Mehr Wissen für mehr Nach­hal­tig­keit: Light­house Farm Network

Bei der Light­house Farm Academy erfahren die Teil­neh­menden aus Banken, NGOs oder Maschi­nen­her­stel­lern mehr über die aktu­ellen Heraus­for­de­rungen der Land­wirt­schaft – und mögliche Lösungen. Mit dem gesam­melten Wissen können sie Entschei­dungen treffen, die Land­wirten den Über­gang zu nach­hal­ti­geren Systemen erleich­tern. Marc Gijs­bers ist einer dieser Teil­nehmer und berichtet von seinen Erfah­rungen als Mitglied der Academy.

Ein Montag­morgen auf dem größten biolo­gi­schen Acker­bau­be­trieb der Nieder­lande. Die Teil­neh­menden der Light­house Farm Academy haben sich für ihren einwö­chigen Inten­siv­kurs auf der BV Erf einge­funden. Der Acker­bau­be­trieb ist einer von drei­zehn „Leucht­turm-Betrieben“, die das Global Network of Light­house Farms bilden. Diese 13, auf der ganzen Welt verteilten Betriebe, sehen sich mit unter­schied­lichsten land­wirt­schaft­li­chen Heraus­for­de­rungen konfron­tiert. Um weiter nach­haltig wirt­schaften zu können, entwi­ckeln sie neue, radi­kale Ansätze. Über das Global Network und die zuge­hö­rige Light­house Farm Academy werden diese bahn­bre­chenden Ideen mit Akteuren aus unter­schied­li­chen Bran­chen geteilt und sollen als Inspi­ra­tion beispiel­haft zeigen, wie die Land­wirt­schaft globalen Umbrü­chen begegnen, und auch in Zukunft Bestand haben kann.

Der Leiter des Global Network of Light­house Farms, Prof. Rogier Schulte erklärt: „Die Academy ist dazu da, Akteure aus unter­schied­li­chen Berei­chen entlang der Wert­schöp­fungs­kette an einen Tisch, oder in diesem Fall, auf einen land­wirt­schaft­li­chen Betrieb zu bringen. Hier sehen sie die Realität, die tägliche Arbeit der Land­wirte und womit sie konfron­tiert sind. Wir wollen die Stake­holder so mit dem nötigen Wissen ausstatten, damit sie fundierte, für Land­wirte hilf­reiche Entschei­dungen treffen können.“ Um nach­hal­ti­gere, land­wirt­schaft­liche Systeme zu schaffen, wendet sich die Academy also gar nicht an die Land­wirte selbst: „Die wissen, was sie tun. Viel wich­tiger ist, dass die Entscheider – zum Beispiel jene, die bei Banken, Bera­tungs­agen­turen oder Maschi­nen­her­stel­lern arbeiten – sich austau­schen.“ Genau das hat auch Marc Gijs­bers vor. Zunächst hat er Online-Kurse absol­viert, als zweiter und prak­ti­scher Teil der Academy ist ab dem Montag­morgen nun das soge­nannte Light­house Farm Lab an der Reihe.

Theorie und Praxis für Stake­holder

Marc Gijs­bers arbeitet als Senior Asso­ciate bei der NGO World Busi­ness Council for Sustainable Deve­lo­p­ment (WBCSD) in Genf. „Die Vision unserer Orga­ni­sa­tion ist, dass mehr als 9 Milli­arden Menschen bis 2050 ein gutes Leben auf der Erde leben können. Trotz und gerade wegen des Klima­not­stands, dem wach­senden Natur­ver­lust und den vielen Ungleich­heiten.“ Er fokus­siert sich dabei auf den großen Bereich Land­wirt­schaft und Nahrung. Zu den Mitglie­dern der NGO gehören Unter­nehmen der gesamten Wert­schöp­fungs­kette, wie Unilever, Cargill oder Bunge. Sie sind Hersteller von Lebens­mit­teln, handeln mit Futter­mit­teln oder sind Liefe­ranten der Nahrungs­mit­tel­in­dus­trie. Außerdem arbeitet WBCSD auch aktiv mit anderen NGOs, Akade­mi­kern und Initia­tiven zusammen, um sicher­zu­stellen, dass die Unter­nehmen sich trans­for­mieren und einen Beitrag zur Verwirk­li­chung der Vision leisten.

Hier befinden sich die Teil­neh­menden auf der Sitio Nelson Guer­reiro in Brasi­lien.

„Ich arbeite täglich mit ihnen zusammen, um Fort­schritte auf dem Weg zu rege­ne­ra­tiven und fairen Lebens­mittel- und Agrar­sys­temen zu erzielen, die nahr­hafte, gesunde und sichere Lebens­mittel für alle bereit­stellen.“ Eine Frage, die er durch den Zugang zu den neuesten wissen­schaft­li­chen Erkennt­nissen über die Akademie zu erfor­schen versucht, ist: Wie könnten zukunfts­fä­hige Systeme an verschie­denen Stand­orten aussehen, die der Vision der NGO entspre­chen? Wie kann die NGO die Entwick­lung solcher Systeme prak­tisch voran­treiben? Beson­ders neugierig ist er auch auf Ansätze, die die Land­wirte in den Fokus stellen, und wie Unter­nehmen unter­schied­liche Typen an Land­wirten best­mög­lich unter­stützen können. Für Mark und die anderen Teil­neh­menden ist BV Erf genau der rich­tige Ort, um solche Heraus­for­de­rungen und den Umgang damit zu bespre­chen.

