Neue Wege im Raps­anbau

Rapser­träge stei­gern und gleich­zeitig sichern: Dieser Heraus­for­de­rung stellt sich das Programm „Secure Colza“, das in der fran­zö­si­schen Picardie durch­ge­führt wird. Zusätz­lich sollen eine höhere Brut­to­marge und ein gerin­gerer Schäd­lings­be­fall erreicht werden.

„Ziel des Projekts ‚Secure Colza‘ war es, die opti­male Kombi­na­tion von Aussaat­termin, Nähr­stoff­zu­gabe und den zusammen mit dem Raps ausge­säten Begleit­pflanzen zu ermit­teln“, fasst Alizée Loiseau von Agro­so­lu­tions zusammen. „Wir haben uns das Zusam­men­spiel dieser drei Para­meter ange­sehen und die Kosten von vier unter­schied­li­chen Versuchs­an­ord­nungen sowie die jeweils dazu­ge­hö­rige Brut­to­marge ermit­telt.“ Bereits im ersten Versuchs­jahr (20/21) kris­tal­li­sierten sich vorteil­hafte Ansätze heraus. „Auf Basis eines Raps­preises von 500 €/t lagen die Brut­to­margen zwischen 911 und 1294 €/ha und wiesen damit Unter­chiede von mehr als 300 €/ha auf.“ Es ist also möglich, die Einkünfte aus dem Raps­anbau zu stei­gern.

Alizée Loiseau von Agro­so­lu­tions

Und genau das möchten die Projekt­partner, die Agrar­ge­nos­sen­schaft Noriap mit ihren 8500 Mitglie­dern in der Region Hauts-de-France, das Fach­un­ter­nehmen Agro­so­lu­tions und den Saat­gut­her­steller RAGT zeigen. Dürch­ge­führt wurde das Projekt „Secure Colza“ in der fran­zö­si­schen Region Picardie. Die Aussaat­ter­mine für die einezlnen Versuchs­an­ord­nunge lagen zwischen Anfang August und Mitte September. Im Anbau­jahr 2020/2021 erzielten Aussaat­ter­mine zwischen dem 24. August und dem 3. September die besten Brut­to­margen. Aller­dings muss auch das Risiko durch Herbst­schäd­linge, insbe­son­dere Erdflöhe, berück­sich­tigt werden, was für einen tenden­tiell früheren Aussaat­termin spricht, damit sich die Pflanzen gut entwi­ckeln können.

Aussaat vor Mitte August schützt vor Schäd­lingen

Aus den Versuch am Standort Poix-de-Picardie zieht Phil­ippe Pluquet, ein betei­ligter Berater und bei der Genos­sen­schaft Noriap verant­wort­lich für Land­wirt­schaft, eine erste Bilanz. Eine früh­zei­tige Aussaat bietet unter den Bedin­gungen vor Ort das beste Mittel zur Opti­mie­rung des Ergeb­nisses. „Vor zwei Jahren haben wir ‚Secure Colza‘ gestartet, weil Land­wirte immer größere Schwie­rig­keiten hatten, in sehr trockenen Peri­oden nach der Ernte erfolg­reich Raps anzu­bauen. Im Rahmen der Versuchs­reihe haben wir verschie­dene Aussaat­ter­mine mit Unter­fuß­dün­gung oder orga­ni­scher Düngung und Begleit­pflanzen kombi­niert.“ In der Zwischen­zeit wurde der Druck durch Herbst­schäd­linge, die Erdflöhe, immer größer.

Das Insek­tizid, mit dem die Schäd­linge bisher unter Kontrolle gehalten werden konnte, wurde im vergan­genen Jahr vom fran­zö­si­schen Markt genommen. Dadurch ergab sich die Notwen­dig­keit, die Aussaat­ter­mine so gut wie möglich einzu­grenzen. Der Flug der Erdflöhe findet meis­tens ab Mitte bis Ende September statt. Zu dieser Zeit sollte der Raps das Wachs­tums­sta­dium, in dem er für Erdflöhe anfällig ist, bereits über­wunden haben. Phil­ippe Pluquet bekräf­tigt: „Alles spricht für eine möglichst frühe Aussaat, denn je später diese statt­findet, desto größer ist die Anzahl der Erdfloh­larven in der Kultur am Ende des Winters“. Leider ist es nicht möglich, eine exakte Termin­emp­feh­lung zu geben, da vieles von den Bedin­gungen im jewei­ligen Jahr abhängt. Die erste August­hälfte scheint aber die güns­tigste Zeit zu sein.

In den Versu­chen stellte Phil­ippe Pluquet durch die Star­ter­dün­gung der Früh­aus­saat einen Mehr­ertrag fest.

