Precision Farming„Auto­nomie bedeutet mehr Flexi­bi­lität und Produk­ti­vität“

In den vergan­genen drei Jahren hat John Deere zusammen mit Land­wirten und Vertriebs­part­nern aus den USA einen autonom arbei­tenden Traktor für die Boden­be­ar­bei­tung getestet und weiter­ent­wi­ckelt. Brandon Page, Marke­ting­ma­nager für Auto­nomie, spricht über die tech­ni­schen Anfor­de­rungen und das trans­for­ma­tive Poten­zial dieser Tech­no­logie für die Land­wirt­schaft.

In den USA sind die Trak­toren der Serien 8 und 9 des Modell­jahrs 2025 nun ab Werk als „Auto­nomy Ready“ erhält­lich. Was bedeutet das für die Kunden?

„Auto­nomy Ready“ bedeutet, dass unsere 8R, 8RX, 9R und 9RX Trak­toren für das Model­jahr 2025 über sämt­liche Hard­ware­kom­po­nenten für das auto­nome Fahren verfügen. So sind die Maschinen vorbe­reite und es liegt an den Kunden zu entschieden, wann Sie mit dem auto­nomen Fahren beginnen wollen. Zusätz­lich benö­tigen Sie ein Wahr­neh­mungs­system bestehend aus 16 Kameras für eine 360-Grad-Rund­um­sicht in einem Bereich von 23 Meter um den Traktor und das Anbau­gerät herum.

Land­wirte können die Arbeiten vom mobilen Endgerät aus über­wa­chen, indem sie Kame­ra­bilder zum Starten, Stoppen und Beauf­sich­tigen der Arbeiten nutzen.

Brandon Page

Das System lässt sich einfach instal­lieren, und es wird von einem neuro­nalen Netz­werk unter­stützt, welches es ihm erlaubt Hinder­nisse wie große Steine oder Fahr­zeuge im Feld zu erkennen und darauf zu reagieren. Dies ermög­licht ein unab­hän­giges Arbeiten, ohne dass jemand in der Kabine sitzen muss. Darüber sind auto­no­mie­fä­hige Feld­grenzen erfor­der­lich, die im John Deere Opera­tions CenterTM ange­legt werden müssen, ähnlich wie beim auto­ma­ti­schen Lenk­system. Land­wirte können die Arbeiten direkt von einem mobilen Endgerät aus über­wa­chen, indem sie Echt­zeit-Kame­ra­bilder zum Starten, Stoppen und Beauf­sich­tigen der Arbeiten nutzen.

Warum ist die Auto­nomie zunächst auf die Boden­be­ar­bei­tung beschränkt?

In den USA bietet John Deere eine Reihe von Boden­be­ar­bei­tungs­ge­räten an. Unser erster Schritt ist die Perfek­tio­nie­rung der auto­nomen Boden­be­ar­bei­tung einschließ­lich auto­ma­ti­scher Tiefen­füh­rung. Anschlie­ßend wollen wir die Auto­nomie auf den gesamten Produk­ti­ons­zy­klus auszu­dehnen, einschließ­lich Aussaat, Spritzen und Ernten. Wir haben uns vorge­nommen, unseren Kunden bis zum Jahr 2030 ein voll­au­to­nomes System für den Mais- und Soja­boh­nen­anbau anbieten zu können.

Sech­zehn hoch­mo­derne Kameras bieten eine 360-Grad-Sicht, um Objekte im Feld zu erkennen und die Entfer­nung zu ermit­teln.

Wird Auto­nomie nur für Trak­toren der Serie 8 und 9, die ab 2025 gebaut werden, verfügbar sein?

Wir planen, ein Upgrade-Kit anzu­bieten, um Auto­no­mie­funk­tionen auch für ältere Modelle – zurück bis zum Modell­jahr 2020 für die Serie 8R – anbieten zu können. Derzeit liegt der Fokus auf den Serien 8 und 9. Wir werden jedoch daran arbeiten, die Kompa­ti­bi­lität im Laufe der Zeit auf andere Modell­reihen auszu­weiten.

Erwarten Sie, dass auto­nome Tech­no­logie welt­weit verfügbar sein wird?

