Von den leuchtend gelben Narzissenfeldern der zerklüfteten Halbinsel Rame bietet sich einer der schönsten Blicke auf das Meer in ganz Cornwall. Hier wächst Gemüse im Überfluss. Und was nach einem Paradies für Landwirte klingt, kennt Jeremy Oatey wie seine Westentasche. Er hat einen 1.456 ha Betrieb aufgebaut, zu dem auch das Antony Estate gehört. Allerdings ist dies nicht die Art von Zukunft, die er sich ausgemalt hatte. Wie also ist es dazu gekommen?
Nach seinem Abschluss am Seale Hayne Agricultural College, arbeitete Oatey in einem Unternehmen für landwirtschaftliche Betriebsführung, wo er Land für die Rentenkassen in Hampshire, Wiltshire, East Anglia und Yorkshire verwaltete. „Ich war Ende zwanzig, als mich ein Holländer, der in Lincolnshire ansässig war und einen Betrieb mit Narzissenproduktion in Cornwall gekauft hatte, abwarb. Also zog ich wieder in die Heimat, um den Betrieb zu leiten“, erzählt er. „Wir gründeten ein gemeinsames Projekt auf dem Antony Estate, wo wir Narzissen anbauten.“
Dank der Cornish Pasties hatten wir einen großen Absatzmarkt für unser Gemüse direkt vor der Haustür.
Jeremy Oatey
Im Jahr 2004 bot sich ihm die Möglichkeit, den 121 ha großen Kartoffel- und Narzissenanbau des Gutsbetriebs auf Vertragsanbaubasis zu übernehmen. „Ich habe die Flächen mit einem anderen Verwalter ausgetauscht, aber nach einer Weile wollte die Gutsverwaltung nur noch einen Verwalter für beide Betriebe haben, und sie entschieden sich für mich. Über Nacht fielen mir damit die gesamten 404 ha Ackerland zu. Ohne zu wissen, was auf mich zukam, sagte ich ja und musste anschließend herausfinden, wie ich damit zurechtkomme.“
Ab diesem Punkt bekam er mehr Angebote für den Vertragsanbau. „Ich hatte bereits Erfahrung mit Vertragsanbaulandwirtschaft in East Anglia, aber in Cornwall war das zu diesem Zeitpunkt ein relativ neues Konzept.“ Dies ermöglichte ihm, den Gemüseanbau des Betriebes auszuweiten. „Dank der Cornish Pasties hatten wir einen großen Absatzmarkt für unser Gemüse direkt vor der Haustür.“
Cornish Pasties
Eine Pasty ist ein britisches Gebäck, bei dem eine ungekochte Füllung in die Mitte eines flachen Mürbeteigkreises gelegt wird. Die traditionelle Cornish Pasty ist mit Rindfleisch, geschnittenen oder gewürfelten Kartoffeln, Kohlrüben (auch gelbe Rüben oder Steckrüben genannt) und Zwiebeln gefüllt, und sie wird mit Salz und Pfeffer gewürzt. Die Ränder des Mürbeteigs werden zusammengedrückt, um die Pasty zu verschließen, anschließend wird sie gebacken.
Gemüse für die Pasty-Industrie
Oatey versorgt jetzt die Pasty-Industrie in Cornwall. „Wir waren bereits für die Belieferung mit Weizen für das Mehl der Cornish Pasties zuständig als sich die Geschäftsleitung gerade nach einem neuen Anbieter für Kartoffeln umsah. Ich betrachtete dies als zusätzliche Einnahmequelle, und wir begannen, sie mit gewaschenen Kartoffeln zu versorgen. Das Geschäftsmodell entwickelte sich gut.
Sie hatten Probleme mit dem Bezug von Zwiebeln, da diese nach dem Schälen sehr schnell verderben. Also begannen wir sie in kleinen Mengen mit geschälten Zwiebeln zu versorgten, um so die Lieferkette zu verkürzen.“ Von da aus erweiterte sich das Geschäft auf andere Backbetriebe in der Region.