„Heute weiß man, dass der Raps gut gegen die erwach­senen Erdflöhe bestehen kann, wenn er am 20. September das 6-Blatt-Stadium erreicht hat. Um dies zu errei­chen, müssen Aussaat­ter­mine gewählt werden, die vor dem früher übli­chen Zeit­raum zwischen dem 25. August und dem 5. September liegen. Deshalb haben wir Aussaat­ter­mine vor dem 15. August auspro­biert. In den Jahren 2020 und 2021 führten Aussaaten am 7. August bzw. 11. August, auf die Regen oder Gewitter folgten, zu einem schnellen Aufwuchs. Wir konnten fest­stellen, dass der vor Mitte August gesäte Raps sich bis Mitte September so weit entwi­ckelt hatte, dass er im Herbst keiner Insek­ti­zid­be­hand­lung gegen erwach­sene Erdflöhe bedurfte. Das Schäd­lings­pro­blem lässt sich also auf diese Weise lösen.“ Trotz des Einsatzes sämt­li­cher agro­no­mi­scher Maßnahmen zur Bekämp­fung erwach­sener Erdflöhe empfiehlt die Genos­sen­schaft Noriap zusätz­lich immer eine Behand­lung gegen die auf dem Raps abge­legten Larven der Erdflöhe, die sich am Ende des Winters entwi­ckeln können.

Eine weitere Orga­ni­sa­tion, die früh­zei­tige Aussaat empfiehlt

Durch die Früh­aus­saat wird Raps-Biomasse im erheb­li­chen Umfang erzeugt, deshalb muss die Herbst­dün­gung ange­passt werden.

Das Verfahren von „Secure Colza“ wird ständig verfei­nert. Nach der Ernte der Vorfrucht rät die Genos­sen­schaft Noriap zu einer schnellen Bear­bei­tung des Bodens, die mit einem Walzen­gang verschlossen wird. So ist der Schlag für die Aussaat vorbe­reitet, die sobald sich eine Regen­pe­riode ange­kün­digt erfolgen kann. „Diese orga­ni­sa­to­ri­sche Ände­rung ist nicht so einfach umzu­setzen, da die Raps­aus­saat unmit­telbar nach Abschluss der Ernte statt­finden kann. Die bedeutet für uns, dass wir das Saatgut sehr früh­zeitig liefern müssen“, bemerkt Phil­ippe Pluquet.

Das Verfahren wird auch vom Agrar­for­schungs­in­sti­tuts Terres Inovia empfohlen: „Wir raten dazu, sich mittels einer Spaten­prü­fung ein Bild von der Boden­struktur zu machen, um sicher­zu­stellen, dass der Boden vor der Aussaat möglichst gut durch­feuchtet ist. Die Saat­dichte sollte so gewählt werden, das am Anfang ein möglichst lichter Bestand entsteht, der sich im Herbst konti­nu­ier­lich entwi­ckeln kann. Idea­ler­weise sollte der Raps am 15. September bereits mehr als vier Blätter ausge­bildet haben“, so die Einschät­zung von Michael Geloen, Entwick­lungs­in­ge­nieur bei Terres Inovia. Die früh­zei­tige Boden­be­ar­bei­tung wirkt sich außerdem positiv auf die Renta­bi­lität aus. Aufgrund der früh­zei­tigen Vorbe­rei­tung konnten die Versuche von „Secure Colza“ im Jahr 2021 einen Ertrags­zu­wachs von 3,9 dt/ha vermelden.

„Durch diese Früh­aus­saat wird Raps­bio­masse im erheb­li­chen Umfang erzeugt, wodurch der Bestand im Herbst ziem­lich ‚hungrig‘ ist. Es bedarf also einer Star­ter­dün­gung“, sagt Michael Gelon. Dafür muss aller­dings keines­wegs die Gesamt­dün­ge­gabe erhöht werden! Es reicht aus, einen größeren Anteil der Stick­stoff-Gesamt­menge bereits bei der Aussaat auszu­bringen, um den Bedarf einer Raps-Früh­aus­saat zu decken. Diese Ausbrin­gungs­va­ri­ante konnte bei den Versu­chen in Poix-de-Picardie gegen­über der Kontroll­gruppe eine durch­schnitt­liche Ertrags­stei­ge­rung von 3,2 dt/ha erzielen. „Bei Raps-Früh­aus­saaten hat sich die Star­ter­dün­gung sehr positiv auf den Ertrag ausge­wirkt. In den güns­tigsten Fällen lassen sich damit gegen­über einer unge­düngten Raps-Kontroll­par­zelle bis zu 7 dt/ha mehr erzielen“, fügt Phil­ippe Pluquet hinzu. Wenn der Raps im Herbst mehr Stick­stoff verbraucht, kann die Düngung im Früh­jahr entspre­chend verrin­gert werden. Insge­samt trägt diese Star­ter­dün­gung bei den ersten Aussaat­ter­minen zur Ertrags­sta­bi­li­sie­rung bei – und das unab­hängig vom Vorhan­den­sein von Begleit­pflanzen.

