Zwischen­früchte im Porträt

Humus­ver­luste, Erosion, Nitrate, Pflan­zen­schutz­mittel in Fließ­ge­wäs­sern und im Grund­wasser sowie der Wunsch zur Ökolo­gi­sie­rung und der einset­zende Klima­wandel leisten dem Zwischen­frucht­anbau breiten Vorschub. Wir zeigen zwölf wich­tige Arten von Zwischen­früchten im Portrait.

In Zeiten, in denen Frucht­folgen wie Raps-Weizen-Gerste als vorbild­lich galten, gab es nur wenige Betriebe, die sich intensiv mit dem Anbau von Zwischen­früchten beschäf­tigen. Wieso auch, funk­tio­nierten doch Böden, Düngung und Witte­rung trotz enger Frucht­folge vermeint­lich gut. Weshalb also etwas „dazwi­schen“ kulti­vieren zu müssen? Viel­mehr bestä­tigten hohe Ernte­er­träge die dama­lige mono­tone Anbau­me­thodik.

Doch sind jene Zeiten vorbei. Humus­ver­luste, Erosion, Nitrate, Pflan­zen­schutz­mittel in Fließ­ge­wäs­sern und im Grund­wasser, aber auch der Wunsch zur Ökolo­gi­sie­rung und nicht zuletzt der einset­zende Klima­wandel leisten dem Zwischen­frucht­anbau inzwi­schen breiten Vorschub. Überall im Land gedeihen sie mitt­ler­weile: Öllein, Lupine, Acker­bohne, Wicke, verschie­dene Klee­arten, Phacelia, Ölret­tich oder Leind­otter – um an dieser Stelle nur einige zu nennen. Chris­toph Felgen­treu, lange Zeit beim Saat­züchter DSV zuständig fürs Thema Zwischen­früchte betont indessen unver­drossen die Bedeu­tung von Mischungen. „Je größer die Viel­falt, desto unkom­pli­zierter der Anbau“, unter­streicht der 67-jährige Diplom-Agrar­in­ge­nieur, „dadurch schwindet auch die Angst der Land­wirte, etwas falsch zu machen“. Seit der Zwischen­frucht-Pionier vor Kurzem in Ruhe­stand ging, wirbt er umso aktiver in den Reihen der Inter­es­sen­ge­mein­schaft Gesunder Boden für die ganz­heit­li­chen Vorteile für den Einsatz von Leind­otter, Rettich & Co. „Dabei ist die Inter­ak­tion zwischen den einzelnen Arten von großer Bedeu­tung, diese können sowohl koope­rieren als auch konkur­rieren. Am besten beides, so Felgen­treu, „dann entwi­ckelt sich im Boden am meisten Power.“

Posi­tive Auswir­kungen von Zwischen­früchten

Bevor diese gewünschten Akti­vi­täten beginnen, kann in der land­wirt­schaft­li­chen Praxis schon mal etwas schief­laufen; dann nämlich, wenn es arbeits­wirt­schaft­lich im Sommer eng wird oder wenn man glauben würde, den Anbau könne man nebenher bewerk­stel­ligen. Dass kann sich rächen, denn wer als Land­wirt die Zusam­men­hänge von Zwischen­frucht, Haupt­frucht und Boden­nähr­stoffe sowie Kohlen­stoff- Stick­stoff-Verhältnis (C-N) vernach­läs­sigt, kann schnell Kontra­pro­duk­tives erfahren. Dieje­nigen Land­wirte aber, die kennt­nis­reich und sorg­fältig mit der komplexen Materie arbeiten, davon ist nicht nur Felgen­treu zutiefst über­zeugt, werden die nach­hal­tigen posi­tiven Wirkungen für Anbau, Düngung und Boden­frucht­bar­keit rasch fest­stellen. Nach drei bis fünf Jahren sei beispiels­weise eine Boden­mü­dig­keit wieder über­wunden, fügt der bundes­weit bekannte Experte an, „dazu trägt größ­ten­teils die unge­mein wich­tige Wurzel­ar­beit der Zwischen­früchte mit ihren Exsu­daten bei.“

Um nun am Ende die rich­tige Mischung für den eigenen Standort und für die jewei­lige, spezi­fi­sche Frucht­folge auszu­wählen, ist es daher umso wich­tiger zu wissen, aus welchen Arten sie über­haupt bestehen. Im Diskurs mit mehreren Experten schälten sich, obgleich sicher­lich nicht alle berück­sich­tigt werden konnten, am Ende zwölf wich­tige Arten von Zwischen­früchten heraus, die in kurz­wei­ligen Porträts vorge­stellt werden:

