Precision FarmingNach­hal­tige Land­wirt­schaft in Litauen: Digi­ta­li­sie­rung hilft

Ein junger litaui­scher Land­wirt sieht in der Präzi­si­ons­land­wirt­schaft eine grund­sätz­liche Voraus­set­zung für eine nach­hal­ti­gere Land­wirt­schaft.

„Infor­matik und Computer haben mich schon immer faszi­niert, doch ich habe mich für einen anderen Weg entschieden. Ich habe Verkehrs­wis­sen­schaften an der Tech­ni­schen Gediminas-Univer­sität Vilnius studiert und bin nun im siebten Jahr als Land­wirt tätig“, erklärt Gedas Špak­auskas, Vater einer jungen Familie. Den Hof in Degučiai im Bezirk Pakruoj hat er nach dem Tod seines Vaters über­nommen.

Seine eigenen Kinder sind noch nicht schul­pflichtig. „Ich werde sie nicht in einen bestimmten Beruf drängen, aber falls sie es wünschen, sollen sie dank meiner Anstren­gungen einen modernen land­wirt­schaft­li­chen Betrieb über­nehmen können“, erläu­tert der junge Mann kurz seinen Lebens­plan. Sein Inter­esse an Infor­ma­ti­ons­tech­no­logie hat er sich bewahrt, und so brachte Gedas Špak­auskas sein Wissen und seine Neugierde bei der Digi­ta­li­sie­rung seines Betriebs ein. Er ist über­zeugt, dass er so einen nach­haltig wirt­schaf­tenden Acker­bau­be­trieb geschaffen hat.

Genaue Infos mit dem John Deere Opera­tions Center

Als Gedas Špak­auskas vor sechs Jahren den Hof über­nahm, den er bereits mit seinem Vater bewirt­schaftet hatte, umfasste die Anbau­fläche 150 ha. Im Laufe der Zeit wurde die Fläche auf 280 ha erwei­tert. Einen Teil der zusätz­li­chen Flächen konnte der Land­wirt kaufen, während andere gepachtet sind. Ange­sichts der stei­genden Pacht­preise versucht er möglichst viele Flächen zu kaufen, um sich lang­fristig abzu­si­chern.

Der gesamte Betrieb setzt sich aus 30 sepa­raten Flur­stü­cken zusammen. Wich­tige Auswahl­kri­te­rien für den Kauf oder die Pacht neuer Flächen sind die Entfer­nung zum Betrieb sowie die Form und Größe des Feldes, da die Boden­qua­lität in den umlie­genden Gebieten ähnlich ist. Unab­hängig davon, ob eine Fläche gekauft oder gepachtet wird, steht als erste Maßnahme eine Boden­un­ter­su­chung an.

Sämt­liche Betriebs­in­for­ma­tionen befinden sich beim John Deere Opera­tions Center auf dem Smart­phone.
Gedas Špak­auskas bewirt­schaftet den elter­li­chen Betrieb.

„Ich nutze das John Deere Opera­tions Center. Auf meinem Smart­phone kann ich alle Flächen meines Betriebs einsehen. Sowohl die Trak­toren als auch die Anbau­ge­räte sind mit diesem Programm verbunden. Ich habe schon lange kein Notiz­buch mehr verwendet und kann mir gar nicht mehr vorstellen, so viele Infor­ma­tionen manuell zu erfassen. Wenn ich auf ein Feld gehe, kann ich einsehen, welche Arbeiten dort durch­ge­führt wurden und wann gespritzt oder gedüngt wurde. Ich kann Fehler erkennen, die entweder von mir oder anderen begangen wurden, und sie korri­gieren, sowie die Daten analy­sieren. Ledig­lich die Infor­ma­tionen über Dünge- und Pflan­zen­schutz­mittel, die ich in den Dünger­streuer oder die Spritze einge­füllt habe, müssen in die App einge­geben werden.“

„Die IsoBus-Maschinen mit auto­ma­ti­scher Lenkung erle­digen die Düngung gemäß der Dünge­karte für das jewei­lige Feld, die auf Basis von Boden­un­ter­su­chungs­er­geb­nissen erstellt wurde. Außerdem werden sämt­liche rele­vante Infor­ma­tionen, einschließ­lich der Fahr­ge­schwin­dig­keit in dem Programm erfasst. Wenn mich jemand nach der Dünger­menge fragt, antworte ich niemals mit ‚unge­fähr‘, sondern kann präzise Auskunft geben“, erklärt Gedas Špak­auskas.

