Ende November im französischen Départment Aisne, es ist bitter kalt. Frédéric Sabreja, Zuckerrübenerzeuger, begutachtet das Feld. „Letztes Jahr haben wir die Rüben unter katastrophal feuchten Bedingungen aus der Erde geholt“, erinnert er sich. „Die Anhänger hinterließen derart tiefe Radspuren, dass der Traktor beim Pflügen ein paar Tage später beinahe auf der Erde aufsetzte.“
Diese und ähnliche Bedingungen, die in den letzten Jahren immer wieder auftraten, haben einen nachhaltigen Eindruck bei den Mitgliedern des Maschinenrings von Chalandry hinterlassen, dessen Präsident Frédéric ist. Sein Kollege Nicolas Mallèvre sagt, dass sich dies bei der Bodenstruktur und auch den Erträgen bemerkbar gemacht hat. „Selbst wenn keine extreme Verdichtung des Bodens vorliegt wird, lassen sich Unterschiede feststellen zwischen dem Ertrag bei Weizen nach Raps, der bei 8-9 t/ha liegt und dem Ertrag nach Rüben mit nur 5 t/ha. Und die spätere Aussaat nach Rüben erklärt diese Differenz nicht alleine.“
Investitionen gegen Bodenverdichtung
Bodenverdichtung sorgt für immer mehr Besorgnis bei den Landwirten in Frankreichs Norden. Besonders gravierend sind die Probleme bei natürlicherweise empfindlichen Böden und bei Kulturen, die den Einsatz schwerer Maschinen erfordern, wie beispielsweise Zuckerrüben und Kartoffeln. Immer häufiger auftretende Wetterextreme verschlechtern die Situation noch zusätzlich. Allerdings beschränkt sich diese Problematik nicht auf die Region Hauts-de-France und sie macht auch an den französischen Landesgrenzen nicht halt: Europa ist von der Thematik Bodenverdichtung im weltweiten Vergleich am stärksten betroffen.
„Wir bearbeiten hier einen sandigen, lehmigen Boden“, erzählt Nicolas Mallèvre. „Wenn auf solchen Böden bei nassen Bedingungen Maschinen mit bis zu 70 t bewegt werden, macht mir das schon Angst. Dadurch kann der Boden bis zu einer Tiefe von einem Meter verdichtet werden.“ Auch andere Mitglieder des Maschinenrings teilen diese Sorgen. Insbesondere seit dem Ende der Quoten für die Zuckererzeuger. Die Produktionserhöhung der umliegenden Zuckerraffinerien um 20 % und die sich daraus ergebende Erhöhung des Erntevolumens machen es immer schwieriger, nur bei guten Bedingungen zu ernten. 2017 entschloss man sich daher beim Maschinenring, zu investieren.
„Wir haben bei den Zuckerrüben auf ein neues Erntesystem umgestellt. Statt auf den Einsatz von Vollerntern im Lohn setzen wir nun auf ein eigenes Gespann aus Traktor mit Blattschlegler als Frontanbau mit einem gezogenen Rübenernter“, sagt Frédéric Sabreja. „So entlasten wir den Boden und können unter den bestmöglichen Bedingungen ernten, da die Maschinen uns gehören.“ Die Kombination aus Blattschlegler, Traktor und Roder hat ein Leergewicht von 17 t. Der Reifendruck in den Ultraflex-Reifen beträgt 1,5 bar, um den Druck auf den Boden besser zu verteilen.
Die Mitglieder des Maschinenrings setzten bereits seit einiger Zeit auf Präzisionstechnik wie Spurführungssysteme und teilflächenspezifische Ausbringung mit RTK-Genauigkeit. Nun überlegen sie, zusätzlich auf Reifendruckregelanlagen umzusteigen. „Entscheidend für die Tiefe der Bodenverdichtung ist die Anzahl der Achsen, so dass wir versuchen, entsprechende Fahrzeugchassis einzusetzen.“ Außerdem werden bei der Aussaat zwei Rübenreihen geopfert, um mit breiteren Rädern fahren zu können.
„Wir können Bodenverdichtung nicht vermeiden, wir können aber versuchen, sie so oberflächennah wie möglich zu halten“, erklärt Nicolas Mallèvre. Verdichtung hängt von so vielen Variablen ab, dass sie sich oft nicht vermeiden lässt, es geht vielmehr um die Minimierung des Risikos: „Geht die Verdichtung tiefer als 30 cm, sind mechanische Maßnahmen nicht effektiv. Nur tiefer Frost, Dürre oder die Zeit können dann für eine Verbesserung der Bodenstruktur sorgen.“
Wir müssen kontinuierlich optimieren, um unsere Betriebe profitabel zu halten.
