Er bückt sich zwischen den Sojapflanzen. Mit einem Messer stochert er in der roten Erde. Die Sonne brennt auf seinen Strohhut. „Schauen Sie!“ Er zeigt stolz auf etwas. „Wie ich schon sagte: „Die Erde wimmelt vor Leben“. Zwei Würmer schlängeln sich übereinander und versuchen, einen Weg durch das vertrocknete Pflanzenmaterial zu finden.
Landwirt Rogério Pacheco nimmt sich eine Handvoll Pflanzenüberreste. „Das ist unser Humus.“ Er zeigt auf die halbhohen Maisstängel, Reste des vorherigen Ernteguts. „Wir haben seit 1991 nicht mehr gepflügt. Bei sintflutartigen Regenfällen wurde der Boden von den Hügeln heruntergewaschen und hat unser Erntegut mit sich genommen. Dadurch, dass wir nicht pflügen, erhalten wir die Struktur des Bodens und die Bodenorganismen bleiben intakt. Außerdem wird dadurch die Wasserrückhaltekapazität des Bodens verbessert.“
Pacheco hat einen Ackerbaubetrieb im südlichen Bundesstaat Rio Grande do Sul, etwa 1000 km südlich von São Paulo, der größten Stadt Brasiliens. Er verfügt über 1.000 ha Land; davon sind 800 ha Ackerland und 200 ha sind unbebaut. In den letzten zehn Jahren hat er den Schwerpunkt auf die teilflächenspezifische Landbewirtschaftung gelegt. Er nimmt regelmäßig Bodenproben, misst die Maiserträge beim Dreschen, verwendet Satellitendaten zur Visualisierung und Bewertung seiner Felder und arbeitet beim Testen der Präzisionstechniken mit einem lokalen Landmaschinenanbieter zusammen.
Sein gesamter Betrieb einschließlich der Auswahl der angebauten Früchte ist auf die Verbesserung der Bodenqualität ausgerichtet: Er baut Hafer an, damit die Sojapflanzen im Folgejahr bessere Wurzeln ausbilden. Vor dem Mais baut er Sorghum oder Wilderbsen als Gründünger an, um Stickstoff zu binden. „90 kg reinen Stickstoffs werden für die folgende Kultur gebunden. Ich streue Kali oder Phosphat, wenn die Bodenprobe ein Defizit anzeigt. Falls nötig streue ich nach der Ernte Kalk.“
Da wir nicht pflügen erhalten wir die Bodenstruktur und die Bodenorganismen bleiben in Takt.
Rogério Pacheco
Er hat bemerkt, dass vor allem in den letzten fünf Jahren immer mehr Betriebe mit teilflächenspezifischer Landbewirtschaftung beginnen. „Zuvor waren weder die erforderlichen Kenntnisse noch geeignete Maschinen vorhanden: Bodenproben wurden willkürlich entnommen und das GPS war zu ungenau. Wenn wir hier in fünfzig Jahren immer noch Ackerbau betreiben wollen, müssen wir die Bodenqualität verbessern.“
Schwerpunkt auf Teilflächenspezifische Landbewirtschaftung
Pacheco ist nicht der Einzige, der dies versteht. Als Mitglied der landwirtschaftlichen Genossenschaft Cotrijallungen beschäftigt er sich intensiv mit den aktuellsten Entwick-
lungen. In Não-me-toque, der Stadt, die auch als Brasiliens Hauptstadt der teilflächenspezifischen Landbewirtschaftung bekannt ist, arbeitet diese Genossenschaft im Rahmen des Aquarius-Projekts eng mit der Universität Santa Maria und einem lokalen Maschinenbauer zusammen. Das Ziel besteht darin, die teilflächenspezifische Landbewirtschaftung Brasiliens auf ein neues Niveau zu bringen.
„2001 war unsere Universität die erste in Brasilien, die Bodendaten gesammelt hat“, sagt Professor Telmo Jorge Carneiro Amado. „Wir haben uns zuerst auf die Verminderung der Stickstoffdüngung fokusziert, aber inzwischen legen wir den Schwerpunkt auf das Gesamtbild. Denn schließlich ist Brasilien der größte Verbraucher von Kunstdünger weltweit. Wenn wir also die teilflächenspezifische Landbewirtschaftung weiterentwickeln können, werden die Vorteile enorm sein.“
„Der brasilianische Boden leidet vielerorts an einem Phosphat- und Kaliummangel“, fügt der Hauptuntersuchungsleiter hinzu. „Kunstdünger (NPK) ist problemlos verfügbar und sorgt für hohe Ernteguterträge. Brasilianische Landwirte versuchen Geld zu sparen, kaufen Fungizide, vergessen aber, in Nährstoffe zu investieren. Sie müssen lernen, das gesamte Bodensystem zu betrachten.“ Dies funktioniert bis zu einem gewissen Grad. Die Verwendung von Pestiziden nimmt ab, und Bodenkarten zeigen, dass die Böden inzwischen geleichmäßiger versorgt sind und höhere Erträge erzeugen als vor zehn Jahren, so Amado.