Merk­male einer nach­hal­tigen Bewirt­schaf­tung von Gedas Špak­auskas

  • Ganz­jäh­rige Pflan­zen­be­de­ckung schützt den Boden vor Erosion und über­mä­ßiger Sonnen­ein­strah­lung.
  • Gezielte Düngung ist die Grund­lage für das Nähr­stoff­gleich­ge­wicht im Boden und vermin­dert den Austrag über­schüs­siger Dünger­mittel in die Umwelt.
  • Durch gezielten Pflan­zen­schutz­mit­tel­ein­satz gelangen weniger Chemi­ka­lien in die Umwelt.
  • Durch präzise, satel­li­ten­ge­stützte Lenkung werden Über­lap­pungen während der Feld­ar­beit vermieden sowie Kraft­stoff gespart und der CO2-Ausstoß redu­ziert.
  • 4 % der Flächen dienen als Grün­brache. Im Früh­jahr werden Pflan­zen­mi­schungen gesät, die viel Grün­masse produ­zieren und den Boden auch in tieferen Schichten auflo­ckern. Die Nähr­stoffe auf den Pflanzen werden dem Boden später zurück­ge­geben. Bei Vögeln sind diese Flächen beson­ders beliebt.
  • Anbau von Zwischen­früchten nach der Ernte der Haupt­frucht im Herbst.
  • Keine Bewirt­schaf­tung im Abstand von weniger als 3 m zu Gewäs­sern und Bach­läufen.
  • Jähr­li­cher Frucht­wechsel: Auf 10 % der Fläche werden Legu­mi­nosen ange­baut, die den Boden auf natür­liche Weise mit Stick­stoff versorgen.

Auto­ma­ti­sierte Maschinen arbeiten präzise

Edvinas Navickas, die Leiterin für Präzi­si­ons­land­wirt­schaft beim litaui­schen John Deere Vertriebs­partner DOJUS-agro, sieht einen engen Zusam­men­hang zwischen der EU-Politik Green Deal und der Präzi­si­ons­land­wirt­schaft. Durch die schritt­weise Imple­men­tie­rung neuer Tech­no­lo­gien in das Opera­tions Center ist ein einheit­li­ches System entstanden, welches viele auto­ma­ti­sierte Funk­tionen vereint und alle notwen­digen Betriebs­daten verwaltet. Die Soft­ware kann kostenlos auf das Smart­phone herun­ter­ge­laden oder online mit einem belie­bigen Browser aufge­rufen werden. In Echt­zeit kann der Land­wirt sehen, was auf dem Betrieb passiert.

Auf einem nach­hal­tigen land­wirt­schaft­li­chen Betrieb müssen alle Geräte intel­li­gent sein.

„Es ist nicht unbe­dingt notwendig, unsere Maschinen zu kaufen, um dieses Programm zu nutzen. Wir können auch einzelne System­ele­mente bereit­stellen. Beispiels­weise lassen sich der Star­Fire Empfänger, das Lenk­system und der Bedien­mo­nitor in jeden Traktor einbauen. So wird er Teil des Systems, das Präzi­si­ons­land­wirt­schaft und die damit verbun­denen Vorteile ermög­licht“, erklärt Edvinas Navickas.

Auto­ma­ti­sierte, compu­ter­ge­steu­erte Maschinen arbeiten präzise, ​​das Risiko mensch­li­cher Fehler wird mini­miert. Die Funk­tion des Fahrers hat sich grund­le­gend geän­dert. Er wird zu einem Bediener, der den Computer steuert und die Arbeit des Trak­tors sowie der Anbau­ge­räte über­wacht. Laut Edvinas Navickas spart allein das auto­ma­ti­sche Lenken etwa 10 % Treib­stoff, Zeit, Dünge­mittel, Saatgut und Pflan­zen­schutz­mittel ein. An derselben Stelle wird auch nur einmal gesät, gedüngt oder gespritzt. Die Umwelt wird geschont, der CO2-Ausstoß sinkt. Durch die gezielte Ausbrin­gung von Saatgut, Dünger und Pflan­zen­schutz­mit­teln wird nur so viel Mate­rial auf den Boden ausge­bracht, wie für die Pflanzen und den gewünschten Ertrag nötig sind.