1. Acker­bohne (Lat. Vicia faba)

Der Pfahl­wurzler ist ein Eiweiß­pro­duk­ti­ons­kraft­werk und kann in wenigen Monaten mehr als 500 kg N pro Hektar binden. Außerdem beleben sein Wurzel­system und seine Wurzel­aus­schei­dungen den Boden bis in tiefe Schichten. So kann die winter­feste Acker­bohne auch als Begleit­pflanze für Sonnen­blumen, Raps, Mais und Getreide ange­baut werden. Die Acker­bohne viel Keim­wasser, deshalb ist im Vergleich zu anderen Zwischen­früchten eine deut­lich tiefere Aussaat von Nöten.

2. Buch­weizen (Lat. Agopyrum escu­lentum)

Die eiweiß­hal­tigen Körner erin­nern an Bucheneckern. Kann bei einer Aussaat nach Winter­gerste Anfang November noch gedro­schen werden. Wegen der Gefahr des Wieder­auf­lau­fens im Folge­jahr eignet er sich eher als kurz­wei­lige Zwischen­frucht für eine Herbst­kultur. Eine beson­dere Eigen­schaft von Buch­weizen ist es, über seine Wurzeln zusammen mit Mykorrhizen seine beson­dere Gabe, große Phos­phor- und Kalzi­um­mengen zu binden. Nach­teile: sehr frost­emp­find­lich, kaum stick­stoff­bin­dende Eigen­schaften.

3. Klee: Inkarnat (Lat. Trif­o­lium incar­natum),
Alex­an­driner (Lat. Trif­o­lium alex­an­drinum),
Perser (Lat. Trif­o­lium resu­pi­natum)

Wert­ge­schätzte Legu­mi­nosen, von denen der Inkar­nat­klee der wider­stands­fä­higste Klee sein soll. Der Stick­stoff wird langsam wieder abge­geben und steht der Folge­kultur nicht gänz­lich zur Verfü­gung. Der Alex­an­driner wächst schnell – wenn er ausrei­chend Wärme und Wasser erhält. Er eignet sich als Pflan­zen­decke beispiels­weise zwischen zwei Getrei­de­haupt­kul­turen. Der Perser­klee unter­scheidet sich nicht viel vom Alex­an­driner, gilt aber als robuster gegen­über Kälte, Nässe und kalk­hal­tigen Böden.

4. Leind­otter (Lat. Came­lina sativa)

Extrem rasche Entwick­lung, ein Vege­ta­ti­ons­zeit­raum von nur 100 Tagen reicht aus; daher kann es zur Samen­bil­dung kommen, welche gewünscht ist, weil die ölhal­tigen Samen bestes Pilz­futter sind. Leind­otter zeichnet sich durch eine hohe Verdrän­gungs­leis­tung gegen­über Unkräu­tern aus und erweist sich in Mischungen als gut verträg­lich. Die Ölpflanze passt mit seinem aufrechten Wuchs beispiels­weise gut zu Wicke oder Soja.

5. Lupine (Lat. Lupinus albus)

Legu­mi­nose, mancher­orts auch Wolfs­bohne genannt, gehört zur Familie der Hülsen­früchte. Die Züch­tung hat den giftigen Bitter­stoff Lupinin fast gänz­lich ausge­merzt; die Lupinen haben meist lang­stie­lige und weiche, grüne bis grau­grüne Blätter, die oft dicht mit silb­rigen Haaren bedeckt sind. Es ist eine tief wurzelnde Legu­mi­nose. Ihre sehr enge Verwandt­schaft mit Erbsen und Bohnen, erfor­dert einen acht­samen Blick beim Frucht­wechsel, ansonsten kann es im Nachbau zu ernsten Problemen kommen.

6. Öllein (Lat. Linum usita­tis­simum)

Der nord­deut­sche Saat­zucht­her­steller PH Petersen hat ihn in einer Mischung vor dem Mais, ebenso gibt es eine Reihe weiterer Anbieter von Zwischen­saat­mi­schungen, die den Öllein inte­grieren, um als Stütz­pflanze für Legu­mi­nosen dienen zu können. Insge­samt ist der Öllein eher aske­tisch veran­lagt, stellt keine großen Ansprüche an Nähr­stoff- und Wasser­an­gebot, setzt mit zart­blauen, weißen oder gar roten Blüten raffi­nierte Farb­töne in die Flur. Seine Biomas­se­bil­dung im Vergleich zu anderen ist eher schwach.