„Wir haben uns diversifiziert und uns damit einen größeren Lebensmittelabsatzmarkt erschlossen – geschältes und zubereitetes Gemüse“, erklärt er. „Unsere Pasty-Kunden sind gewachsen und haben sich auf die Versorgung von Supermärkten mit verschiedenen Arten von Produkten spezialisiert, sie benötigen also auch Lauch, Karotten, Butternusskürbisse und Süßkartoffeln.“
Auf das Wachstum der Kunden folgte die Errichtung von Räumlichkeiten und Anlagen zur Zubereitung und Verpackung auf dem Hof, in denen das Gemüse nach den unterschiedlichen Anforderungen von gewaschen bis fein gewürfelt vorbereitet wird.
„Es hat sich mit der Zeit so entwickelt. Wir mussten also nicht auf einen Schlag riesige Investitionen tätigen, und im Lauf der Jahre haben wir daran gearbeitet, unsere Effizienz zu steigern.“ Inzwischen verarbeiten sie in der Woche zwischen 140 und 150 Tonnen Gemüse. „Was als Diversifizierung des Landwirtschaftlichen Betriebes begonnen hatte, wurde im Zuge des geschäftlichen Wachstums in einen Lebensmittelbetrieb abgespalten, der parallel zur Landwirtschaft läuft.“
Das war jedoch nicht so, wie er sich seine Zukunft vorgestellt hatte. „Hätten Sie mich mit 18 gefragt, hätte ich wahrscheinlich gesagt, ich würde ein Viehzüchter. Aber wenn sich so eine Gelegenheit bietet, muss man zugreifen.“
Für seine gesamten Flächen hat er ein Stichprobennetz erstellt, um sich so gegen steigende Düngerpreisen zu wappnen. „Jede Düngerausbringung erfolgt teilflächenspezifisch nach dem jeweiligen Bedarf. Außerdem stieg Oatey auf Flüssigstickstoff um, da dieser eine effizientere und präzisere Handhabung ermöglicht. „In Zeiten starker Inflation muss man sich auf das Wesentliche konzentrieren. Letztes Jahr haben wir unsere Stickstoffgabe bei Weizen von 220 kg/ha auf 180 kg/ha reduziert, und damit überdurchschnittlich hohe Erträge erzielt.“
Mit der Hilfe einer Flotte von zehn Traktoren
Seine Traktorflotte für die Feldarbeit ist beeindruckend. „Wir haben zehn John Deere Traktoren. Der größte davon ist ein 7330R, mit dem wir vor allem pflügen und Bodenbearbeitung durchführen. Darüber hinaus einen 6250R, mit dem wir viel säen. Außerdem haben wir gerade zwei 6185-Traktoren bekommen, die viel zum Spritzen und Entsteinen eingesetzt werden, sowie einige 155Rs und einige 145Rs. Nicht zu vergessen zwei John Deere Mähdrescher“, so Oatey. „Wir hatten vorher eine gemischte Flotte, befanden dann aber die John Deere Maschinen für am zuverlässigsten. Außerdem verfügt John Deere unseres Erachtens über das besten Händlernetzwerk – mit guten Mitarbeitern und wirklich solider Kundendienstunterstützung.“
Narzissen für die Supermärkte
Narzissen, eine der ursprünglichen Fruchtarten, mit denen alles angefangen hatte, gedeiht weiterhin bestens auf 80 ha. „Die Blumen werden hauptsächlich an englische und europäische Supermärkte verkauft, und die Knollen gehen vornehmlich in die USA und in europäische Gartenzentren“, erzählt Oatey.
„Sie werden in Fruchtfolge mit unserem Getreide angebaut. Wir versuchen nur alle sieben bis acht Jahre Narzissen anzupflanzen, da es sich um eine ziemlich intensive Fruchtart handelt. Die Blütenernte erfolgt von Januar bis April, von Juni bis August werden die Knollen ausgehoben, im September wird dann neu gepflanzt.“
DER BETRIEB IN ZAHLEN
1.456 ha
insgesamt
192 ha
Kartoffeln,
Zwiebeln,
Narzissen
809 ha
Weizen, Gerste, Raps,
Hafer + Bohnen
Rinder und Schafe, die viel draußen sind
Mit einem Betrieb für Rinder und Schafe hat Oatey weiterhin ein Standbein in der Viehhaltung. Kürzlich ist er vom Ablammen in geschlossenen Räumen im Februar zum Ablammen im Freien im April übergegangen, um Geld für Futter und Stroh einzusparen. „Wir hatten nicht genügend Platz im Stall, und dieser war außerdem zu weit entfernt vom Aufenthaltsort der meisten anderen Schafe über das Jahr hinweg. Wir waren abhängig davon, Fachkräfte fürs Ablammen zu finden – entweder es funktionierte oder auch nicht“, erklärt er. „Vorher haben wir einige Jahre lang Versuche unternommen, das Ablammen unter freiem Himmel durchzuführen. Wir stellten fest, dass es nicht gut ist zu früh wieder in geschlossene Räume zurückzukehren.“
Außerdem kauft er jedes Jahr 120 drei Monate alte Rinder einer Angus-Kreuzung und hält sie bis zur Ausmast. „Idealerweise bleiben sie nach ihrer Ankunft einen Winter drinnen, gehen dann auf die Weide zum Grasfressen, und kehren am Ende zurück in den Stall, wo sie mit Rau- und Kraftfutter ausgemästet werden.“ Sowohl die Lämmer als auch die Jungrinder werden geschlachtet und an führende Supermärkte verkauft.