Aber das heißt nicht, dass sich die Branche auf ihren Lorbeeren ausruhen kann. Obwohl die Mitglieder der Genossenschaft bereits von den Vorteilen eines gesunden Bodens überzeugt sind und sich weiter in die teilflächenspezifische Landbewirtschaftung vertiefen, ist ein Großteil der brasilianischen Landwirte skeptisch. „Sie denken hauptsächlich kurzfristig. Sie konzentrieren sich auf Marktfrüchte und denken nur an den Profit“, seufzt der Professor. „Glücklicherweise steht die jüngere Generation der Landwirte dem Ganzen offener gegenüber. Diese Generation ist digitaler orientiert und erkennt den Mehrwert.“
In einem so großen Land wie Brasilien führt die schlechte Internetabdeckung zu Problemen. „Die Verbindung zwischen den Maschinen und dem Betrieb wird manchmal unterbrochen.“
Den Boden pflegen
Agraringenieur und Landwirt Francisco Souilljee hat sich jahrelang mit teilflächenspezifischer Landbewirtschaftung befasst. Beispielsweise hat er die Maiserträge während Ernte gemessen und seinen Boden analysiert. Sein Düngeprogramm basiert auf Ertragskarten. Alle zehn Tage erhält er Satellitenbilder von seinen Feldern.
Bereits 1995 hat er entschieden, vor der Bestellung nicht mehr zu pflügen. Auf seinem 700 ha großen Flächen hat er Tests, wie beispielsweise die Verwendung von Wicken als Zwischenfrucht, durchgeführt. „Durch den Anbau von Wicken hat sich mein Düngerbedarf erheblich verringert. Bei Mais kann ich beispielsweise zweimal ernten und muss nun nur 150 kg Stickstoff pro ha und Ernte düngen, anstatt von 400 kg pro Jahr zuvor. Es ist eine natürliche Form des Düngers.“
Seine Anbauplanung umfasst Hafer, Mais und Soja. Er produziert 12 t Mais pro ha: „In den USA kann der Ertrag höher sein, und wir sollten in der Lage sein, dieses Niveau ebenfalls zu erreichen.“ Bei Soja erreicht er 5,8 t pro ha. Er glaubt aber, dass 7 t möglich sind, wenn Soja als Teil einer Fruchtfolge angebaut wird.
„Die teilflächenspezifische Landbewirtschaftung ist die eine Sache, aber es gibt eine Rentabilitätsgrenze. Man kann nicht nur immer mehr in Düngung und Pflanzenschutz investieren. Letztlich wird dadurch das Risiko erhöht. Um dieses Risko zu verringern ist die Fruchtfolge sehr wichtig. Außerdem sorgt sie für höhere Erträge.“
Er weiß, dass Monokulturen ein Problem sind. „Viele Landwirte bauen Marktfrüchte an, sehen aber nicht, was das langfristig mit dem Boden macht. Sie verkaufen das Land wieder, wenn die Erträge sinken.“
Überzeugende Zahlen
Pacheco ist nun in sein Büro zurückgekehrt. Wenn er eine gute Internetverbindung hat, kann er genau sehen, was auf seinem Betrieb gerade passiert und wo seine Maschinen sind. „Das ist wirklich die Zukunft“, bemerkt er. „Seit ich mit der teilflächenspezifische Landbewirtschaftung begonnen habe und stärker auf die Fruchtfolge achte, erziele ich nachweislich höhere Erträge.“
Seit ich mit der teilflächenspezifische Landbewirtschaftung begonnen habe, erziele ich nachweislich höhere Erträge.
Rogério Pacheco
Anfangs hat er 3,9 t Soja pro ha erzeugt, nun sind es 5,1t. Die Maiserträge haben sich von 7,2 auf etwa 15,0 t pro ha mehr als verdoppelt. „Diese höheren Erträge verdanke ich drei Dingen: direkte Aussaat, umfangreichere Fruchtfolge und teilflächenspezifische Landbewirtschaftung. „Ich hoffe, dass ich mit diesen Zahlen mehr brasilianische Landwirte überzeugen kann. Wenn wir die Welt weiterhin mit günstigen Nahrungsmitteln versorgen wollen, dann sind technische und genetische Verbesserungen notwendig.“
Brasilien in Kürze
Mit 8,5 Millionen Quadratkilometern ist Brasilien das größte Land Südamerikas mit einer Einwohnerzahl von 208 Millionen (2017). Etwa 9 Prozent der Fläche werden landwirtschaftlich genutzt. 23 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten in der Landwirtschaft. Brasilia ist die Hauptstadt und Sao Paulo die größte Stadt des Landes.
Brasilien ist die größte Volkswirtschaft Südamerikas und verfügt über hoch entwickelte Sektoren in den Bereichen Landwirtschaft, Bergbau, Industrie und Dienstleistungen. Das vorherrschende Klima ist tropisch maritim. Im Norden liegt hauptsächlich ein tropisches Regenwaldklima mit hohen Durchschnittstemperaturen von über 26 °C vor.
Landwirtschaft
Brasilien ist der weltweit größte Erzeuger und Exporteur von Kaffee. Brasilien produziert außerdem in großen Mengen Zitrusfrüchten, Zuckerrohr, Sojabohnen, Reis, Getreide, Kakao, Baumwolle, Tabak und Bananen.
Rinder, Schweine und Schafe sind die zahlreichsten Nutztiere, Holz ist ebenfalls wichtig. 45 % der Exporteinnahmen stammen aus dem Agrarbereich.
Die Landwirtschaft in Brasilien ist teilweise hoch entwickelt. Es wird erwartet, dass die landwirtschaftliche Produktion in Brasilien in den kommenden Jahren zunehmen wird, da noch Millionen Hektar Land verfügbar sind, die intensiver genutzt werden können. Aufgrund des Klimas sind mehrere Ernten im Jahr möglich.