Der Beitrag von Begleit­pflanzen

„Als Begleit­pflanzen werden meist Hülsen­früchte verwendet. Sie machen den Raps unemp­find­li­cher gegen­über Schäd­lingen. Darüber hinaus geben Hülsen­früchte dem Boden unge­fähr 30 kg Stick­stoff zurück, was bei den derzei­tigen Preisen keines­wegs zu vernach­läs­sigen ist“, so die Einschät­zung von Phil­ippe Pluquet. „Um diese Wirkung besser einschätzen zu können, expe­ri­men­tieren wir mit Mischungen aus verschie­denen Arten: Ägyp­ti­scher Klee, Bocks­horn­klee, Wicke, Platt­erbse usw.“

Das Wich­tigste ist jedoch, die Begleit­pflanzen vor Ende August auszu­säen, damit sie sich möglichst gut entwi­ckeln. Die besten Ergeb­nisse in „Secure Colza“ Projekt wurden mit Aussaat­ter­minen zwischen dem 7. und 24. August erzielt, so dass sie sich die Kosten für die Aussaat rentieren. Bei der Haupt­frucht Raps fiel der Mehr­ertrag durch Begleit­pflanzen gegen­über der Kontroll­gruppe im Jahr 2021 eher bescheiden aus und betrug unge­fähr 1,3 dt/ha. Unbe­rück­sich­tigt bleiben hierbei aller­dings die posi­tiven Neben­ef­fekte auf die Folge­kultur. Bei näherer Betrach­tung erweist sich die Kombi­na­tion aus Star­ter­dün­gung und Begleit­pflanzen als sehr vorteil­haft; im Jahr 2021 ließ sich damit ein Mehr­ertrag von 4,1 dt/ha erzielen. Die Stei­ge­rung der Brut­to­marge beträgt 128 €/ha gegen­über der Kontroll­gruppe bei einem Raps­preis von 500 €/t bzw. 67 €/ha bei einem Raps­preis von 350 €/t.

Bei einem Anbau zusammen mit Hülsen­früchten wie z. B. Erbsen ist der Raps unemp­find­li­cher gegen­über Herbst­schäd­lingen.

Ähnlich posi­tive Ergeb­nisse, die in der Cham­pagne erzielt wurden, haben das Inter­esse der Verbände verstärkt. Über einen Zeit­raum von drei Jahren konnte nach­ge­weisen werden, dass sich mit dem Anbau von Raps in Kombi­na­tion mit Hülsen­früchten – in diesem Fall Linsen und Spei­se­bohnen – ein um 3 dt/ha höherer Durch­schnitts­er­trag erzielen lässt als mit Raps allein. Beim erfolg­rei­chen Anbau von Raps zusammen mit Begleit­pflanzen wie im Jahr 2019 konnten die Produk­ti­ons­kosten um 16 % gesenkt werden.

Die Kosten­sen­kung wurde durch die gerin­gere Insek­ti­zid­aus­brin­gung im Raps (-21 %) und den gerin­geren Dünger­ein­satz (-24 %) dank der Frei­set­zung gebun­denen Stick­stoffs am Ende des Winters ermög­licht. „Durch die Einfüh­rung von Hülsen­früchten wie Linsen und Spei­se­bohnen als Begleit­pflanzen im Raps­anbau konnten die Erträge aufrecht­erhalten und gleich­zeitig die Stick­stoff­dün­gung und Behand­lungs­häu­fig­keit mit Pflan­zen­schutz­mit­teln verrin­gert werden“, merkt das Forschungs­in­stitut Terres Inovia an und rät zu einer vorge­zo­genen Raps­aus­saat mit Begleit­pflanzen unge­fähr Mitte August. Die vorge­zo­gene Aussaat könnte in den kommenden Anbau­pe­ri­oden also durchaus zur gängigen Praxis werden.

Versuchs­er­geb­nisse*

+145 €/ha

Brut­to­marge durch Star­ter­dün­gung

+50 €/ha

Brut­to­marge durch Begleit­pflanzen

+136 €/ha

Brut­to­marge bei früh­zei­tiger gegen­über späterer Boden­bearbeitung

*bei einem Raps-Verkaufs­preis von 350 €/t