Sommer 2018: in Schweden werden fast jeden Tag neue Temperaturrekorde erreicht. In manchen Gegenden regnet es drei Wochen lang nicht. Nicklas Göransson, der auf 300 ha Kartoffeln, Zwiebeln, Karotten und Getreide anbaut, musste zusehen, wie seine Erträge in diesem Jahr um 25% einbrachen. Mit seiner Beregnung konnte er die Auswirkungen der Hitze nicht ausgleichen, es gab einfach nicht genug Wasser. „Wir haben es nicht geschafft, das Getreide zu bewässern“, erinnert er sich ein Jahr später.
Der Ertrag bei den Kartoffeln lag bei 30 bis 40 t/ha, 10 t weniger als erwartet, und die Zwiebelernte betrug 40 t/ha anstelle der üblichen 50 t/ha. Auch sein Ertrag bei der Gerste brach um 25 % ein. Trotz allem hat sich der Landwirt besser geschlagen als viele seiner Kollegen – laut der Kooperative Lantmännen ging die durchschnittliche Getreideernte in Schweden im Jahr 2018 um 45 % zurück.
Zunehmende Erwärmung
Überall in Europa setzen Dürren immer mehr Landwirte unter Druck. Die Europäische Umweltagentur geht davon aus, dass sich Hitzewellen wie in den letzten beiden Jahren – oder noch stärker – in den kommenden 30 Jahren alle zwei Jahre wiederholen könnten, wenn die Kohlendioxid-Emissionen so hoch bleiben. Bis 2100 würde dies zu einem um 25 % höheren Bedarf an künstlicher Bewässerung führen. In Südeuropa könnte der Ertrag der Feldfrüchte um bis zu 50 % einbrechen.
Allerdings bleiben die Wasserressourcen im Jahresmittel in den meisten Ländern stabil; in manchen steigen sie sogar an. Daher ist es sinnvoll Wasser zu speichern, wenn es ausreichend vorhanden ist, damit es zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden kann. Rückhaltebecken, Speicherteiche, agronomische Maßnahmen, es gibt bereits vielfältige Möglichkeiten, die von immer mehr Landwirten in Betracht gezogen werden.
Schweden: Investition in die Zukunft
Nicklas Göransson hat Anfang 2018 mit dem Bau eines Rückhaltesystems begonnen, das ein Jahr später fertiggestellt wurde. Es besteht aus einem Auffangbecken mit einem Fassungsvermögen von 30.000 m3, das über ein Drainagesystem versorgt wird, sowie einem Feuchtgebiet, welches mit dem nahe gelegenen Fluss Helgeån verbunden ist. Das ablaufende Wasser wird über die Drainage in das Becken geleitet. Wenn das Auffangbecken voll ist, leitet ein Kanal das überschüssige Wasser in das Feuchtgebiet, das mit dem Fluss in Verbindung steht. Wenn der Regen nicht ausreicht, um das Becken zu füllen und das Feuchtgebiet zu bewässern, wird das Wasser des Helgeån genutzt.
Das Feuchtgebiet erhöht die Biodiversität.
Nicklas Göransson
Für den Landwirt ist dies eine „Investition in die Zukunft“. Zwei Drittel seiner künstlich bewässerten Felder werden noch von einem selbst gebohrten Brunnen versorgt. Allerdings plant auch die benachbarte Stadt, Kristianstad, das Grundwasser zu nutzen. Göransson erwartet daher Quoten für die Grundwassernutzung. „Vor dem Bau des Rückhaltesystems war ich zukünftigen Vorschriften und Einschränkungen gegenüber schutzlos ausgeliefert.“
Anschließend erläutert er: „Langfristig wäre es nicht nachhaltig gewesen, unsere Felder nur mit Trinkwasser zu bewässern. Außerdem trägt das Feuchtgebiet zur Biodiversität bei.“ Weil er einen 2,5 ha großen Feuchtraum angelegt hat, erhielt er Fördergelder in Höhe von 2,5 Mio. Schwedischen Kronen (240.000 €), die 90 % der Baukosten abdeckten.
Frankreich: Ein Wasserspeicher für den Gemüseanbau
Auch Frankreich bleibt nicht von der Dürre verschont. Im Jahr 2019 wurden die wirtschaftlichen Verluste aufgrund der Trockenheit von den Bauerngewerkschaften (FNSEA) auf 80 Mio. Euro geschätzt. Anthony Carbiener aus dem elsässischen Printzheim kann ein Lied davon singen. Gemeinsam mit seinen Eltern bewirtschaftet er 91 ha Land, auf dem er hauptsächlich Gemüse (Kürbis, Kohl, Zucchini, Spargel, Chinakohl, Salat) anbaut, das sehr empfindlich auf klimatische Veränderungen reagiert.
