Zukunft simu­lieren

Der Forscher Andrew Leakey simu­liert die atmo­sphä­ri­schen Bedin­gungen der nächsten Hälfte des Jahr­hun­derts. Die gewon­nenen Daten sollen helfen, die Folgen des Klima­wan­dels abzu­mil­dern.

Soja­pflanzen in die Zukunft schi­cken, um ihre Reak­tion auf den Klima­wandel zu studieren: Das ist die Grund­idee von Andrew Leakeys Expe­ri­ment. „Wenn man sich die Fach­li­te­ratur der letzten 30 Jahre anschaut, ist das Fazit fast immer: Der CO2-Anstieg wird die Soja-Erträge verbes­sern.“ Ob dies in der Praxis stimmt, über­prüft der ameri­ka­ni­sche Forscher in einer soge­nannten FACE-Anlage. „FACE“ steht für Free Air CO2 Enrich­ment (Kohlen­di­oxi­d­an­rei­che­rung im Frei­land). Bei der Methode wird Gas aus Düsen abge­geben, die auf Wind­ge­schwin­dig­keit und -rich­tung reagieren. Dies ermög­licht es schon heute, atmo­sphä­ri­sche Bedin­gungen wie im Jahr 2050 auf Frei­flä­chen zu simu­lieren.

Andrew Leakey forscht an der Univer­sity of Illi­nois in USA.

In den ersten vier, regen­rei­chen Jahren des Expe­ri­ments kurbelte das CO2 die Produk­tion tatsäch­lich an. Im trockenen Folge­jahr wurde der Düngungs­ef­fekt jedoch zum zwei­schnei­digen Schwert. „Mehr Kohlen­di­oxid in frühen Wachs­tums­sta­dien, wenn Wasser verfügbar ist, heißt mehr Foto­syn­these. Wenn es später trockener wird, brau­chen die Pflanzen aber wegen der größeren Blatt­fläche mehr Wasser.“ Dies führte wiederum zu Ertrags­ein­bußen.

Die Befunde deuten an, dass die Erträge im ameri­ka­ni­schen mitt­leren Westen schon früh zurück­gehen könnten. Ende 2018 fasste eine Studie die Ergeb­nisse der welt­weit 32 FACE-Anlagen zusammen. Während die Erträge umso magerer werden, je näher man am Äquator ist, könnten in nörd­li­chen Breiten Soja, Mais oder Weizen vom CO2-Anstieg profi­tieren. So kann beispiels­weise Groß­bri­tan­nien gebiets­weise mit Ertrags­stei­ge­rungen rechnen.

Wenn man sich die Fach­li­te­ratur der letzten 30 Jahre anschaut, ist das Fazit fast immer: Der CO2-Anstieg wird die Soja-Erträge verbes­sern.

Andrew Leakey

In den vom Klima­wandel benach­tei­ligten Regionen lassen sich die nega­tiven Effekte mögli­cher­weise abmil­dern. „Positiv ist, dass wir jetzt die Reak­ti­ons­me­cha­nismen des Sojas kennen“, sagt Andrew Leakey. Das Expe­ri­ment wird fort­ge­führt, denn es werden drin­gend weitere Daten benö­tigt. Züchter und Agro­nomen müssen solche Mecha­nismen besser verstehen, um Sorten bzw. Prak­tiken zu entwi­ckeln, die dem erwar­teten Ertrags­rück­gang entge­gen­wirken. Für die ameri­ka­ni­schen Soja-Bauern steht sehr viel auf dem Spiel, betont Leakey: „Hier im mitt­leren Westen wächst ein Drittel der welt­weiten Soja­pro­duk­tion.“