Im norddeutschen Südergellersen bewirtschaften die Brüder Henning und Arne Beecken 400 ha zusammen mit ihren Eltern und vier Mitarbeitern. Der seit sechs Generationen bestehende Familienbetrieb baut auf 60 ha Kartoffeln, auf 35 ha Zuckerrüben und auf der übrigen Fläche Getreide an, vor allem Hybridroggen. Die Saatgutvermehrung ist dabei der Dreh- und Angelpunkt der Produktion. Die Böden sind sandig mit einigen Feuchtbereichen: Alle Böden werden bewässert und 30 % müssen entwässert werden.
Als die beiden Brüder in den Betrieb eintraten überzeugten sie ihre Eltern davon, neue Wege zu beschreiten. Auslöser dafür waren die Erfahrungen mit anderen Bodentypen, die sie in ihren Lehrbetrieben kennengelernt hatten. „Wir haben das System in den vergangenen drei Jahren umgestellt“, verrät Henning Beecken und betont, dass hier der Schwerpunkt auf der konsequenten Verringerung der Bodenbearbeitung lag.
Möglichst niedrige Ernteverluste
Von nun an müssen die Beeckens im Rahmen der Saatgutvermehrung vor dem Anbau eines Getreides zwei Jahre Hackfrüchte anbauen; zuvor war eine Getreidekultur auf die nächste gefolgt. „Da wir jetzt mehr Hackfrüchte produzieren, konnten wir den Bodenbearbeitungsaufwand um 70 % reduzieren.“
Dabei halten sich die Brüder an keine feste Fruchtfolge, sondern treffen ihre Entscheidung Jahr für Jahr abhängig von der Parzelle. Ein ziemlich komplexes System: Um auf die nötige Vermehrungsfläche trotz hohen Hackfruchtanteils zu kommen, müssen die Beeckens je nach Jahr mehrere hundert Hektare mit Feldnachbarn tauschen bzw. pachten. „Mit diesen Feldern gehen wir 100% so um, als wären es unsere eigenen“, betont Henning.
Nach wie vor ist eine tiefe Bodenbearbeitung vor der Getreide-Aussaat erforderlich. Um nach der Ernte darauf verzichten zu können, hat sich die Familie entschlossen, in einen Hightech-Mähdrescher zu investieren, der eventuellen Durchwuchspflanzen vorbeugt. „Wir sprechen hier von einer Druschfläche von ca. 330 ha. Dieser Mähdrescher würde auch 1.330 ha schaffen“, erklären die Beeckens. „Aber wir brauchen ihn, um möglichst geringe Verluste zu erzielen, nämlich weniger als 0,5 %. Die Körner, die wir auf dem Acker lassen, ärgern uns sonst bei der nächsten Getreidevermehrung wieder.“
Wir bemühen uns, ein Gleichgewicht zu finden und Kompromisse einzugehen.
Arne Beecken
Eine weitere Überlegung betrifft die Optimierung der Stoppelbearbeitung. „Wir fragen uns jetzt: Ist es immer noch erforderlich, fünf Zentimeter tief in den Boden zu gehen? Wir haben uns deshalb für eine Striegelegge entschieden.“ Allerdings sind häufig nach wie vor drei Stoppelbearbeitungen erforderlich, damit möglichst viele Körner keimen. „Sicherlich ist das schlecht für die Wasserrückhaltung und die Humusschicht, aber es geht nun mal nicht anders. Schließlich verdienen wir mit der Saatgutvermehrung unser Geld.“
Drastische Reduzierung der Mineraldüngung
Am Ende stand für den Betrieb die vollkommene Überarbeitung seines Düngekonzepts und ein vermehrter Einsatz organischer Düngemittel. Allerdings reichten die eigenen 620 Mastschweine nicht aus, um den Nährstoffbedarf von 400 ha zu decken. „Wir haben ursprünglich mit einer Güllebörse arbeiten wollen, es ist uns aber schnell klar geworden, dass wir einen festen Partner brauchen. Deshalb sind wir eine Kooperation mit einem Betrieb eingegangen, dem wir die Gärrückstände seiner Biogasanlage abnehmen. Zu diesem Zweck haben wir in ein abgedecktes Silo mit einer Kapazität von 6000 m3 investiert.“
Täglich bringt ein LKW eine Ladung Gärrückstände. Bei der Annahme werden mit Hilfe eines integrierten NIR-Sensors die Nährstoffgehalte ermittelt. „Wir müssen Klarheit über die Inhaltstoffe haben. Man handelt quasi mit einem lebenden Stoff. Den muss man analysieren.“ Die Familie rechnet damit, dass sich die Investition innerhalb von zehn Jahren amortisiert.
