pa images

Land­wirt­schaft für den Prince of Wales

Ein Vorstel­lungs­ge­spräch beim Prince of Wales ist schon ein Grund, nervös zu werden – so erging es auch David Wilson. Und deshalb tat er das, was wohl jeder tun würde, der in dieser Situa­tion gefragt wird, ob er bereit wäre, sich an biolo­gisch-nach­hal­tiger Land­wirt­schaft zu versu­chen: Erst einmal zusagen und später heraus­finden, was das eigent­lich ist.

Knapp 24 Jahre später lässt sich sagen, dass er das Konzept begriffen hat und es erfolg­reich umsetzt. Der Landgut High­grove ist bekannt für seine umwelt­freund­li­chen Prak­tiken, aller­dings handelt es sich auch um einen Gewer­be­be­trieb unter der Leitung von David Wilson und dem wach­samen Auge des Prince of Wales.

Wie Wilson erläu­tert, hat sich Prince Charles schon immer sehr für Land­wirt­schaft inter­es­siert. „Er erwarb High­grove im Jahr 1981, ließ sich hier mit seiner Familie nieder und machte es zu seinem Zuhause. Er hatte schon immer eine Passion für die Land­wirt­schaft, inter­es­sierte sich für Fragen der länd­li­chen Entwick­lung und wollte selbst land­wirt­schaft­lich tätig sein.“

Er hatte schon immer eine Passion für die Land­wirt­schaft, inter­es­sierte sich für Fragen der länd­li­chen Entwick­lung und wollte selbst land­wirt­schaft­lich tätig sein.

David Wilson

Broad­field, wo Wilson mitt­ler­weile wohnt, wurde 1985 erworben und einge­richtet. „In den ersten Jahren riefen die Bemü­hungen des Prince of Wales um ein neues Bewirt­schaf­tungs­system noch viele nega­tive Reak­tionen hervor. Er ließ sich davon aber nicht beirren und sagte: ‚Wenn es sich das Herzogtum Corn­wall nicht leisten kann, es zu versu­chen, wer dann?‘ Er war fest entschlossen, es zu tun. Für mich als jemanden, der aus der konven­tio­nellen Land­wirt­schaft kommt, war das so eine Art Aha-Erlebnis.“

 

David Wilson leitet den Betrieb von Prince Charles: Das Landgut High­grove. (Foto | Royal Press Office)

Mit dem biolo­gisch nach­hal­tigen Bewirt­schaf­tungs­system wurde auf einer kleinen Parzelle lang­fristig bewirt­schaf­teten Acker­landes begonnen, auf der Wilson etwas Wiesen­klee und Gras anpflanzte. „Es wuchs viel besser als wir erwartet hatten. Im Laufe der Jahre und mit wach­sendem Selbst­ver­trauen nahmen wir einige dieser Gräser heraus und pflanzten einige Kulturen – wir lernten sozu­sagen durch die Praxis. Sicher­lich verfügen wir mitt­ler­weile über ein System, mit dem wir Lebens- und Futter­mittel produ­zieren können – viel­leicht nicht so viel, wie wir könnten, das System ist also keines­wegs perfekt, bietet aber ein mögli­ches Modell für Nach­hal­tig­keit.“ Und Nach­hal­tig­keit, so Wilson, muss das Ziel sein.

Vor 30 Jahren war Nach­hal­tig­keit in der Branche noch über­haupt kein Thema. Mitt­ler­weile wird uns klar, dass es ein Ziel ist, das wir alle anstreben müssen.

David Wilson

Der Betrieb ist Eigentum des Herzog­tums Corn­wall und wird vom Prince of Wales bewirt­schaftet, der, wie jeder andere Pächter, eine Pacht an seinen Grund­herrn zu leisten hat – der in diesem Fall aller­dings er selbst ist, wie Wilson bemerkt. „Das ist eine etwas eigen­tüm­liche Situa­tion, aber die beiden Betriebe exis­tieren voll­ständig getrennt vonein­ander – wir wirt­schaften also unter realis­ti­schen Bedin­gungen.“

Frucht­folgen

Der Betrieb bewirt­schaftet seine Fläche mit zwei unter­schied­li­chen Frucht­folgen, einer fünf­jäh­rigen und einer sieben­jäh­rigen. „Bei der längeren haben wir drei Jahre Klee­gras, dann Winter­weizen, Sommer­hafer, entweder Brau­gerste oder Früh­lings­bohnen und dann am Ende Roggen.“

Der Betrieb verfügt über 120 ha Dauer­grün­land, ein Teil davon sind Vieh­weiden für die Sommer­nut­zung. (Foto | Ruth Wills)

