Es ist ein ruhiger Morgen wie so viele auf dem Hof Bjerggaard auf der kleinen Insel Barsø, direkt östlich von Løjtland in der dänischen Region Südjütland. Helle Kreiberg Svennesen hat ihr Funkgerät auf P4 gestellt, während sie die schwarzbunten Milchkühe durch den Fischgrätenmelkstand schleust.
Währenddessen fährt ihr Mann Søren Svennesen mit dem Radlader umher und mischt das Futter am Flachsilo. Anschließend kümmert er sich um die Besamung von zwei Kühen, die Helle beim Melken von der Herde getrennt hat. Ein Lehrling schafft mit einem Kompaktlader Einstreu für die Kälberboxen heran.
Wir befinden uns außerhalb der Touristensaison, und außer dem Journalisten von Flur&Furche werden keine Besucher erwartet. Ganz anders sieht es in der geschäftigen Zeit zwischen Mitte Mai und Anfang September aus, wenn die kleine Fähre häufig voll besetzt mit bis zu 24 Passagieren und drei Autos in 15 Minuten nach Barsø übersetzt.
1500 Besucher in einer Saison
Dann wird Barsø von zahlreichen Tagestouristen bevölkert. Auf Bjerggaard, dem einzigen verbliebenen landwirtschaftlichen Betrieb auf der Insel, ist das deutlich zu spüren. Während der Saison nutzen mindestens 1500 Menschen die Gelegenheit, dem Hof mit seinen Kühen und Kälbern einen Besuch abzustatten und einen Einblick in die landwirtschaftliche Arbeit zu erhalten.
„Meistens sind es Schulklassen, Gruppen aus Kindertagesstätten oder Eltern-Kind-Veranstaltungen, die für Tagesausflüge nach Barsø kommen. Manche übernachten auch in den Unterkünften, die wir für Schulcamps und dergleichen zur Verfügung stellen“, erzählt Helle, während sie nach ihren morgendlichen Aufgaben ein Frühstück mit Aufschnitt, Kaffee und Tee vorbereitet.
Da der Betrieb vom Dänischen Landwirtschafts- und Nahrungsmittelrat offiziell zum Schaubetrieb erklärt wurde, erhalten Helle und Søren einen bestimmten Betrag für jedes Schulkind, das mit seiner Klasse den Hof besucht. Für andere Besucher gibt es keine Vergütung.
„Aber auch sie sollten die Gelegenheit zu einem Besuch bekommen, um einmal mit eigenen Augen eine Kuh zu sehen“, meint Helle mit einem gastfreundlichen Lächeln. Den vielen Kinder, die zu Besuch kommen, macht es Spaß die Sau Olga mit ihrer alljährlichen Ferkelschar in ihrem Außenstall anzusehen. Später im Jahr verfügen Helle and Søren dann über jede Menge Schweinefleisch nicht nur für ihre Gefriertruhe, sondern auch für die ihrer Freunde und Familienmitglieder.
Alle Wassersportarten
Der Sommer ist insgesamt eine arbeitsreiche Jahreszeit auf der kleinen Insel. Nicht nur wegen der Besucher, sondern auch weil die Familie Svennesen und ihre Lehrlinge in den hellen und warmen Monaten zahlreichen Freiluftaktivitäten nachgehen. „Wir segeln, schwimmen, fahren Wasserski und treiben alle möglichen Arten von Wassersport“, meint Søren und fügt hinzu: „Wenn wir früh genug am Tag mit unserer Arbeit fertig sind, unternehmen wir manchmal mit der ganzen Familie und den Lehrlingen einen Ausflug mit unserem Motorboot, z. B. nach Sønderborg oder Aabenraa. Dabei nehmen wir entweder Verpflegung mit oder gehen an Land, um eine Pizza oder ein Eis zu essen.“
Ganz anders sieht es im Winter auf Barsø aus. Es gibt kein geschäftiges Treiben, um die Bewohner aus den Häusern auf die dunklen Straßen zu locken. Stattdessen machten sie es sich zu Hause gemütlich, mit Spielen und gemeinsamem Fernsehen. Eine Ausnahme bildet der Skiurlaub, zu dem Søren und Helle alljährlich zusammen mit ihren erwachsenen Töchtern Caroline und Frederikke aufbrechen, während sich ihre Lehrlinge in dieser Woche über um den Betrieb kümmern.
Stroh als Gefahrgut
Unabhängig von der Jahreszeit gibt es auf einer so kleinen Insel wie Barsø ganz besondere Herausforderungen. Insbesondere die kleine Fähre kann manche Vorhaben ausgesprochen schwierig machen. „Als wir im Jahr 2004 einen neuen Kuhstall bauen wollten, mussten wir den gesamten Zement hier vor Ort mischen, weil die Fähre für die Beförderung eines Betonmischers zu klein ist. Und die großen Bögen für das Dach mussten in acht Einzelteilen transportiert werden, statt wie sonst üblich in zwei“, erzählt Søren.
Heute ist es der Strohtransport, der den Inselbewohnern am meisten Kopfzerbrechen bereitet. Seit Søren und Helle Bjerggaard 2016/17 auf ökologische Landwirtschaft umstellten, bauen sie kein Marktgetreide mehr an, sondern nur noch Raufutter. Das gesamte Stroh, das der Betrieb benötigt, wird von einem Kollegen auf dem Festland zugekauft.