Frédéric Sabreja
Auch wenn die Investition in das neue Erntegespann sinnvoll war, muss die Kooperative natürlich wirtschaftlich langfristig erfolgreich sein. Keine einfache Aufgabe bei gestiegenen Betriebskosten und einer erhöhten Rübenproduktion bei gleichzeitig fallenden Zuckerpreisen. „Vor fünf Jahren haben wir 500 € an einer Tonne verdient“, sagt Frédéric Sabreja. „Heute sind es gerade einmal 350 € pro Tonne. Wir müssen daher kontinuierlich optimieren, um unsere Betriebe profitabel zu halten.“
Nach seiner Einschätzung sind sich die meisten Landwirte des Problems der Bodenverdichtung bewusst. Viele sehen die Vermeidung von Bodenverdichtung allerdings nicht als Maßnahme zur potenziellen Ertragssteigerung. Frédéric Sabreja geht davon aus, dass sich das Problem in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird. „Ich denke, die Auswirkungen sind zurzeit noch nicht deutlich genug spürbar.“
Lohnunternehmer für gute Böden
Knapp 350 km weiter nördlich im niederländischen Dörfchen Heino beschreibt Lohnunternehmer Louis Claessens die Situation mit fast denselben Worten. „Das Problem ist, dass die Verdichtung nicht sichtbar ist. Wir Lohnunternehmer hinterlassen die Fläche schön eben und es ist unmöglich, Verdichtungen, die sich eventuell in tieferen Bodenschichten gebildet haben, an der Oberfläche zu erkennen. Und dennoch ist der Boden manchmal so komprimiert, dass kein Wasser darin versickern kann.“
Claessens, ein leidenschaftlicher Agronom, begann seine Lohnunternehmer-Karriere 2009 mit dem Kauf des Betriebs „Volkerink Heino“. Der Start war nicht ohne Risiko, im Zeichen der 2008 ausgebrochenen Finanz- und Agrarkrise. „Der Wettbewerb ist hart“, räumt er ein. Daher ist seine Idee, sich durch bodenerhaltende Maßnahmen vom Wettbewerb zu differenzieren. „Meine Strategie ist es, das Potenzial des Produktionssystems meiner Kunden optimal auszuschöpfen. Wenn sie Geld verdienen, verdienen auch wir.“
Kürzlich organisierte er eine Vorführung auf dem Feld, um seine Kunden vom Ausmaß der Bodenverdichtung zu überzeugen. Insgesamt führte er vierzehn Versuche mit unterschiedlichen Maschinentypen, Fahrwerken und Reifen durch. „Hier in der Gegend kümmern sich die Milchproduzenten nicht wirklich viel um Bodenqualität und ich wollte die Auswirkungen der Radlast auf den Boden zeigen.“ Die Teilnehmer konnten mit eigenen Augen sehen, dass die Auswirkungen auf die Bodenstruktur umso geringer sind, je höher die Anzahl der Achsen und Räder ist, über die das Maschinengewicht verteilt wird.
Meine Strategie ist es, das Potenzial des Produktionssystems meiner Kunden optimal auszuschöpfen. Wenn sie Geld verdienen, verdienen auch wir.
Louis Claessens
Louis Claessens ist immer auf der Suche nach Daten für seine Kunden und konnte mit Hilfe von EU-Fördermitteln Tests auf vier Grünlandflächen durchführen. Bodenbeschaffenheit, Düngung und Wetterbedingungen waren gleich, dennoch schwankte der Ernteertrag zwischen 11 und 14,5 t/ha und Jahr. „Ich kann meine Kunden nicht überzeugen, wenn ich keine entsprechenden Daten vorweisen kann.“ Doch die Erfassung solcher Daten ist schwierig. Die vorhandenen Systeme, mit denen die Vorteile von bodenerhaltenden Maßnahmen gemessen werden können, sind nach Ansicht von Claessens nicht genau genug.
Bei Volkerink Heino ist die Vermeidung von Bodenverdichtung die Grundlage für jede Investitionsentscheidung. Das Van-der-Molen-Fahrgestell mit acht Rädern wurde sowohl unter dem 16 m3-Gülletank als auch unter einem der Anhänger installiert. Der Reifendruck beträgt 1 bar und die Radlast bleibt unter 3 t. Louis Claessens setzt auch Pflugtechnik ein, mit dem der Traktor immer auf dem ungepflügten Boden fahren kann. „Bei der Bodenverdichtung liegt die Hauptverantwortung bei uns Lohnunternehmern.“
Ob man diesen Standpunkt nun teilt oder nicht, eines ist klar: Das Verhindern von Verdichtung wird in den kommenden Jahren ein immer wichtigeres Thema, gerade vor dem Hintergrund der steigenden Gewichte bei Maschinen. „Das muss trotzdem keine negative Auswirkung haben“, meint Louis Claessens. „Am Ende kommt es auf die Belastung pro Rad an. Es ist besser, 16 m3 auf acht Räder zu verteilen, als 10 m3 auf zwei Räder.“ Technische Innovationen in Verbindung mit existierenden Präzisionstechnologien sollten die Anstrengungen der Landwirte und Lohnunternehmer unterstützen – damit die Böden atmen und die Pflanzen Wurzeln ausbilden können.
BODENVERDICHTUNG KURZ UND KNAPP
Man spricht von verdichtetem Boden, wenn die Größe der Poren und Hohlräume den Austausch von Luft und Wasser, die Ableitung von Niederschlägen sowie die Ausbildung des Wurzelsystems bis in den eigentlich durchwurzelbaren Unterboden (>80 cm Tiefe) beeinträchtigen. Fehlt außerdem ein vertikales, durchgängiges Porensystem, ist die Bodenatmung (O2-Aufnahme, CO2-Abgabe) nicht mehr gewährleistet und Wasser kann sich an der Oberfläche stauen. Als unteren Grenzwert für die Einordnung von verdichteten Böden verwendet man die Luftkapazität sowie die gesättigte Wasserleitfähigkeit. Hierbei werden Werte <5 % Luftkapazität sowie <10 cm/Tag für die Wasserleitfähigkeit festgesetzt, da damit keine ausreichende Sauerstoffverfügbarkeit als Voraussetzung für Nährstoffaufnahme und mikrobielle Aktivität mehr gegeben ist.
Quelle: Prof. Dr. Rainer Horn. Lesen Sie hier ein ausführliches Interview.