Herr Trötschler, worum ging es beim Projekt LIFE AgriAdapt?
Fakt ist, dass Betriebe sich an den Klimawandel anpassen müssen. Doch 2° oder 3° C Erwärmung klingen für die Praxis sehr abstrakt. Wir haben einen Klimawandel-Check für die Betriebe entwickelt, damit sie bessere, nachvollziehbarere Anpassungsentscheidungen treffen können. Dafür haben wir europaweit bei 120 Pilotbetrieben die mögliche Entwicklung von agroklimatischen Indikatoren bis 2046 dargestellt sowie Risiken und Chancen analysiert. Ferner haben wir Schulungsmaterialien für die landwirtschaftliche Aus- und Fortbildung erstellt und verbreitet.
Wie akut ist der Anpassungsbedarf im Pflanzenbau mit Blick auf ein höheres Dürrerisiko?
Wir sind immer wieder von Landwirten gefragt worden: Was machen wir jetzt, sollen wir alles umstellen? Wichtig ist, zu betonen, dass Klimaanpassung ein kontinuierlicher Prozess in den nächsten Jahren und sogar Jahrzehnten sein wird. Es geht darum, für jeden Betrieb eine Anpassungsstrategie zu entwickeln. Und man muss Wetter und Klima unterscheiden. Ich würde trotz der jüngsten Wetterextreme davon abraten, daraus zu schließen, dass es langfristig genauso kommen wird. Es wird auf alle Fälle immer unberechenbarer.
Gab es Gemeinsamkeiten bei den Strategien zur Dürreprävention?
Das Wesentliche ist die Risikoverteilung. Da die Sommer heißer und trockener werden, sollte sich der Anbau diversifizieren: vielfältigere Fruchtfolgen mit mehr Hauptkulturen. Ganz zentral ist auch die „Schwammfunktion“ des Bodens: In regenreichen Phasen sollte er möglichst viel Wasser aufnehmen und in trockenen Phasen möglichst große Reserven für die Pflanzen halten können. Dies wird z. B. erreicht, indem organische Substanz und Humusgehalt erhöht werden.
Da die Sommer heißer und trockener werden, sollte sich der Anbau diversifizieren.
Ganzjährige Bodenbedeckung, Zwischenfrüchte und ggf. Untersaat helfen sicherlich auch. Welche Maßnahmen genau geeignet sind gehört zur individuellen Strategie eines Betriebes.
Wie sieht Klimaanpassung in der Bewässerungsfeldwirtschaft aus?
Die Konkurrenz zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und anderen Belangen bis hin zu ökologischen Themen wird immer größer. Bei der Nutzung von Grundwasser muss in Zukunft ein gesellschaftlicher Konsens erzielt werden, wodurch die Bauern weniger Handlungsspielraum haben werden. In Anbauregionen wird Regenspeicherung in betriebsübergreifenden Becken sicherlich ein strategisches Thema. Fest steht aber, dass Anbausysteme effizienter gemacht werden müssen, z. B. indem mehr trockenheitstolerante Sorten und Kulturen angebaut werden, auch wenn diese nicht den höchsten Ertrag bringen.
Heißt das, zugunsten von Klimaresilienz einen Ertragsrückgang in Kauf zu nehmen?
Ob Bewässerung oder nicht, man muss betonen: In der Branche wird oft über den Jahresmaximalertrag gesprochen, doch der ist immer mit einem hohen Risiko verbunden. Für uns ist es eine gute Anpassungsstrategie, nicht immer die absolute Hochertragssorte auf die gesamte Fläche zu nehmen, sondern vielleicht ein Viertel beispielsweise mit einer hitzetoleranten Sorte zu bestellen.
Es wird oft über den Jahresmaximalertrag gesprochen, doch der ist immer mit einem hohen Risiko verbunden.
Da sind wir wieder bei der Risikostreuung. Nachhaltiger wäre es – anstatt Jahreserträge zwischen Kollegen zu vergleichen – sich zu fragen: Wer hat über einen Zeitraum von zehn Jahren insgesamt den besten Ertrag vom Feld geholt?
Wie können Landwirte die Instrumente nutzen, die im Rahmen von AgriAdapt entwickelt wurden?
Ein Webtool in mehreren Sprachen wurde im Februar auf der Internetseite des Projekts veröffentlicht. Dort sind verschiedene Module zu finden, darunter auch Elemente des Klimawandel-Checks. Sie geben den Landwirten einen Eindruck, wie sich z. B. die Wasserverfügbarkeit in ihrer Region in den nächsten 30 Jahren verändern kann. Dazu werden zahlreiche nachhaltige Anpassungsmaßnahmen vorgestellt.