oder ganz aufgeben mussten. Selbst ein kleiner Nischenanbieter muss effektiv und mit einer gewissen Produktionsgröße arbeiten, denn die Mühlenindustrie ist ein recht kapitalintensives Geschäft.“ Also wuchsen sie schnell, indem sie andere Erzeuger unter das Dach von Warbro Kvarn integrierten. Auf ihrem Höhepunkt im Jahr 2022 verarbeitete die Mühle fast 1.000 Tonnen Getreide. Dann ereignete sich eine Katastrophe.
Die Entdeckung verborgener Schätze
Ein Feuer vernichtete alles bis auf die nahe gelegene Mälzerei, die 2018 zur Diversifizierung eingerichtet worden war. Sie ist heute immer noch ein Sicherheitsnetz für das Unternehmen. Die Aufgabe besteht vor allem darin, den Markt zu sondieren, Mengen abzusichern und so sicherzustellen, dass Warbro Kvarn weiterhin relevant ist.
„Uns war bewusst, dass wir nicht für ein Jahr oder länger vom Markt verschwinden konnten, und nach zwei Monaten lief unsere Produktion wieder“, sagt Thomas. „Das Gute an dem Brand – wenn man das so sagen kann – ist, dass wir jetzt eine effizientere Produktionsanlage aufbauen können. Wir haben jetzt mehrere Konkurrenten, also müssen wir uns weiterentwickeln und erneuern, und wir haben einige Ideen. Er hofft, dass wir im Jahr 2024 wieder in vollem Umfang produzieren können.“
Rückblickend stellt Thomas fest, dass sie viele Fehler gemacht haben, die jedoch korrigiert werden konnten. Die Arbeit war viel anstrengender als erwartet, und der Bedarf an externen Experten und Mentoren, in seinem Fall aus Deutschland, war entscheidend, sagt er. Und seine Mutter Gisela gab die dringend benötigte unternehmerische Inspiration.
Der Übergang von der Landwirtschaft zur Lebensmittelproduktion erforderte einen wesentlich höheren administrativen Aufwand, beispielswese, um Zertifizierungen zu verwalten und um sicherzustellen, dass die Hygiene- und Gesundheitsvorschriften sowie die strengeren Arbeitgebergesetze eingehalten werden. „Das hat sich im Laufe der Jahre verschlimmert, aber wir müssen uns darum kümmern, und heute haben wir für diese Aufgaben einen Vollzeitmitarbeiter.“
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Thomas Berglund und die Hofkäserei Almnäs Bruk
Thomas Berglund und seine Familie hatten eine andere Ausgangsbasis, als sie in Almnäs Bruk am Westufer des Vätternsees eine Hofkäserei errichteten, um Käse unter ihrer eigenen Marke zu verkaufen. Sie hatten jahrzehntelang versucht, durch die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft einen angemessenen Milchpreis zu erzielen, und erkannten, dass sie sich etwas anderes einfallen lassen mussten.
„Es war eine einfache Entscheidung, die teilweise auch sehr emotional war“, erinnert sich Thomas. „Ich war einfach die ganze Zeit wütend, weil die Genossenschaften sich weigerten, die Eigentumsverhältnisse zu individualisieren und die Zahlungen an die Mitglieder zu differenzieren. „Wir wollten aus der ‚Bauernfalle‘, wie ich sie nenne, herauskommen: Massenproduktion mit wenigen Einflussmöglichkeiten. Das ist auch der Grund, warum wir uns vom Lebensmitteleinzelhandelsmarkt ferngehalten haben. Wir verkaufen an ausgewählte Käseläden, Restaurants und an einige ausländische Großhändler.“ Heute verdient er mit seiner 240-köpfigen Herde, die hauptsächlich aus Braunviehkühen besteht, mehr Geld als früher, als er die Milch einer 390-köpfigen Herde an die Genossenschaft lieferte.
Die Entscheidung, Käse herzustellen, war einfach: Der Betrieb hatte in den 1960er Jahren schon einmal Käse produziert, und Thomas fand das alte Rezept und sprach mit dem damaligen Käser. Daraus ergab sich auch eine gute Geschichte, die heute für die Vermarktung neuer, kleiner Marken so wichtig ist.
„Wir können den Käse Wrångebäck als Schwedens ältesten Käse vermarkten. Außerdem ist er als EU-Regionalprodukt zertifiziert.“ Der andere große Käse ist Almnäs Tegel, ein neuer Käse, der ebenfalls auf die Geschichte von Almnäs Bruk zurückgreift.