7. Ölret­tich (Lat. Raphanus sativus sp)

Der Kreuz­blütler kann viel. Er passt nach Aussage von Frédéric Thoma auf alle Böden, ist leicht auszu­säen, keimt schnell und wächst unter trockenen wie unter feuchten Bedin­gungen gut. Berater Nicolai Hilbert-Pack warnt: „Wenn er Samen­reife erreicht, dann bringt er Probleme.“ Hilbert-Pack plädiert für ein recht­zei­tiges Ende. Trotz der Auskeim­ge­fahr ist er ein Fan des Kreuz­blüt­lers, weil auch bei einem späten Aussaat­termin über ein vorteil­haft enges C-N-Verhältnis verfügt.

8. Phacelia (Lat. Phacelia tanace­ti­folia)

Die violette Schöne ist unüber­sehbar an vielen Stand­orten zu bewun­dern. „Sie erfor­dert ein gutes Saat­bett, Kaff und Streu müssen gut verteilt sein“, sagt Nicolai Hilbert-Pack, Berater beim Ökoring Schleswig-Holstein. „Die Phacelia-Saat sollte nicht tiefer als zwei Zenti­meter abge­legt werden.“ Phacelia verfügt über eine hohe (orga­ni­sche) Phos­phat-Aufschluss­fä­hig­keit. Im Zusam­men­spiel mit Klee kann Phacelia rund 60 bis 70 Kilo­gramm Stick­stoff für die Haupt­frucht bereit­stellen.

9. Ramtill­kraut (Lat. Guizota abyssi­nica)

Gehört zu den Aster­aceaen. Einjäh­riger Masse­lie­fe­rant, ist verwandt mit der Sonnen­blume. Das Ramtill­kraut ist in den Fokus geraten, wie Hilbert-Pack sagt, weil es sicher abfriert. Anfällig ist Ramtill­kraut auch gegen­über Schne­cken, weshalb er auch als Begleit­pflanze in Raps geschätzt wird. Nach Meinung vieler Kenner passen Ramtill­kraut und Phacelia gut zusammen. Als Korb­blütler ist die Zwischen­frucht auch kaum Träger von Krank­heiten für nach­fol­gende Haupt­früchte.

10. Rauhafer (Lat. Avena stri­gosa)

Auch als Brasi­lia­ni­scher Hafer bezeichnet. Der Bekannt­heits­grad dieses Süßgrases (Poaceae) stieg in den letzten Jahren unbe­irrt. Woran das liegt? Er verdrängt Nema­toden, schließt den Bestand gut ab, unter­drückt das übrige Unkraut erfolg­reich und über­zeugt durch seine Wurzel­leis­tung. Er ist ein Sproß­wurzler, der mit feinen Wurzeln den Ober­boden durch­dringt. Außerdem hat Avena stri­gosa mit einer Wuchs­höhe von ca. 1,50 Meter eine starke mykorrhi­zie­rende Wirkung.

11. Senf (Lat. Sinapis alba)

Ist eine dank­bare Weide für Insekten. Der Gelbe Senf gehört zu den schnell­wach­senden Pflanzen; nur 30-45 Tagen dauert es von der Saat bis zum Schließen der Bestände. Doch Vorsicht, Chris­toph Felgen­treu warnt vor nega­tiven Auswir­kungen auf N-Bakte­rien und Boden­ver­saue­rung Auch Hilbert-Pack hat gegen­über dem Senf eine kriti­sche Haltung, was beispiels­weise die Lach­gas­bil­dung anbe­langt, hält ihn aber als eine Neben­kom­po­nente in Mischungen trotzdem für sinn­voll.

12. Sommerwicke/Winterwicke
(Lat. Vicia sativa)

Die vergleichs­weise teure Saat bildet, im Früh­jahr gesät, zügig eine dichte Masse; sie fixiert relativ viel Stick­stoff und ergänzt sich mit Hafer und Klee gut zu einer Ganz­pflan­zen­si­lage (GPS). Wicken – ähnlich wie Inkar­nat­klee – sind hervor­ra­gend im Nähr­stoff­auf­schluss und aufgrund ihrer Eiweiß­qua­lität uner­läss­lich bei der Förde­rung der Humus­dy­namik, wie Dr. Edwin Scheller schon vor Jahren beein­dru­ckend fest­stellen konnte.