„Wir haben im Jahr 2000 mit dem Gemüseanbau begonnen“, erzählt Anthony Carbiener. „Die Trockenheit began im Jahr 2014, aber seit 2017 sind wir immer wieder sehr stark von Dürren betroffen.“ Die Pflanzen leiden nicht nur unter Wasserstress, sondern auch unter der Hitze. „Während der letzten Hitzewelle welkten blühende Pflanzen schon ab 10 Uhr morgens.“ Im Gewächshaus stieg das Thermometer auf bis zu 70 °C.
Die Niederschläge verschieben sich.
Anthony Carbiener
Im Jahr 2018, nachdem die Familie 70 % ihrer Ernte verloren hatte, entschied sie sich für den Bau eines Rückhaltebeckens, um den Wassermangel ihrer Gemüsepflanzen auszugleichen. „Das Problem ist, dass Printzheim nicht über einem Grundwasserreservoir liegt. Wir haben es mit Bohrungen versucht, doch für 70 m3/h, die wir benötigen, müssten wir 600 m tief bohren.“ Stattdessen investierte der Landwirtschaftsbetrieb 55.000 € in ein 60 × 60 m großes und fünf Meter tiefes Rückhaltebecken.
„Mit einem Fassungsvermögen von 12.500 m3 ist es das größte künstliche Becken der Region“, betont Anthony Carbiener. Im Winter wird es durch die reichlichen Regenfälle direkt und zusätzlich über ein Drainagesystem gefüllt, das sich über die umliegenden 150 ha erstreckt.
Effiziente Bewässerung
„Über das ganze Jahr hinweg betrachtet, verschieben sich die Niederschlagsmengen“, so die Beobachtungen des Gemüsebauern. Während der Kohlernte behinderten schwere Niederschläge die Arbeit. Außerdem wird es immer schwieriger, die Felder im Frühjahr zu befahren. „Anfang April gab es eine große Hitzewelle, gefolgt von heftigen Niederschlägen Anfang Mai. Von Mitte Mai bis zum September hat es überhaupt nicht mehr geregnet. Dieses Muster wiederholt sich seit einigen Jahren.“
Je nach Regenanfall kann der Betrieb 7 bis 15 ha mit dem Becken bewässern. Zwar bietet das Becken keinen kompletten Schutz vor der Trockenheit, aber es gibt wenigstens einen gewissen Handlungsspielraum. „Wir könnten noch mehr Felder bewässern, aber leider wäre es einfach zu teuer, das Wasser zu den 4 km entfernten nächstgelegenen Parzellen zu pumpen. Folglich müssen wir uns mithilfe der Fruchtfolge arrangieren.“
Wasser lässt sich auch im Boden speichern. „Zu Beginn haben wir die Zucchini gemulcht, um Unkraut zu beseitigen, dann aber haben wir den positiven Einfluss auf die Bodenfeuchte festgestellt.“ Seither legen sie auf beiden Seiten der Pflanzreihen 1,50 m breite Folien aus und nutzen eine Tröpfchenbewässerung. „Wenn Zucchini keinen gleichmäßigen Wachstumszyklus haben, verformen sie sich und werden damit im Großhandel unverkäuflich.“ Mit diesen Maßnahmen konnte das Volumen an zugeführtem Wasser halbiert werden.
Darüber hinaus arbeitet der Betrieb seit mehreren Jahren daran, seinen Anteil organischer Substanzen im Boden zu verbessern.
„Im Gemüseanbau bringen wir jedes Jahr 60 m3/ha Kompost auf die Felder.“ Außerdem werden nach den Zucchini Zwischenfrüchte ausgesät. „In den sich schnell ändernden Zeiten werden wir sicherlich einige falsche Entscheidungen treffen. Wir sehen aber auch schon die Vorteile unserer Arbeitsweise“, so sein Fazit.
Deutschland: Natürliche Wasserreserven
Kurz hinter Berlin zieht einem im Dezember der typisch brandenburgische Ostwind in die Knochen. Kaum vorstellbar, dass sich Peter Kaim im vergangenen Sommer noch gegen extreme Hitze und Dürre behaupten musste. Er bewirtschaftet einen Gemischtbetrieb mit etwa 170 Milchkühen und 1.000 ha Land. Und doch war es genau sein Bundesland, Brandenburg, das in Deutschland am stärksten unter der Hitze leiden musste. Zwar hat es im letzten Jahr mehr geregnet als 2018, das reichte aber immer noch nicht aus, um den Wassermangel auszugleichen. „Wir haben wirklich zwei schlechte Jahre hinter uns“, fasst der Landwirt zusammen.