Intel­li­gente Anbau­ge­räte helfen mit

Gedas Špak­auskas erzählt von Land­wirten, die zwar Boden­un­ter­su­chungen auf ihren Feldern durch­ge­führt, aber dann aufge­hört hätten. „Das ist Geld­ver­schwen­dung“, sagt er. Die nächsten Schritte sind die Ausrüs­tung der Trak­toren mit satel­li­ten­ge­stützter Lenkung und die Anschaf­fung intel­li­genter Anbau­ge­räte, wie Säma­schinen, Dünger­streuer und Spritzen mit Teil­b­rei­ten­schal­tung, die Betriebs­mittel auf der Grund­lage von vorher erstellen bedarfs­ori­en­tierten Appli­ka­ti­ons­karten ausbringen können. Dies ist auch die Basis für das konti­nu­ier­liche Sammeln von Infor­ma­tionen über die Feld­ar­beiten, Aufwand­mengen und Ertrags­daten im Infor­ma­ti­ons­system.

Edvinas Navickas beschreibt den Arbeits­pro­zess bei einem Betrieb mit Präzi­si­ons­land­wirt­schaft wie folgt: „Der Betriebs­leiter muss grund­le­gende Haus­auf­gaben machen.“ Er erstellt digital im Programm einen Auftrag und sendet diesen an die Maschine, beispiels­weise die Düngung eines Feldes gemäß einer Appli­ka­ti­ons­karte. Wenn sich der Traktor dem vorge­se­henen Feld nähert, muss der Fahrer ledig­lich auf dem Bedien­mo­nitor bestä­tigen, dass mit der Arbeit begonnen werden soll. Auf diese Weise werden die Flächen nach varia­blen Appli­ka­ti­ons­karten bear­beitet, gesät, gedüngt und gespritzt.

Aufgrund von Früh­lings­frösten ist die Zahl der Schäd­linge und Raps­blüten im dritten Jahr zurück­ge­gangen.

Daten erfassen, Infor­ma­tionen sammeln

Die eben­falls an das Opera­tions Center ange­schlos­senen Ernte­ma­schinen erfassen die Ernte­mengen und liefern so die Grund­lage für Ertrags­karten. Sämt­liche Arbeiten sowie ihre Quali­täts­pa­ra­meter werden doku­men­tiert, die App spei­chert Infor­ma­tionen, die analy­siert und aus denen Rück­schlüsse gezogen werden können. Die Maschinen wissen, auf welchen Spuren sie fahren und wie die Anbau­ge­räte einge­stellt werden müssen. Die Aufgabe des Bedie­ners besteht darin, dafür zu sorgen, dass keine Warn­leuchte aufleuchtet, die Düsen nicht verstopft sind und immer ausrei­chend Saatgut, Dünger und Pflan­zen­schutz­mittel vorhanden sind.

Bisher hat DOJUS etwa 4500 selbst­fah­rende Maschinen mit dem satel­li­ten­ge­stützten Lenk­system verkauft bzw. nach­ge­rüstet. Unge­fähr 2000 sind mit dem Opera­tions Center verbunden. Jede Minute senden sie etwa 800 Daten­sätze, also Infor­ma­tionen aller Art, anhand derer man sogar den tech­ni­schen Zustand der Maschinen selbst beur­teilen und einen mögli­chen Ausfall vorher­sagen kann. „Manchmal sind Land­wirte über­rascht, wenn unser Service­fahr­zeug im laufenden Betrieb auf den Hof oder das Feld kommt, weil wir vor dem Bediener fest­stellen, dass eine Repa­ratur erfor­der­lich ist“, sagt Edvinas Navickas.

Auf 10 % der Flächen werden Hülsen­früchte ange­baut. Bohnen müssen vor Wild­gänsen, die auf der roten Liste stehen, geschützt werden.

Direkt­saat erfor­dert Präzi­sion

Eine solch hohe Arbeits­ge­nau­ig­keit ist in Direkt­saat­be­trieben, in denen kein Pflug den Boden auflo­ckert, beson­ders effektiv. „Direkt­saat und Präzi­si­ons­land­wirt­schaft gehen Hand in Hand. Im konven­tio­nellen Ackerbau fährt ein Traktor während einer Saison acht bis neun Mal über das Feld. Land­wirte, die Direkt­saat betreiben, befahren ihren Acker nur drei- oder viermal – um zu säen, zu düngen, zu spritzen und zu ernten. Wenn konven­tio­nelle Land­wirte mal einen Fehler gemacht haben, können sie diesen häufig später noch korri­gieren. Direkt­saat­land­wirte haben diese Möglich­keit in der Regel nicht. Die pflug­lose Land­wirt­schaft erfor­dert jedes Mal beson­dere Präzi­sion, jeder Arbeits­schritt muss sehr gut geplant, durch­dacht und durch­ge­führt werden“, erklärt Edvinas Navickas. Kein Mensch, der auf einem Traktor sitzt, wird es so genau schaffen wie eine satel­li­ten­ge­steu­erte Maschine.

