Alain Duphil sorgt sich um das Klima. Es ist Anfang Juli, und der Getreidebauer steht auf seinem Maisfeld im kiesigen Schwemmland des Ariège-Tals, das sich aus ehemaligen Gletschermoränen gebildet hat. „Als die durchschnittliche Oberflächentemperatur 5 Grad geringer war als heute, lag hier noch meterdickes Eis“, erläutert er. „Da kommt man schon ins Grübeln, wenn man an die fortschreitende Erderwärmung denkt.“
Als er sich vor einigen Jahren entschloss, die Bodenbearbeitung einzuschränken, bestand sein ursprüngliches Ziel aber nicht darin, die CO2-Bilanz seines 155 ha großen Betriebs zu verbessern. Vielmehr war auf den bewässerten Flächen die Bodenbearbeitung ohnehin an technische Grenzen gestoßen. „Der andere Anreiz war finanzieller Natur, da über die Höhe der zukünftigen Kraftstoffpreise damals große Unsicherheit herrschte.“
Wicken und Phazelien als Bodendecker
Vor ungefähr zehn Jahren stellte der Landwirt zunächst versuchsweise 9 ha seiner Anbaufläche auf Direktsaat um und setzte dabei auf Hafer und Speisebohnen als Bodendecker. Aufgrund der guten Ergebnisse erweiterte er diesen Bereich im folgenden Jahr zunächst auf 30 ha und schließlich auf seine gesamte Fläche. Derzeit werden auf einer Fläche von 120 ha zunächst drei Jahre Mais, gefolgt von Gerste, Sonnenblumen als Zwischenfrucht und schließlich Durum-Weizen angebaut. Auf 35 ha nicht bewässertem Hangland mit lehmig-kalkigen Böden wechseln Mais, Sonnenblumen, Durum-Weizen, eine Hülsenfrucht (Erbsen oder Speisebohnen) und Raps einander ab.
Eine zentrale Bedeutung kommt der Bodenbedeckung zu. Im Juli sät Duphil Futtersorghum aus, welches bewässert wird und eine Wuchshöhe von zwei Metern erreicht. Als Begleitpflanze dient Klee. Dieser wächst weiter, wenn Sorghum zu Anfang des Winters erfriert, und verbleibt bis April auf dem Feld. „Zwischen zwei Maisaussaaten gibt es keine gesetzlichen Auflagen“, erläutert er. „Da versuche ich, Saatgut für die eigene Nutzung zu vermehren, vor allem für Ackerbohnen.“ Die Ackerbohne ist allerdings anfällig für Krankheiten. Da der Betrieb die Zwischenfrüchte zerkleinert, kann er alternativ auch Wicken und Phazelien verwenden, die sonst die klassische Direktsaat behindern würden, da die als lebende Pflanzen dazu neigen, sich in der Sämaschine zu verfangen.
Der Landwirt bringt 3 l/ha Roundup aus, welches für die Direktsaat so gut wie unverzichtbar ist. „Die Ausbringung dieser geringen Mengen anstelle des CO₂-Abbaus im Boden erscheint mir aus Sicht des Klimaschutzes am vernünftigsten.“ 24 Stunden später wird gehäckselt. Um möglichst viel Feuchtigkeit im Boden zu halten, bereitet ein Traktor den Boden mit der Scheibenegge vor, während der andere mit einer auf einen Zinkenrotor aufgesattelten Sämaschine die Aussaat vornimmt. Dafür hat Duphil zusätzlich in eine Kurzscheibenegge investiert, da es für ihn trotz alledem gilt, auf der Hut vor Herbizid-Resistenzen zu sein. „Zwischen einer Sonnenblumen- und einer Weizenkultur es ist vielleicht nicht unklug, die Erde auf 3 bis 4 cm Tiefe zu bearbeiten.“
Hohe Erträge, aber niedrige Preise
Die Erträge haben sich nach dem Wechsel zur Direktsaat nicht wesentlich verändert. „Beim Mais haben wir 2020 mit der Sorte P9234 eine Ernte von 12,3 t/ha eingefahren“, rechnet der Landwirt vor. Vom Durum-Weizen wurden 2020 6,4 t der Sorte Relief geerntet, im Jahr davor waren es 7,3 t mit der Sorte Anvergur gewesen.
Beim Mais haben wir 2020 mit der Sorte P9234 eine Ernte von 12,3 t/ha eingefahren.
Alain Duphil
Von einem Ertragseinbruch kann man also nicht sprechen, und die Kosten sind gesunken. Dennoch ist der Betrieb von den Marktschwankungen in den vergangenen Jahren schwer getroffen worden und sucht nach Möglichkeiten zur Rentabilitätssteigerung. Mit seiner Umstellung auf Direktsaat hat Alain Duphil Zeit gewonnen und in die Holzproduktion investiert. Die CO2-Gutschriften eröffneten weitere Chancen. Auf einer Fachmesse ließ sich Duphil von einer Zusammenarbeit mit Soil Capital überzeugen, einem belgischen Unternehmen, das Landwirte in Sachen Bodengesundheit berät und sie bei der Vermarktung von CO₂-Zertifikaten begleitet.