Vielseitige Aufgaben betriebsintern
Wie schafft Oatey es, so einen großen und vielseitigen Betrieb zu verwalten? Eine Maßnahme bestand darin, die gesamten agronomischen Aufgaben betriebsintern abzuwickeln. „Ich wollte mich nicht auf einzelne Berater angewiesen sein, also habe ich mich auf meine agronomischen Kompetenzen besonnen, und meine Angestellte Rosie übernimmt den Hauptanteil der agronomischen Aufgaben. Wir beziehen all unsere Pflanzenschutz- und Düngemittel über einen Einkaufsverband, um optimale Konditionen zu erhalten.“
Jegliche Feldarbeit, ausgenommen Strohballenpressen und Kalkstreuen, erfolgt ebenfalls betriebsintern. „Wir haben 15 Mitarbeiter auf dem Betrieb und überlegen, im Sommer noch ein oder zwei Leute an Bord zu holen – geeignete Fachkräfte sind rar. Wir stellen auch Studenten für einjährige Praktika ein, die aber nach ihrem Abschluss üblicherweise in den eigenen Familienbetrieb zurückkehren.“ Einige von Oateys Kindern sind auch mit dabei. „Meine Tochter Elizabeth kümmert sich um das Gemüsegeschäft, und mein jüngster Sohn William ist gerade aus Neuseeland zurückgekehrt und erledigt Traktorarbeiten auf dem Hof.“
Gute Arbeitskräfte zu finden, ist eine Herausforderung
Welche Herausforderungen hat Oatey bis dato überwinden müssen? „Die größten Probleme bestehen in der Finanzierung und bei den Arbeitskräften – damit wir in der Lage sind, als Geschäft zu wachsen. Ich fing bei Null an und musste an Finanzmittel gelangen, um den Betrieb weiterzuentwickeln – das war nur über meine Erzeugnisse möglich. Ich konnte keine großen Kredite aufnehmen, da mir der Betrieb nicht gehört“, erzählt er.
„Was die Arbeitskräfte angeht – wenn Sie fähige Leute haben, müssen Sie sich um diese kümmern. Wir können ihnen gute Karrieremöglichkeiten bieten, wenn sie daran interessiert sind – die Optionen liegen auf dem Tisch.“
Erfolg durch beherztes Zugreifen
Dank Oateys positiver Einstellung hat der Betrieb im Laufe der Jahre immer größere Erfolge erzielen können. „Manchmal haben sich Gelegenheiten früher ergeben als wir sie uns gewünscht hätten, aber wer in so einem Fall nicht zugreift, wird wahrscheinlich kein zweites Mal gefragt“, mutmaßt er. Seine Pläne für die Zukunft sind, die Effizienz über alle Geschäftsbereiche hinweg zu optimieren. „Wir können es uns nicht leisten, Zeit zu verschwenden, daher konzentrieren wir uns auf Details und Kosten, und schulen unsere Mitarbeiter dahingehend.
DER BETRIEB IN ZAHLEN
- 60–80 ha Naturschutzflächen, von Grünstreifen bis hin zu Wildvogelschutzhecken
- 283 ha Gras
- 1.200 Zuchtschafe einer Mule-Suffolk-Kreuzung sowie 200 Zuchtlämmer, die anschließend zu einem Charolais oder Innovis gehen
- Anschaffung von jährlich 120 drei Monate alten Rindern einer Angus-Kreuzung zum Ausmästen