Das Lab dauert immer fünf Tage, von Montag­morgen bis Frei­tag­nach­mittag. Die Vormit­tage sind theo­re­tisch ange­legt, mit Gast­do­zenten und -dozen­tinnen, die aus ihrer Forschung berichten. „Es war ein Experte für Saat­gut­züch­tung und -verede­lung da, und der Nach­hal­tig­keits­di­rektor einer großen Brauerei. Ihre Vorträge sind sehr span­nend und hilf­reich, weil sie sowohl theo­re­ti­sche Themen aus der Forschung als auch prak­ti­sche Einblicke in ihre Arbeit enthalten“, sagt Gijs­bers. An einem weiteren Tag geht es um Robotik und die Zukunft der künst­li­chen Intel­li­genz. Die Nach­mit­tage finden für prak­ti­sche Einblicke direkt auf dem Feld der BV Erf statt.

Mehr Wissen für mehr Nach­hal­tig­keit

Marc Gijs­bers ist vom Konzept der Academy über­zeugt. Denn um den Über­gang zu mehr Nach­hal­tig­keit in der Land­wirt­schaft zu errei­chen, braucht es mehr Wissen aufseiten der Akteure. „Die Art zu lernen – basie­rend auf den neuesten wissen­schaft­li­chen Erkennt­nissen, aber auch in der Praxis – ist ein wich­tiger Faktor für die Weiter­ent­wick­lung. Wir profi­tieren alle von der engen Zusam­men­ar­beit, dem Austausch in dieser inten­siven Woche. Man kann so viele Ideen mitein­ander bespre­chen – mit Menschen aus der Wissen­schaft und Bran­chen, an die man in der alltäg­li­chen Arbeit nicht so leicht heran­kommt.“

Die Praxis, das Lernen auf den Feldern und bei den Land­wirten, ist mindes­tens so wichtig wie die Theorie.

Vom Austausch unter­ein­ander und über unter­schied­lichste Jobs hinweg können die Teil­neh­menden profi­tieren.

Das Ziel der Academy ist es, den Teil­nehmen anwend­bares Wissen für ihre tägliche Arbeit mitzu­geben.

Nach fünf voll­ge­packten Tagen nehmen die Teil­neh­menden anwend­bares Wissen in ihre tägliche Arbeit mit. „Ich profi­tiere nach wie vor von den Einbli­cken auf dem Betrieb. Das Rahmen­kon­zept, das ich dort für meinen Job erar­beitet habe, nutze ich täglich“, erklärt Gijs­bers. „Für mich ist eine entschei­dende Heraus­for­de­rung unserer Zeit, wie wir kontrol­liert wieder Komple­xität in die land­wirt­schaft­li­chen Systeme bringen können. Die Anfor­de­rungen an die Land­wirt­schaft sind so hoch und werden weiter steigen. Quali­tativ gute Produkte herstellen, einen hohen Ertrag erwirt­schaften, dabei die Natur schützen – das ist sehr komplex.“

4 Fragen, die die Teil­neh­menden der Academy erar­beiten

  • Wie kann die Zukunft der Land­wirt­schaft und Nahrungs­ver­sor­gung aus dem Blick­winkel verschie­dener Akteure aussehen?
  • Welche Kenn­zahlen erfassen Aspekte der Nach­hal­tig­keit in Ihrem Bereich trans­pa­rent und allge­mein­gültig? Welche Indi­ka­toren sind für Ihre Ziele rele­vant?
  • Welche Heran­ge­hens­weisen der nach­hal­tigen Land­wirt­schaft spielen dabei eine Rolle (wie Kreis­lauf­wirt­schaft oder rege­ne­ra­tive Land­wirt­schaft)?
  • Wie können diese Verän­de­rungen in der tägli­chen Arbeit imple­men­tiert werden?

„Wir müssen Natur und Land­wirt­schaft nicht als getrennt, sondern als eins ansehen. Wenn wir die Komple­xität auf den Feldern mit neuestem Wissen, Maschinen und anderen Tech­no­lo­gien angehen, bin ich mir sicher, dass wir posi­tive, ganz­heit­liche soziale, ökolo­gi­sche und wirt­schaft­liche Ergeb­nisse erzielen können. Zum Glück sind viele Unter­nehmen und Partner, mit denen ich täglich bei der WBCSD zusam­men­ar­beite, da meiner Meinung. Die Academy hat mir viele thereo­ti­sches und prak­ti­sches Wissen vermit­telt.“ Die Orga­ni­sa­toren der Academy, die Leucht­turm-Betriebe und Teil­neh­menden sind sich einig: Am Ende ist das wich­tigste Ziel, dass Stake­holder und Land­wirte eine gemein­same Sprache finden, zwischen Wirt­schaft, Praxis, und den Ansprü­chen an Klima, Natur und Gerech­tig­keit.