Ein neu entstehender Markt
„Die Landwirte befinden sich schon zu lange in einer Erwartungshaltung, und gleichzeitig wächst das Käuferinteresse an CO2-Zertifikaten“, meint Chuck de Liedekerke, Mitgründer des Unternehmens. Seit der ersten Kampagne des Unternehmens hat sich die Anzahl der beteiligten Produzenten von 150 auf mehr als tausend im Jahr 2021 erhöht und soll in den kommenden Jahren durch Expansion in Europa weiter gesteigert werden.
Für den Agraringenieur und ehemaligen Stadtbewohner Alain Duphil, den einst das Interesse an Umweltfragen in die Landwirtschaft führte, war es wichtig, dass die Berechnung der Bilanz stichhaltig ist. Soil Capital greift auf die Methodik des „Cool Farm Tool“ zurück, das von mehreren Universitäten, zu denen die Universität Wageningen in den Niederlanden zählt, gemeinsam entwickelt wurde. „Dieses Tool berücksichtigt unterschiedliche klimatische Kontexte und arbeitet ausreichend genau, um einen wissenschaftlichen Konsens zu erzielen“, so Chuck de Liedekerke. Die von Soil Capital durchgeführte Berechnung beruht auf den vom Betrieb bereitgestellten Daten, wofür der Landwirt ungefähr drei Stunden Zeit einplanen muss. Über die Dauer des fünfjährigen Programms erfolgt der Besuch eines unabhängigen Prüfers.
Die Landwirte befinden sich schon zu lange in einer Erwartungshaltung, und gleichzeitig wächst das Käuferinteresse an CO2-Zertifikaten.
Chuck de Liedekerke
Handlungsspielraum
Währenddessen etabliert sich in Frankreich das „Label Bas Carbone“ für Ackerkulturen. Dadurch werde die landwirtschaftliche Tätigkeit künftig an die Einhaltung von Vorschriften bezüglich der angewendeten Praktiken geknüpft sein, nimmt Alain Duphil an, der darin einen Vorteil sieht, weil er die CO2-Speicherung auf dem Emissionshandelsmarkt über einen privaten Vermittler in bare Münze umsetzen kann. „Man ist autonom, man kann eigenverantwortlich handeln, und nur das Ergebnis zählt. Wir streben 50 €/ha an, wobei der Vorteil für mich darin besteht, dass die Sequestierung bereits funktioniert, so dass ich also keine Investitionen vornehmen muss. Wenn das Ziel erreicht ist, zahle ich 980 €/Jahr für Gutachten und Kontrolle, um potenziell 7 500 €/Jahr zu erlösen.“
In der Praxis wird bei einem Betrieb, der zu Beginn seiner Teilnahme am Programm als Emittent eingestuft wird, das Emissionsniveau als Ausgangsreferenzwert herangezogen und anschließend die Absenkung der Emissionen im Verlauf von fünf Jahren vergütet. Speichert der Landwirt zu Beginn des Fünfjahreszeitraums bereits CO2, wird für den Vergleich ein regionaler Referenzwert herangezogen und für die Differenz eine Vergütung gezahlt. 20 % der erzeugten Zertifikate werden als Sicherheitsreserve zurückbehalten und nach Ablauf von zehn Jahren an den Landwirt ausgezahlt, sofern dieser seine Praktiken nicht verändert hat.
Finanzierung des Übergangs
Duphil ist bewusst, dass sein Boden in Bezug auf CO2-Speicherung noch Verbesserungspotenzial bietet. „Als ich den Betrieb übernommen habe, war der Gehalt an organischer Substanz auf ein Minimum herabgesunken. Heute liegt er bei 1,5 %. Eine Erholung ist eben nicht über Nacht zu erzielen.“ Finanziellen Anreize haben somit eine langfristige Perspektive. Alain Duphil erhofft sich durch die Verbesserung der Bodenqualität auch höhere Erträge: „In den ersten Jahren dient der durch die Hülsenfrüchte gebundene Stickstoff vor allem dem Humusaufbau. Aber Kollegen, die seit über 20 Jahren mit kontinuierlicher Bodenbedeckung und Direktsaat arbeiten, konnten die Stickstoffdüngemengen erheblich senken.“
„Mit Prämien werden sich sicher noch viele Kollegen überzeugen lassen, genau wie bei der Bio-Landwirtschaft“, prognostiziert er. Die Rentabilität hängt allerdings von den Betrieben selbst ab. „Man unterschreibt quasi einen Blankovertrag, bei dem man nicht genau weiß, wie viel am Ende herausspringt.“ Aber dank seiner Wirtschaftsweise und einem garantierten Mindestpreis kann er selbst nur gewinnen. Allerdings: Während sich Duphil für ganz Frankreich eine dauerhafte „grüne Wende“ wünscht, wird sich für seine Kollegen noch erweisen müssen, ob die Preise für CO2 und Kulturpflanzen ausreichen werden, um die nötigen Anpassung zu finanzieren.
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Organische Substanz im Boden hilft nicht nur der Umwelt, sondern auch der Bodenfruchtbarkeit – für die Junglandwirte Henning und Arne Beecken lassen sich die zwei Aspekte nicht voneinander trennen. Sie haben das Anbausystem ihres Familienbetriebs vollständig umgestellt.