Wilson hat fest­ge­stellt, dass der Weizen­konsum in Groß­bri­tan­nien zurück­ge­gangen, die Nach­frage nach grob­kör­nigem Getreide wie Roggen und Hafer aufgrund der aner­kannten Vorteile für die Gesund­heit dagegen gestiegen ist, und daher die Bepflan­zung entspre­chend ange­passt. „Wir bauen jetzt Dinkel an, gene­tisch gesehen eine sehr alte Weizen­sorte. Für alle Feld­früchte hier gibt es einen Markt. Das haben wir sicher­ge­stellt, bevor wir sie über­haupt pflanzen.“

Es gibt auch einen kleinen Gemü­se­anbau, der mit 1000 Apfel­bäumen ebenso vieler unter­schied­li­cher Sorten inte­griert ist. Dieses agro­forst­wirt­schaft­liche Projekt stellt gleich­zeitig einen wich­tigen Genpool dar.

Zusätz­lich verfügt der Betrieb über 120 ha Dauer­grün­land, ein Groß­teil davon Park­land­schaft rund um den Land­sitz High­grove House, mit ein paar versprengten Vieh­weiden für die Sommer­nut­zung – wichtig für die Kohlen­stoff­bin­dung, so Wilson. „Wir betrachten Dauer­grün­land als eine wert­volle Ressource, und die Arten­viel­falt ist sehr wichtig für die Tier­ge­sund­heit.“

Bei unseren Frucht­folgen bemühen wir uns darum, viel­fäl­ti­gere Mischungen zu pflanzen, um uns den extre­meren Bedin­gungen zu stellen.

David Wilson

Wilson plant die Gras­mi­schungen, so dass jeder Teil einem bestimmten Zweck dient. „Bei unseren Frucht­folgen bemühen wir uns darum, viel­fäl­ti­gere Mischungen zu pflanzen. Nicht nur für die Vieh­füt­te­rung, sondern auch, um uns den extre­meren Bedin­gungen zu stellen, die Land­wirte jetzt immer stärker zu spüren bekommen. Mitt­ler­weile kommt es vor, dass wir zu heiße Sommer für eine gute Gras- und Getrei­de­ernte haben, und wenn es zu feucht wird, ist das ganz genauso ein Problem.“

Nutz­tier­hal­tung

Neben dem Ackerbau produ­ziert der Betrieb auch Milch sowie Rind- und Lamm­fleisch. „Wir verkaufen unsere Milch über die Genos­sen­schaft der Biomilch­pro­du­zenten (Organic Milk Suppliers’ Co-opera­tive, OMSCo). Wir waren eines der fünf Grün­dungs­mit­glieder. Der Groß­teil geht als Frisch­milch unter dem Marken­namen ‚Duchy‘ an die Super­markt­kette Waitrose“, so Wilson. „Unser Rind- und Lamm­fleisch verkaufen wir über die Vermark­tungs­ge­nos­sen­schaft für Biofleisch, zuneh­mend aber auch über Fach­ge­schäfte, um uns in Rich­tung Direkt­ver­trieb weiter­zu­ent­wi­ckeln. Einen Teil unseres Getreides verkaufen wir an Shipton Mill und den Hafer an Morning Foods.“

Neben dem Ackerbau produ­ziert der Betrieb auch Milch sowie Rind- und Lamm­fleisch. (Foto | Ruth Wills)

Derzeit hält der Betrieb keine Schweine, betei­ligt sich aber regel­mäßig an der Erhal­tung alter, akut gefähr­deter Schwei­ne­rassen. „Der Prince of Wales ist Schirm­herr des Rare Breeds Survival Trust (RBST), dessen Anliegen wir enga­giert unter­stützen.“

Gene­ti­sche Viel­falt ist für das Streben nach Nach­hal­tig­keit sehr wichtig, und diese Viel­falt spie­gelt sich im Betrieb wider. „In den vergan­genen 100 Jahren sind 90 % des Spei­se­pflan­zen­gen­pools verloren gegangen, immer noch verlieren wir Pflanzen-DNA, und die Vieh­zucht wird immer stärker gesteuert.“

Der Betrieb hält 100 Mast­rinder der Rassen Aber­deen Angus, Gloucester und British White. „Wir sind über­zeugt davon, dass wir auf unserem Weide­land und mit Grün­futter Rind­fleisch hervor­ra­gender Qualität produ­zieren – bei voll­stän­digem Verzicht auf Getrei­de­füt­te­rung.“