Auch Gedas Špak­auskas pflügt sein Land nicht. Seiner Meinung nach ist es das Wich­tigste, Qualität zu säen. Das bedeutet, dass die Samen eine gute Keim­fä­hig­keit haben und die rich­tige Tiefe, Menge und Aussaat­zeit gewählt werden müssen. Vor der Aussaat wird die Keim­fä­hig­keit der Samen im Labor über­prüft. „Wenn man bei der Aussaat entschei­dende Fehler macht, helfen keine Maßnahmen und auch kein güns­tiges Wetter“, so der Land­wirt.

Entlang von Gewäs­sern und Gräben bleibt ein 3 Meter breiter Streifen unbe­ar­beitet.

Dauer­be­grü­nung verhin­dert Boden­ero­sion.

Ein weiterer wich­tiger Punkt ist die rich­tige und genaue Düngung. „Der Boden mag von allem genug haben, aber für ein gutes Pflan­zen­wachstum ist auch ein gewisses Gleich­ge­wicht an Nähr­stoffen erfor­der­lich.“ Was gedüngt werden muss, hängt auch von der Jahres­zeit ab. Im Früh­jahr, wenn die aktive Vege­ta­tion beginnt, wird Kalium benö­tigt. Im Herbst brau­chen die Pflanzen Phos­phor. „Wenn zu viel Kalium vorhanden ist, blockiert es die Aufnahme anderer Elemente, wie beispiels­weise Magne­sium und Kalzium“, teilt der Land­wirt seine Erfah­rungen und sein Wissen mit.

Er streut nur Einzel­dünger und fährt bei Bedarf mehr­mals über das Feld. Der Zeit­auf­wand ist nicht allzu hoch, da bei genauer Berech­nung weniger Dünger verbraucht wird und Streu­er­fül­lungen nötig sind. Um Dünge­mittel und deren Bedarfs­menge noch genauer zu ermit­teln, verlässt sich Gedas Špak­auskas nicht nur auf Boden­un­ter­su­chungen. Er schickt auch Pflan­zen­blätter an ein Labor in den Nieder­landen. Inner­halb von fünf Tagen erhält er eine Antwort über den Zustand der Pflanzen.

Agrar­po­litik und nach­hal­tige Land­wirt­schaft in Litauen

Der Schutz von Natur und Umwelt wird sowohl durch die Agrar­po­litik Litauens als auch der EU geför­dert. Die finan­zi­elle Unter­stüt­zung erfolgt auf der Basis bestimmter Regeln und bevor­zugt Betriebe, die eine nach­hal­tige Land­wirt­schaft betreiben. Gedas Špak­auskas gibt zu, dass er seinen Betrieb nach­haltig umge­stellt hat, weil es sich für ihn lohnt.

„Ich wirt­schafte inner­halb der Regeln. Wie andere bin ich finan­ziell moti­viert. Aller­dings lohnen sich nicht alle Maßnahmen. Dann suche ich nach Ideen, wie ich trotzdem nach­haltig für die Natur wirt­schaften kann. Ich probiere viel aus, niemand zwingt mich dazu. Ich suche nach den besten Lösungen, tausche mich mit anderen Menschen aus und teile mein Wissen. Wir, die das Land bewirt­schaften, können bei Verän­de­rungen in Rich­tung Nach­hal­tig­keit nicht tatenlos zusehen“, sagte der Land­wirt.

Laut Edvinas Navickas findet in Litauen derzeit ein Gene­ra­tio­nen­wechsel bei den Land­wirten statt. Die alte Gene­ra­tion steigt in der Regel nicht auf neue, digi­tale Tech­no­lo­gien um. Aber auch ältere Land­wirte verstehen die Vorteile gut und ermu­tigen ihre Nach­folger, sich dafür zu inter­es­sieren und nach und nach die Zügel selbst in die Hand zu nehmen. Die Jungen digi­ta­li­sieren bereit­willig ihre land­wirt­schaft­li­chen Betriebe und setzen intel­li­gente Manage­ment­pro­gramme ein. „Künst­liche Intel­li­genz hält auch in der Land­wirt­schaft Einzug. Ich bekomme bereits jetzt einige schnelle und präzise Antworten von der KI. Sie wird auch in den Maschinen ankommen und beispiels­weise die Einstel­lung von Ernte­ma­schinen verbes­sern“, prognos­ti­ziert Gedas Špak­auskas.