Aber Stroh ist entzündlich und zählt damit zu den „Gefahrgütern“. Deshalb dürfen sich keine Passagiere auf der Fähre befinden, wenn Stroh nach Barsø transportiert wird. Erforderlich ist aber eine Begleitperson, die dafür sorgen muss, dass das Stroh beim Transport auf dem Seeweg kein Feuer fängt.
„Wir benötigen das Stroh auch während der Touristensaison, wenn viele Passagiere die Fähre nutzen. Häufig müssen wir dann für zusätzliche Überfahrten ohne Passagiere bezahlen. Außerdem muss das Stroh bei der Überfahrt in Kunststoff verpackt sein“, gibt Søren zu bedenken.
Futtermittel selbst abholen
Søren und Helle müssen zugekaufte Futtermittel wie Maisgrieß und Soja mit dem eigenen Lastwagen vom Futtermittelunternehmen oder vom Fähranleger auf dem Festland abholen. Die Unternehmen beliefern die Insel Barsø nicht mit eigenen Fahrzeugen. Der Milchtransport auf das Festland ist dagegen nicht besonders problematisch.
Die Route des Milchtankwagens wird so geplant, dass das Fahrzeug die Insel mit der letzten Fähre des Tages verlässt, und es besteht die Vereinbarung, dass die Fähre wartet, falls sich die Milchaufnahme auf Bjerggaard verzögert. Zum Glück kann sich Milch nicht entzünden, so dass sich bei der Überfahrt auch andere Passagiere an Bord befinden dürfen!
Freiwillige Herausforderungen
Einige Herausforderungen gehen die Bewirtschafter von Bjerggaard auch freiwillig und gern an. Dazu gehört ein renommierter „Beweidungswettbewerb“, an dem Helle und Søren zusammen mit 47 anderen Bio-Höfen teilnehmen. Dabei geht es quasi darum, die Kühe während des Sommers möglichst viel Gras fressen zu lassen, um dadurch die Futtermittelkosten zu senken.
„Bisher waren wir immer ganz vorne mit dabei. Wir finden das wirklich spannend. Wir sind so erfolgreich, weil die Milchkühe rund um die Uhr nach Belieben kommen und gehen können. Von uns aus holen wir nur Kühe in den Stall, wenn sie nicht aus eigenen Stücken zum Melken zurückgekommen“, so Helle.
Drei Bullen an Viking verkauft
Eine weitere aufregende Herausforderung birgt die Zucht, für die Helle verantwortlich zeichnet. Sie ist dabei so erfolgreich, dass Bjerggaard bereits drei Bullen an den Rinderzuchtverband Viking geliefert hat. „Wir sind sehr auf Gesundheitsmerkmale bedacht und scheuen uns nicht, eigene Wege zu gehen und etwas Neues auszuprobieren“, meint Helle und fügt hinzu: „Unser erste Bulle für Viking war VH Barso. Für ihn verwendeten wir Sperma des amerikanischen Bullen Blindside, welches zuvor niemand genutzt hatte, weder in Dänemark noch sonst irgendwo. Wir besamten damit eine unserer besten Färsen. Die haben wir immer noch. Sie ist derzeit in ihrer siebten Laktation. Unser Durchschnitt liegt bei ungefähr 4,5 Laktationsperioden pro Kuh.“
Wegen ihres Interesses an der Zucht ist Helle Mitglied des Vertretergremiums von Viking Danmark geworden. Auch Søren ist als Vorstandsmitglied von LandboSyd in einer Organisation aktiv. Dafür müssen die beiden auch an Besprechungen auf dem Festland teilnehmen müssen. Aber das ist kein Problem, wie Søren erläutert: „Wir haben unser eigenes Boot, mit dem wir in nur vier Minuten übersetzen können, und wir haben ein Auto, das am Festland geparkt ist. Deshalb kommen wir problemlos von A nach B, genau wie alle anderen. Und wenn man wie ich auf der Insel geboren und aufgewachsen ist, ist es völlig normal, das Boot zu nehmen, wenn man es braucht.“ Helle stammt aus Haderslev und hat auf dem Festland gelebt, bis sie Søren an der Landwirtschaftsschule in Gråsten kennenlernte und sich entschloss, zu ihm auf die Insel zu ziehen.
Barsø
- Insel mit einer Fläche von 2,7 Quadratkilometern im Kleinen Belt, östlich von Genner Bucht und Løjtland in Südjütland, nördlich von Als
- 14 Einwohner leben ganzjährig in der Hälfte der 20 Häuser. Bei den übrigen handelt es sich um Ferienhäuser.
- Fähre von Barsø Landing, 12 km nordöstlich von Aabenraa. Fünf bis acht Überfahrten täglich.
- Hügelige Landschaft mit sandigen und lehmhaltigen Böden; die höchste Erhebung ist 39 m über dem Meeresspiegel.
Milchbetrieb Bjerggaard
- Einziger landwirtschaftlicher Betrieb auf Barsø
- Eigentümer und Betreiber sind seit 2001 Søren Svennesen und Helle Kreiberg Svennesen.
- 250 ha Betriebsfläche
- Kulturen: 30 ha Mais, 60 ha Grünroggen, 110 ha Gras für Mahd und Beweidung, 50 ha mehrjährige Gräser (vor allem Küstenwiesen)
- 185 Kühe
- Seit 2017 ausschließlich ökologische Landwirtschaft; Naturmælk-Lieferant seit 1. Januar 2020
- Teil des Schaubetriebe-Programms des Dänischen Landwirtschafts- und Nahrungsmittelrats