Die erste Ausbringung im Herbst erfolgt mit einem Güllegrubber. Direkt nach der Ausbringung wird die Gülle sofort mit Boden abgedeckt. Im Frühling bringt ein 12-m-Gülleinjektor mit 1-m-Teilbreitenschaltung den Dünger auf den Getreidefeldern aus. Obwohl die Böden nicht in nitratgefährdeten Gebieten liegen, ist es dennoch geboten, eine möglichst genaue Berechnung der mittleren Menge je nach Kultur und den pedoklimatischen Gegebenheiten vorzunehmen. Im Endeffekt konnte der mineralische Düngereinsatz um 80 % reduziert werden. Aktuell wird er noch als Startdüngung appliziert, in flüssiger Form für eine schnelle Wirkung.
Jeweils vor einer Hackfrucht- und einer Roggenkultur wurden Zwischenkulturen eingeführt. „Das Feld im Winter brach liegen zu lassen, kommt für uns nicht mehr infrage. Das ist überholt“, so die Einschätzung von Arne Beecken. Stattdessen wird eine Mischung verschiedener Zwischenfruchtarten praktiziert, die nicht zu viel Hülsenfrüchte enthalten darf, wenn anschließend Gärreste ausgebracht werden soll. Außerdem wird der Einsatz von Rauhafer begrenzt, um keine Verunreinigung des Saatguts zu riskieren. „Die Zwischenfrüchte sorgen dafür, dass eine Struktur geschaffen wird und die Nährstoffe im Boden in Biomasse umgewandelt werden“, fasst Henning Beecken zusammen. „Wir düngen sie, um eine gute Durchwurzelung zu erzielen.“
Anzeichen für einen lebendigeren Boden
„Mittlerweile riecht die Erde nicht mehr wie ein Substrat, sondern wie lebendiger Boden, wenn man mit dem Spaten hineinsticht“, lächelt Henning Beecken. Auf Böden, die seit drei Jahren keinen Pflug mehr gesehen haben, verbessert sich das Wasserhaltevermögen spürbar. „Das ist auch ein Verdienst der Zwischenfrüchte, die durch ihr Wurzelwachstum die Kapillarität des Bodens verbessern.“
„Wir bemühen uns aufgrund unserer Spezialisierung, ein Gleichgewicht zu finden und Kompromisse einzugehen. Würden wir keine Saatgutvermehrung betreiben, würden wir sicherlich auf die Bodenbearbeitung verzichten“, ist Arne Beecken überzeugt. „Und möglichst Direktsaat praktizieren“, setzt sein Bruder hinzu.
Für uns ist dies ein Generationen-Projekt.
Arne und Henning Becken
„Allerdings macht es bei uns wenig Sinn, auf Direktsaat umzustellen, da die Kartoffelerntemaschine alle 4 bis 6 Jahre den kompletten A-Horizont durch eine Siebkette schiebt.“ Dennoch ist die Steigerung des Gehalts organisch gebundener Stoffe im Boden offensichtlich. „Vor drei Jahren noch war hier kein Regenwurm zu sehen. Jetzt sind sie wieder da, denn hin und wieder sieht man einen Vogel, der einen aus der Erde zieht. Das ist eine schöne Bestätigung unserer Arbeit.“
Die Junglandwirte haben auch darüber nachgedacht, durch CO2-Zertifikate einen zusätzlichen Wert zu schaffen – die Klima-Bilanz wurde zwar noch nicht gemessen, von einer deutlichen Verbesserung ist aber angesichts des sinkenden Mineraldünger-Einsatzes und der erweiterten Zwischenfrüchte auszugehen. „Wir warten, bis wir mehr Klarheit haben“, sagt Henning. „Kohlenstoffgutschriften werden wir wieder in Betracht ziehen, wenn die Politik Rahmenbedingungen schafft, die uns Sicherheit bringen.“
In den folgenden Jahren wird die Aufgabe darin bestehen, viele Proben zu ziehen und die Gesundheit des Bodens zu überwachen. „Unsere Aufgabe als Junglandwirte wird es sein, Wege zu finden, den Humusgehalt zu erhöhen. Für uns ist dies ein Generationen-Projekt.“
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Ackerland bietet, durch seine Fähigkeit Kohlendioxid zu binden, eine unverzichtbare Funktion für den Klimaschutz. Dadurch entstehen neue Erwartungen an die Landwirtschaft, aber auch neue Chancen. Besuch bei einem französischen Landwirt, der seine CO2-Speicherung vermarktet.