Wie Thomas Björklund erkannte auch Thomas Berglund sehr schnell, dass er sich von anderen abheben und etwas vermarkten musste, das als exklusiv galt, wenn er seine eigene Produktion starten wollte. „Es hatte keinen Sinn, etwas zu machen, was alle anderen auch machen – und etwas nur über seine Regionalität zu vermarkten, reicht nicht aus“, stellt er fest. Almnäs hat sich irgendwo in der Mitte der Preisspanne positioniert, die laut seinen Angaben in Schweden von 4,5 €/kg bis hin zu 65 €/kg reicht. Obwohl die Ziele von Beginn an hochgesteckt waren, war das Projekt bisher deutlich erfolgreicher als erwartet.
Ein Teil dieses Erfolges lässt sich durch die ehrliche Selbsteinschätzung der Familie erklären. Sie war mit der Käseherstellung nicht vertraut und setzte daher von Anfang an auf Schulung und die Hilfe von Fachleuten. Noch heute, 15 Jahre später, kommt Thomas‘ Schweizer Mentor und Berater und überprüft die Käserei auf Mängel. „Wir haben Glück gehabt, und wir haben uns weitergebildet sowie Leute mit Fachwissen eingestellt“, erklärt Thomas.
Es war eine einfache und teilweise sehr emotionale Entscheidung, mit der Käseproduktion zu beginnen.
Thomas Berglund
Der Kontakt zu bekannten Persönlichkeiten in der Branche und die Präsenz an den richtigen Stellen sind ein wichtiger Teil des Marketings. Almnäns Bruk verkauft inzwischen 30 % seines Käses auf 10 Märkten außerhalb Schwedens. „Wenn wir bei angesehenen Branchenvertretern gesehen werden, werden wir auch als gut angesehen“, betont er. Ähnlich wie bei der Marke Warbro Kvarn spielten die sozialen Medien bei ihren Marketingbemühungen keine entscheidende Rolle, obwohl beide eine Unternehmenswebsite haben.
Bei einer momentanen Jahresproduktion von etwa 60 Tonnen hat Thomas jetzt das Ziel auf 80-85 Tonnen zu wachsen ins Auge gefasst. „Wir haben eine effiziente Molkerei gebaut und können die Kapazität erhöhen. Außerdem können wir diese Mengen mit unserer bestehenden Herde produzieren.“
Wenn es um die Einhaltung der Regeln und Vorschriften in der Lebensmittelproduktion geht, hat Thomas eine einfache und klare Strategie: „Unsere Idee war von Anfang an, ein gesundes und sicheres Produktionssystem zu haben, das so gut ist, dass man uns nicht auf die Schliche kommen kann. Das ist zwar teuer und zeitaufwändig, aber es gibt keinen Grund zur Klage.“
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Alexander und Emeli Westerlund vom Björnäs Hof
Für das junge Rinderzüchterehepaar Alexander und Emeli Westerlund auf dem Hof Björnäs, 130 km nordöstlich von Stockholm, sind soziale Medien und Internet-Chatforen für den Verkauf und die Vermarktung ihrer Produkte absolut entscheidend. Für Emeli ist das Chatten mit Verbrauchern und anderen Interessenten in den sozialen Medien ein fester Bestandteil ihrer Arbeit.
„Wenn ich in den sozialen Medien nicht antworte, kommentiere oder aktualisiere, werde ich mit Nachrichten jeglicher Art bombardiert. Wir sehen, dass sich das sofort auf den Umsatz auswirkt“, sagt Emeli. Sie arbeitet jetzt Vollzeit auf dem Betrieb und ist für den Hofladen zuständig, der derzeit jedes zweite Wochenende geöffnet ist.
„Ich möchte unsere Kunden persönlich treffen und ihnen unsere Geschichte erzählen, über unser Fleisch sprechen, ihnen Kochtipps geben und ihnen erzählen, wie wir unsere Rinder halten. Das ist Teil unseres Images und unserer Marke“, erklärt sie. „Wir wollten nicht einfach nur einen Schuppen, in dem die Leute anonym kommen, Fleisch aus einer Kühltruhe nehmen, bezahlen und wieder gehen.“
Björnäs befindet sich seit dem 16. Jahrhundert im Besitz der Familie. Für Alexander, der den Betrieb in der 13. Generation führt, war Ausstieg während der Suche nach einer neuen Strategie nie eine Option. Seine Geschichte ist nun Teil der Marketing-Botschaft, ebenso seine Bio-Rinder, die im Rahmen eines Projekts in Zusammenarbeit mit dem Welternährungsforum von Mai bis November auf natürlichen Weiden grasen. Das bedeutet viel Arbeit in dieser zersplitterten ländlichen Region.