Derzeit gibt es keinen konkreten Zeit­plan für die welt­weite Einfüh­rung. Das Tolle an unserem auto­nomen System ist jedoch, dass die dafür benö­tigten Systeme bereits zu 90 % am Markt verfügbar sind. Kunden auf der ganzen Welt, die an selbst­fah­renden Maschinen inter­es­siert sind, können bereits mit den heute verfüg­baren Produkten beginnen: Sie können sich mit unserem neuesten Star­fireTM 7500-Empfänger und dem G5-Display vertraut machen, ihre Fähig­keiten von Auto­TracTM über AutoPathTM bis hin zur Auto­Trac-Wende­au­to­ma­ti­sie­rung ausbauen und sich mit den Funk­tionen des John Deere Opera­tions CenterTM befassen.

Dies sind die grund­le­genden Schritte auf dem Weg zur Auto­nomie. Wenn das Auto­no­mie­paket dann verfügbar ist, werden sie bereits wissen, wie das System bedient wird, und brau­chen nur noch das Wahr­neh­mungs­system.

John Deere plant, ein Upgrade-Kit anzu­bieten, um Auto­no­mie­funk­tionen auch für ältere Modelle – zurück bis zum Modell­jahr 2020 für die Serie 8R – anbieten zu können.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach Auto­nomie auf die Produk­ti­vität und die Arbeits­or­ga­ni­sa­tion in land­wirt­schaft­li­chen Betrieben auswirken?

Durch Auto­nomie können Land­wirte Aufgaben erle­digen, die andern­falls liegen bleiben würden, insbe­son­dere in kriti­schen Zeiten wie bei Regen­wetter oder während der Ernte. Wir wollen den Kunden eine größere Flexi­bi­lität und eine höhere Produk­ti­vität ermög­li­chen. Tradi­tio­nelles Fahren wird weiterhin möglich sein. Mithilfe der Auto­no­mie­funk­tionen können Land­wirte jedoch entscheiden, wann es effi­zi­enter ist, den Traktor aus der Ferne zu über­wa­chen.

Beispiels­weise kann es auf klei­neren Feldern sinn­voller sein, die Maschine manuell zu bedienen, während sich auf größeren Schlägen die auto­nome Option als produk­tiver erweisen könnte. Außerdem soll diese Tech­no­logie die Lebens­qua­lität der Land­wirte zu verbes­sern. In der Hoch­saison sind manchmal bis zu 18-Stun­den­tage erfor­der­lich. Mit einer auto­nomen Lösung können Land­wirte die Arbeit abends starten und anschlie­ßend ins Bett gehen. Wenn sie am nächsten Morgen aufstehen, wurden in der Zwischen­zeit zusätz­liche Flächen bear­beitet, die sonst nicht fertig geworden wären. Diese Vorteile bestehen nicht nur für große Betriebe, sondern helfen land­wirt­schaft­li­chen Betrieben jeder Größe, ihre Produk­ti­vität zu verbes­sern.

Häufig wird befürchtet, dass auto­nome Systeme Arbeits­plätze gefährden könnten. Wie sehen Sie das in Bezug auf die Land­wirt­schaft?

Auto­nome Systeme ersetzen keine Arbeits­plätze, sondern verla­gern bestimmte land­wirt­schaft­liche Aufgaben hin zum Tech­no­lo­gie­ma­nage­ment. Land­wirte und ihre Mitar­beiter werden weiterhin Trak­toren zwischen Feldern hin- und herbe­wegen müssen, da die Maschinen nicht autonom auf der Straße fahren können. Dies bietet Land­wirten die Möglich­keit, ihre Arbeits­ab­läufe zu über­denken und ihren Arbeits­kräften höher­wer­ti­gere Aufgaben zu geben.

Darüber hinaus bietet Auto­nomie den Land­wirten nicht nur mehr Flexi­bi­lität als Arbeit­geber, sondern könnte auch die Attrak­ti­vität der Branche erhöhen. Heut­zu­tage möchte nicht jeder wochen­lang 18 Stunden am Tag auf einem Traktor verbringen. Bei jüngeren Menschen mit einer hohen Affi­nität zur Tech­no­logie könnte diese Entwick­lung eine neue Begeis­te­rung für die Land­wirt­schaft wecken.