Im April 2018 ist der Frühling „komplett ausgefallen“. Der Winter ging unmittelbar in den Sommer über. „Und dann gab es eigentlich den ganzen Sommer fast keinen Regen mehr.“ Ohne Bewässerung waren die Ertragseinbußen vor allem auf den Böden aus sandigem Lehm und lehmigem Sand drastisch: -30 % bei Wintergerste, -50 % bei Mais und -70 % bei Deutschem Weidelgras. Besser war es nur auf ein paar Parzellen in einem Niederungsgebiet, das zu Beginn des 18. Jahrhunderts entwässert wurde. Das hoch anstehende Grundwasser pufferte die Trockenheit etwas ab. „Das Klima ändert sich jetzt seit 25 Jahren“, so der Landwirt weiter. „Daran kann ich nichts ändern. Was ich aber ändern kann, ist meine Denk- und Arbeitsweise.“
Seit 2007 tastet sich Kaim Schritt für Schritt an die minimale Bodenbearbeitung heran. Er wollte Wasser sparen, Erosion mindern und Humus aufbauen. Auslöser für diese Kehrtwende war allerdings nicht die Witterung, sondern der Preisverfall des Roggens. „Nach der ersten Direktsaat habe ich aber gemerkt: Mensch, das wächst ja richtig gut!“ Kaim fielen schnell die Vorteile dieser Technik für den Wasserhaushalt und das Leben im Bodens auf.
Strip Till und Zwischenfrüchte
Peter Kaim hat empirisch festgestellt, dass, wenn er erst 10 Tage nach dem Grubbern sät, der Ertrag bei Raps 20 % niedriger ausfällt. Seither versucht er, die Saat möglichst direkt nach dem Grubbern auszubringen. Der Boden soll so kurz wie möglich offen liegen, um so den Wasserverlust zu minimieren. Im vergangenen Jahr arbeitete er deshalb zusätzlich während der Nachtstunden.
Als Alternative zur Direktsaat verwendet er außerdem seit drei Jahren Strip Till. Das Gerät lockert den Boden nur in der Saatreihe und platziert im gleichen Arbeitsgang das Saatut genau in dieser Rille sowie gegebenenfalls Gärreste im Boden. Der Keimling profitiert von der Unterfußdüngung und der zusätzlichen Feuchtigkeit im Boden, da ein Großteil des Bodens nicht offen liegt.
Der Boden soll bewachsen sein, um nicht auszutrocknen.
Peter Kaim
In einem weiteren Schritt passte Peter Kaim seine Fruchtfolge an die reduzierte Bodenbearbeitung an. Auf Raps folgen häufig in Direktsaat Grünschnittroggen, Mais, Wintergerste und schließlich Weizen. Das sei aber nur eine Möglichkeit. „Mit mehr Kulturen in der Fruchtfolge kann man besser jonglieren.“ Raps ist inzwischen nur noch alle fünf Jahre an der Reihe. In den vier Jahren dazwischen wird der Boden kaum bearbeitet. In jeden Fall muss er immer wieder Vor- und Nachteile der Direktsaat abwägen und je nach Standort entscheiden, ob er Ernterückstände nicht doch lieber einarbeitet.
Die Praxis, den Boden über Winter brach liegen zu lassen, hält Peter Kaim für einen veralteten Ansatz. „Der Boden ist nicht dazu da, um nackt zu liegen. Er sollte bewachsen sein, um nicht auszutrocknen.“ Eine geschlossene Pflanzendecke verhindert außerdem, dass Regentropfen wie ein Hammer auf den Boden treffen, was den Wasserabfluss mindert: Der Regen soll auf demselben Quadratmeter des Bodens aufgenommen werden, auf den er fällt.
Die Trockenheit hinauszögern
Untersaaten haben sich ebenfalls, vor allem auf erosionsgefährdeten Flächen, als sehr nützlich erwiesen. Regenwasser zu speichern sei für ihn jedoch keine Option. Er überlegt aber, in Zukunft Staustufen im Entwässerungssystem des alten Niederungsgebiets zu bauen, damit das Wasser nicht mehr abfließt. „Ich hoffe, dass die Trockenheit dann um eine Woche hinausgezögert werden kann.“ Seiner Ansicht nach ist die Reduzierung der Bodenbearbeitung der größte Hebel gegen künftige Dürren. „Es ist entscheidend, die natürlichen Wasserreserven zu erhalten“, fügt er hinzu. Dabei ist der Boden das wichtigste Werkzeug.