„Wir müssen bis zu 30 Fahrten an einem Tag machen, um unser Vieh vom Hof zu unseren 14 Weiden zu bringen“, sagt Emeli. Insgesamt bewirtschaften sie etwa 300 ha. „Wir wollen eine nachhaltige Produktion, deshalb nutzen wir das gesamte Vieh, einschließlich der Jungtiere“. Normalerweise halten sie die Tiere mindestens 24 Monate lang. Durch die Integration ihres Betriebs in die natürlichen Zyklen der Kühe und der Natur macht die Arbeit mehr Spaß und ist abwechslungsreicher geworden, worauf sie sehr stolz sind.
Obwohl sich das Geschäft besser entwickelt hat, als sie erwartet hatten, möchte das Paar die Investitionen geringhalten und das Risiko begrenzen. Außerdem versuchen sie, den größten Teil der Arbeit selbst zu erledigen und nur größere Arbeitspakete fremd zu vergeben. „Deshalb haben wir beschlossen, nur vakuumverpacktes Fleisch zu verkaufen“, sagt Alexander. „Andernfalls wären wir gezwungen gewesen, große Investitionen in die Hygiene im Laden zu tätigen.“
Heute schlachten und verarbeiten sie ihr Fleisch in einem nahen gelegenen Schlachthof und transportieren es in einem Kühlfahrzeug zurück in ihr Geschäft. Auf diese Weise brauchen sie nicht so vielen Gesetzen, Regeln und Vorschriften im Zusammenhang mit der Lebensmittelproduktion und dem Verkauf zu befolgen.
Wenn ich in den sozialen Medien nicht antworte, kommentiere oder aktualisiere, werde ich mit Nachrichten bombardiert.
Emeli Westerlund
Emeli denkt jedoch darüber nach, ihre private Küche zertifizieren zu lassen, um andere einfache Lebensmittel zuzubereiten. Wie bei den beiden anderen Betriebsbeispielen sagen auch Alexander und Emeli, dass sie am Anfang nichts über das Geschäft wussten, in das sie sich hineingewagt haben. Daher waren Fortbildungskurse, Lektüre von Büchern und Fachzeitschriften sowie die Hilfe von Menschen mit Fachwissen von entscheidender Bedeutung.
„Und man muss seine Kunden verstehen“, sagt Emeli. „Ich dachte, jeder, der Fleisch isst, ist mein Kunde, aber so ist es nicht. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, unsere Zielgruppe zu kennen.“ Heute verkaufen sie über ihren Hofladen und an einige sorgfältig ausgewählte Restaurants, aber ein Angebot, einen großen Supermarkt zu beliefern, haben sie abgelehnt. „Das wäre so, als würde man mit sich selbst konkurrieren“, meint Alexander. „Und wenn wir unser Fleisch in unserem Laden zu einem niedrigeren Preis verkaufen, haben wir ohnehin ein besseres Angebot.“
Mehr über den Björnäs Hof
Tipps für die Gründung Ihrer eigenen Marke
- Führen Sie Marktforschungen durch, um die Machbarkeit Ihrer Geschäftsidee zu prüfen; was macht Sie einzigartig?
- Beginnen Sie schrittweise, setzen Sie nicht alles auf eine Karte.
- Seien Sie bereit, sich anzustrengen.
- Bilden Sie sich weiter, holen Sie sich Informationen und Wissen von Experten und Branchenkennern.
- Bauen Sie eine Mentoren-/Mentee-Beziehung zu einer Person Ihres Vertrauens auf.
- Richten Sie Maßnahmen zur Qualitätskontrolle ein und befolgen Sie Vorschriften und Gesetze.
- Bauen Sie eine Geschichte um Ihr Produkt herum auf.
- Vermeiden Sie Niedrigpreis- und Massensegmente auf dem Markt.
- Seien Sie bereit, zu entwickeln und zu innovieren.
- Sichern Sie sich qualifizierte Mitarbeiter und delegieren Sie gut.