TraktorenVom Arbeits­tier zur Einsatz­zen­trale

In Früh­jahr 2023 lief im John Deere Werk in Mann­heim der zwei­mil­li­onste Traktor von Band. Was sich seit dem milli­onsten Traktor bei Leis­tung, Konnek­ti­vität und Nach­hal­tig­keit getan hat, verrät Hans-Chris­tian Quick, Archivar bei John Deere, in seinem Gast­bei­trag.

Als wir in unserem Werk in Mann­heim vor rund 30 Jahren den milli­onsten Traktor produ­zierten, war das ein 6400er. Dieser Schlepper wird nicht mehr produ­ziert, heute wäre er von der Größe her vergleichbar mit unserem 6120M. Beide haben den glei­chen Radstand. Die Maxi­mal­leis­tung des 6400 betrug jedoch 104 PS, während der 6120M mit IPM hier 145 PS bietet. Wenn wir den 6400er mit unserem zwei­mil­li­onsten – einem 6R 250 – verglei­chen, gibt es zwar auch ein paar Konstanten. An vielen Stellen stecken aber große Sprünge tech­ni­scher Entwick­lungen.

Das Schnitt­bild des John Deere zeigt deut­lich den Rahmen, den Motor sowie das Getriebe.

Einzig­ar­tige Rahmen­bau­weise

Unsere Rahmen­bau­weise hat sich über die letzten dreißig Jahre bewährt. Sie ist ein Allein­stel­lungs­merkmal der John Deere-Schlepper. Wir verwenden einen stabilen Rahmen, wodurch der Traktor leichter, aber auch robuster und stabiler wird als bei anderen Konstruk­ti­ons­weisen. Der Rahmen trägt quasi Kompo­nenten wie Motor und Getriebe. Dadurch werden sie weniger belastet, wenn beispiels­weise ein Front­lader an den Traktor ange­baut ist.

Auch in der Produk­tion bietet die Rahmen­bau­weise Vorteile, weil sie uns ermög­licht, unter­schied­liche Getriebe- und Moto­ren­va­ri­anten zu inte­grieren. So können wir flexibel auf indi­vi­du­elle Anfor­de­rungen reagieren und in Mann­heim mitt­ler­weile Trak­toren in sechs Millionen verschie­denen Ausstat­tungs­va­ri­anten herstellen.

Frei­stunde anläss­lich des milli­onsten John Deere Trak­tors im Werk Mann­heim.

Intel­li­gente Power

Das bewährte Powr­Quad-Getriebe des milli­onsten Trak­tors ähnelt mecha­nisch immer noch unseren aktu­ellen Quad-Getrieben, wenn auch heute mit mehr Komfort und Auto­ma­ti­sie­rung. Das Auto­Powr-Getriebe des 6R 250 bietet eine stufen­lose Anpas­sung der Getrie­be­über­set­zung. Darüber hinaus kann der Fahrer alle wich­tigen Funk­tionen für Traktor und Anbau­gerät über den ergo­no­mi­schen CommandPro-Fahr­hebel bequem bedienen

In Sachen Leis­tungs­fä­hig­keit hat sich in den vergan­genen 30 Jahren einiges getan. So führte John Deere mit den 6010er Modellen das IPM (Intel­li­gent Power Manage­ment) ein. Dieses passt die Motor­leis­tung des Trak­tors über eine intel­li­gente Soft­ware auto­ma­tisch und dyna­misch an unter­schied­liche Betriebs­si­tua­tionen an, um die Kraft­stoff­ef­fi­zienz und Produk­ti­vität zu verbes­sern. Wenn der Traktor zum Beispiel mit einer Press-Wickel-Kombi auf einer Wiese arbeitet, so kann er über dieses System beim Wickel­vor­gang mehr Leis­tung an die Hydrau­lik­pumpe abgeben, wo sie in diesem Moment tatsäch­lich gebraucht wird. Oder bei Zapf­wel­len­ar­beiten gibt der Traktor mehr Leis­tung an die Zapf­welle ab. Das macht unsere Trak­toren heute effi­zi­enter und leis­tungs­stärker für verschie­dene Einsatz­zwecke.

John Deere 6400 im Einsatz vor eine Rund­bal­len­presse.

Vernetzt, kommu­ni­kativ – und nach­haltig

Doch die Intel­li­genz in unseren Trak­toren geht heute weit über das IPM hinaus. So ermög­lichten es die Fort­schritte in der Digi­ta­li­sie­rung der letzten Jahr­zehnte, dass Trak­toren ihre Bediener heute mit einer ganzen Reihe von Features die Arbeit erleich­tern und dabei nach­haltig arbeiten. So bietet zum Beispiel das Feature 1-Click-Go-Auto­Setup die Möglich­keit, Arbeits­auf­gaben einfach am Rechner zu erstellen und an den Traktor zu senden. Auf dem Feld ange­kommen, muss der Fahrer nur noch auf dem Bild­schirm den zuvor erstellten Auftrag bestä­tigen und der Traktor arbeitet diesen inner­halb der Feld­grenzen ab. Das konnte der 6400er natür­lich noch nicht. Dafür fehlte ihm schlicht die Ausrüs­tung und die Technik war noch nicht so weit. Auch Funk­tionen wie das Lenk­system Auto­Trac oder die Teil­b­rei­ten­schal­tung sowie weitere Möglich­keiten des auto­ma­ti­sierten Precision Farming erleich­tern die Arbeit auf dem Traktor heute enorm und machen ihn zu einer mobilen Einsatz­zen­trale auf dem Acker.