Milch­wirt­schaft

Die Milch­vieh­herde besteht aus 200 Ayrshire- und ein paar Short­horn-Rindern. „Als wir hier anfingen, meinte der Prince of Wales, dass er nicht noch eine schwarz-weiße Herde haben wolle. So kamen wir auf die Ayrshires, und ich denke, sie waren genau die rich­tige Wahl für unser Low-Input-System“, meint Wilson. „Zur Herde gehören noch acht Short­horn-Milch­kühe aus dem ursprüng­li­chen Bestand – sie stammen aus der Herde eines netten älteren Land­wirts aus Corn­wall, der einfach zu krank wurde, um sie weiterhin zu versorgen. Der RBST suchte einen Betrieb, der sie über­nehmen kann, und wandte sich an den Chef (Prince Charles).“

British-White-Rinder begnügen sich mit Grün­futter. (Foto | Royal Press Office)

Die Milch­vieh­herde besteht aus Short­horn- und Ayrshire-Rindern. (Foto | Royal Press Office)

„Wir kauften sie, so dass der nette alte Knabe noch etwas Geld für die letzten ein bis zwei Jahre seines Lebens­abends hatte – diese Tiere waren sein Lebens­werk. Wir besamen sie mit dem Sperma eines rein­ras­sigen Short­horn-Bullen für Milch­kühe, der uns vom RBST empfohlen wurde“, fügt er hinzu. „Ich finde sie inter­es­sant, weil man mit ihnen eine äußerst kosten­güns­tige Milch­pro­duk­tion mit Grün­futter reali­sieren kann.“

Lamm- und Rind­fleisch werden ohne Kraft­fut­ter­zu­gabe produ­ziert, und Wilson würde dies gern auch bei der Milch­vieh­herde so hand­haben. „Im vergan­genen Jahr haben wir aufgrund der extremen Trocken­heit nur rund 5500 Liter produ­ziert. Norma­ler­weise liegen wir näher an 6000 Litern pro Jahr. Vor kurzem haben wir übri­gens einen Milch­ver­kaufs­au­to­maten für den Direkt­ver­trieb instal­liert.“

Derzeit setzt der Betrieb noch von Zeit zu Zeit Anti­bio­tika ein. Wilson möchte dies jedoch einschränken und alter­na­tive Verfahren nutzen. „Wir dürfen Anti­bio­tika einsetzen, aber unser Schwer­punkt liegt jetzt darauf, dies einzu­schränken. Wir verwenden kein medi­ka­men­töses Trocken­stellen, sondern Homöo­pa­thie und pflanz­liche Präpa­rate und versu­chen gerade, auf Masti­tis­re­sis­tenz zu züchten.“

Schafe

Der Betrieb unter­hält eine Herde mit 350 Mutter­schafen als Gemein­schafts­un­ter­nehmen mit einem jungen Land­wirt, und die Schafe leisten im Betrieb einen wirk­lich wich­tigen Beitrag für die Frucht­bar­keit und Gesund­erhal­tung des Bodens. „Die Hebridean-Schafe gehörten zu einer der ersten gefähr­deten Rassen, die wir gehalten haben – inzwi­schen sind sie zwar nicht mehr gefährdet, aber wir halten sie immer noch und können uns gut vorstellen, dass wir mit ihnen in der Zeit nach dem Brexit einen Markt­vor­teil haben. Ihr Fleisch unter­scheidet sich stark von dem eines normalen Schafs. Es ist sehr mager, und das Fleisch des Jung­schafs ist von außer­ge­wöhn­li­cher Qualität. Außerdem sind sie einfach zu halten“, so Wilson.

Hebridean-Schafe sind mitt­ler­weile keine gefähr­dete Art mehr. (Foto | Royal Press Office)

Und wie ist es nun so, für den Prince of Wales zu arbeiten? „Er ist ein guter Mensch in jeder Hinsicht. In der Öffent­lich­keit wird nie darüber gespro­chen, dass ein so großer Teil seiner Arbeit anderen Menschen zugute kommt. Die Entwick­lung und Stei­ge­rung des Wohl­stands im länd­li­chen Raum sind ihm ein Anliegen, und er beschäf­tigt sich mit einer Viel­zahl von Inno­va­tionen, die uns für die Zukunft voran­bringen können. Alle Mitglieder der könig­li­chen Familie verfügen über ein einge­hendes Verständnis und eine Leiden­schaft für den länd­li­chen Raum.“

Betriebs­daten

  • 770 ha Gesamt­fläche
  • 445 ha gepachtet vom Prince of Wales vom Herzogtum Corn­wall
  • 325 ha Vertrags­anbau