Lässt sich KI auch in der Weide­hal­tung einsetzen?

In der Innen­wirt­schaft gibt bereits Beispiele für die Anwen­dung von Künst­li­cher Intel­li­genz, beispiels­weise bei der Vorher­sage von Kalbungen sowie Gesund­heits- und der Zucht­be­wer­tung. Aber wie sieht es in der Außen­wirt­schaft aus?

Auf den 300 ha großen Biobe­trieb „Farma na górce“ von Jadwiga und Marek Czerw­czak in Kiełpino, 10 km südlich von Gorzów Wiel­ko­polski in Polen, wurde ein Projekt zur Über­wa­chung von Kühen auf der Weide mithilfe von KI umge­setzt. Neben dem land­wirt­schaft­li­chen Betrieb waren auch die Soft­ware Entwick­lungs­firma TaxusIT Sp. z o.o. sowie das Institut für Manage­ment der Warschauer Univer­sität für Biowis­sen­schaften an der Umset­zung des Projekts betei­ligt. Eine Kofi­nan­zie­rung erfolgte durch die Euro­päi­schen Union im Rahmen des Programms zur Entwick­lung des länd­li­chen Raums.

KI erkennt Kühe mithilfe von Kameras

Mehr als die Hälfte der Betriebs­fläche (ca. 180 ha) sind ausge­dehnte Torf­wiesen und Weiden, auf denen 80 Simmen­taler Kühe grasen. Im Rahmen des Projekts sollte die Künst­liche Intel­li­genz den Menschen bei der Beauf­sich­ti­gung der Herde ersetzen, ohne dass die Kühe Über­wa­chungs­ge­räte trugen. So sollte eine Beein­flus­sung des Verhal­tens der Tiere vermieden werden. Dass dadurch die Iden­ti­fi­zie­rung von Einzel­tieren und ihrer Akti­vi­täts­mus­tern erschwert wurde, wurde bewusst in Kauf genommen. Statt­dessen sollten neuro­nale Netze auf der Grund­lage von Kame­ra­bil­dern Verhal­tens­ana­lysen ermög­li­chen. Ein weiteres Projekt­ziel war es, die tech­ni­sche Lösung möglichst kosten­günstig zu gestalten.

Es ist möglich, die Akti­vität der Tiere und ihren Aufent­haltsort auf der Weide mit einem gewissen Grad an Genau­ig­keit zu analy­sieren.

Sławomir Łoś

Zwar konnte das System einzelne Tiere nicht erkennen, trotzdem wurden eine Viel­zahl von Projekt­zielen erreicht. Dazu gehören: die Erken­nung von Hitze-signalen, die Zählung der Tiere, die Suche nach einzelnen Tieren auf der Weide, Erken­nung des Kalbens, das Liegen auf der Weide als Hinweis auf mögliche Krank­heiten, die Erken­nung unge­wöhn­li­chen Verhal­tens, die Erken­nung isolierter von der Herde getrennter Kühe sowie Störungen aufgrund externer Bedro­hungen beispiels­weise durch Wölfe oder Menschen.

Das System ermög­licht es unter anderem, genau zu bestimmen, welche Weide­flä­chen Kühe gerne aufsu­chen und welche sie lieber meiden.

Für ein besseres Weide­ma­nage­ment

Das System sollte zudem anhand des Verhal­tens der Kühe fest­stellen, wann die Weide gewech­selt werden muss. Eben­falls unter­sucht wurde die Vege­ta­tion auf der Weide, um fest­zu­stellen, welche Teil­stücke über­haupt für die Bewei­dung geeignet sind. Diese Frage­stel­lung ergab sich vor dem Hinter­grund der exten­siven Weide­nut­zung, die auf dem Betrieb prak­ti­ziert wird. Als Biobe­trieb hat „Farma na górce“ wenig Spiel­raum für beson­dere Weide­pfle­ge­maß­nahmen, da die Regeln des ökolo­gi­schen Land­baus sowie anderer Umwelt­pro­gramme einge­halten werden müssen.

Jadwiga und Marek Czerw­czak wollen das Projekt fort­setzen. Darüber hinaus gibt es Pläne das KI- System für die Weide­wirt­schaft mit vorhan­denen Systemen in der Stall­wirt­schaft zu synchro­ni­sieren. Außerdem würden sie gerne einen Melk­ro­boter einsetzen, um den Prozess voll­ständig zu auto­ma­ti­sieren. Vorge­spräche mit Vertre­tern eines Unter­neh­mens, welches solche Lösungen anbietet, haben die Land­wirte bereits geführt. Um heraus­zu­finden, ob die auf diese Weise gewon­nene Milch auch bessere Eigen­schaften aufweist, würden Sie gerne einen weiteren Milch­spe­zia­listen hinzu­ziehen.

Smart­Mo­ni­to­ring – Exper­ten­be­schrei­bung

Das System verwendet zwei PTZ-Kameras, die an Masten montiert sind.

Projekt­ma­nager Sławomir Łoś erklärt: Neuro­nale Netze sind komplexe Rechen­mo­delle, die von der Struktur und Funk­ti­ons­weise des mensch­li­chen Gehirns nach­emp­funden sind und so Daten verar­beiten. Sie ermög­li­chen das auto­ma­ti­sche Erkennen von Mustern aus Daten, um Aufgaben wie Bilder­ken­nung, Text­klas­si­fi­zie­rung oder nume­ri­sche Vorher­sagen durch­zu­führen. Auf dem Betreib von Jadwiga und Marek Czerw­czak wurde ein Über­wa­chungs­system einge­führt, das mithilfe von soge­nannten konvo­lu­tio­nalen neuro­nalen Netzen Kühe auto­ma­tisch auf Bildern erkennt.

Konvo­lu­tio­nale neuro­nale Netze wurden aufgrund ihrer einzig­ar­tigen Fähig­keit ausge­wählt, Muster sowie Formen und Texturen auf Bilder zu analy­sieren und zu iden­ti­fi­zieren, Dies ist für die Erken­nung einzelner Tiere von entschei­dender Bedeu­tung. Auf dem Versuchs­be­trieb wurde ein System aus Masten mit PTZ-Kameras mit großer Reich­weite und neuro­nalen Netzen verwendet, welches in der Lage ist, zu erkennen, wo sich eine Kuh auf einem Bild befindet. Durch die Analyse der Kame­ra­bilder mithilfe einer spezi­ellen Soft­ware war es möglich, die Herde auf der Weide intel­li­gent zu verfolgen.