Ein wich­tiger Schritt zum modernen Traktor war auch die Inte­gra­tion und Zerti­fi­zie­rung von ISOBUS, die 2002 statt­fand. Mit diesem „USB der Land­wirt­schaft“ konnten Land­wirte ihr Anbau­gerät – egal von welchem Hersteller – auf einmal deut­lich einfa­cher mit dem Schlepper verbinden und über einen einzigen Monitor steuern. Zuvor gab es zwar auch schon teil­elek­tri­fi­zierte Anbau­ge­räte. Diese ließen sich jedoch nur recht umständ­lich anschließen und der Fahrer hatte in der Kabine auf einmal einen Wust von Bild­schirmen hängen. Zudem musste er sein gesamtes Setup jedes Mal umkon­fi­gu­rieren, wenn er ein neues Anbau­gerät nutzen wollte.

Bei einem mit dem NIR- Sensor ausge­stat­teten Gülle­fass kann der John Deere 6250R die Fahr­ge­schwin­dig­keit selb­ständig anpassen, um eine vorein­ge­stellte Nähr­stoff­menge auszu­bringen.

Beim Einsatz mit einer Wickel­bal­len­presse liefert das IM des John Deere 6250R zusätz­liche Leis­tung für den hydrau­li­schen Antrieb beim Wickeln.

Ein Beispiel verdeut­licht den Nutzen der ISOBUS-Tech­no­logie in Verbin­dung mit moderner Precision-Farming-Technik: Der Fahrer kann heut­zu­tage ein mit NIR-Sensor ausge­stat­tetes Gülle­fass anschließen; abhängig vom Nähr­stoff­ge­halt der Gülle und der gewünschten Ausbring­menge wird die Fahr­ge­schwin­dig­keit des Schlep­pers auto­ma­tisch gere­gelt. So kann die Nähr­stoff­ver­sor­gung an die entspre­chenden Ertrags- und Boden­be­din­gungen ange­passt werden. Das trägt unter andere anderem zum Grund­was­ser­schutz bei und gewähr­leistet gleich­zeitig hohe Ernte­er­träge.

Nach­haltig sind unsere heutigen Schlepper auch, weil sie sowohl auf der Straße als auch auf dem Acker zu den spar­samsten Trak­toren auf dem Markt gehören. Die tech­ni­schen Entwick­lungen wurden vor allem von den gesetz­lich vorge­schrie­benen Abgas­normen getrieben. So erfüllen unsere Trak­toren für den west­eu­ro­päi­schen Markt wie auch für viele andere Regionen mitt­ler­weile die Tier-5-Abgas­normen und sind somit beinahe so sauber wie Autos. Um das zu errei­chen, nahmen wir natür­lich auch einige konstruk­tive Ände­rungen vor. Unsere Trak­toren sind heute mit einem AdBlue-System und einem Kata­ly­sator ausge­stattet und wir haben die gekühlte Abgas­rück­füh­rung (Exhaust Gas Recir­cu­la­tion) einge­führt. Dieses System redu­ziert die NOx-Emis­sionen des Motors, indem sie einen Teil der Abgase zurück in den Ansaug­trakt des Motors leitet und so einen höheren Druck im Motor zulässt, ohne dass weiterer Sauer­stoff und Stick­stoff aus der Luft zu NOx reagieren können.

Lenk­sys­teme, hier am John Deere 6250R mit einer Mähauf­be­reit­er­kom­bi­na­tion, ermög­li­chen heute hoch­prä­zises und effi­zi­entes Arbeiten.

Die Zukunft des Trak­tors

Ob der drei­mil­li­onste John Deere Traktor aus Mann­heim elek­trisch fahren wird, wage ich nicht zu prognos­ti­zieren. Sicher ist aber, dass wir stetig an den Antrieben von morgen arbeiten und dabei auch schon heute Ergeb­nisse vorzeigen können. So stellten wir etwa Anfang des Jahres auf der grünen Woche in Berlin unseren Multi-Fuel-Traktor vor, der mit einem Mix von fossilen und erneu­er­baren Kraft­stoffen fahren kann. Gleich­zeitig arbeiten wir in verschie­denen Forschungs­pro­jekten an neuen Tech­no­lo­gien mit.

Sicher ist, dass der drei­mil­li­onste Traktor in Sachen Leis­tungs­fä­hig­keit und Nutzen für die Land­wirte erneut neue Maßstäbe setzen wird – weil auch er das Ergebnis einer Kombi­na­tion von bewährten Tech­no­lo­gien und stetiger Inno­va­tion sein wird.