Wie lassen sich hohe Betriebs­mit­tel­kosten ausglei­chen?

Im vergan­genen Jahr sind die Betreibs­mit­tel­kosten für schwe­di­sche Land­wirte um 25 % gestiegen. Obwohl höhere Produkt­preise die Kosten­stei­ge­rungen teil­weise ausglei­chen konnten, über­denken land­wirt­schaft­liche Betriebs­leiter nun ihre bishe­rigen Anbau­me­thoden und setzen auf neue Stra­te­gien und Prak­tiken, um die Kosten abzu­fe­dern.

Hohe Preis­stei­ge­rungen bei vier der wich­tigsten land­wirt­schaft­li­chen Betriebs­mit­teln – Dünger, Kraft­stoff, Elek­tri­zität und Eiweiß­fut­ter­mittel – haben die Produk­ti­ons­kosten in der schwe­di­schen Land­wirt­schaft um 10 Milli­arden Skr ansteigen lassen, so Palle Borg­ström, Vorsit­zender des Verbands schwe­di­scher Land­wirte.

Es ist keine nach­hal­tige Lösung, wenn die Preise für land­wirt­schaft­liche Produkte schneller fallen als die Betriebs­mit­tel­kosten. Ein solches Szenario könnte weit­rei­chende Konse­quenzen für schlecht vorbe­rei­tete land­wirt­schaft­liche Betriebe haben. Aller­dings sind Land­wirte proaktiv und über­ar­beiten vor dem Hinter­grund der Kosten­krise ihre Stra­te­gien. Dabei beschreiten sie auch neue Wege, um die Betriebs­ein­kommen zu sichern. 

Viele Land­wirte hätten ohne die höheren Erzeu­ger­preise vor dem Bank­rott gestanden.

Palle Borg­ström

Für die Ackerbau- oder Gemischt­be­triebe bietet jeder Arbeits­schritt – von der Boden­be­ar­bei­tung bis zur Ernte – verschie­dene Möglich­keiten, die Effi­zienz zu erhöhen, die Kosten zu redu­zieren und den Deckungs­bei­trag zu stei­gern.

Effi­zi­ente Land­wirt­schaft: Acht Möglich­keiten, bei der Produk­tion Geld zu sparen

Boden­be­ar­bei­tung

Wegen der hohen Kraft­stoff­preise ist die Direkt­saat beliebter geworden und Land­wirte lassen den Pflug häufiger in der Scheune stehen. Statt­dessen wird für die Unkraut­be­kämp­fung die Feld­spritze bevor­zugt. 

Per Sahl­berg spart Geld, indem er weniger Kraft­stoff verbraucht.

Die Kraft­stoff­kosten sind beim Pflügen wesent­lich höher als beim Spritzen, so Fredrik Halle­fält, Berater für scho­nende Bewirt­schaf­tung am schwe­di­schen Institut für länd­liche Räume und Land­wirt­schaft. Per Sahl­berg aus Tagel­berg Gård in der schwe­di­schen Provinz Väster­göt­land pflügte bis vor Kurzem noch etwa 40 % seiner 700 ha Acker­fläche. Nun setzt er fast ausschließ­lich auf Direkt­saat und spart wegen des gerin­geren Kraft­stoff­ein­satzes Geld. „Allein durch Abpas­sung der Arbeits­gänge vor der Aussaat konnte ich meinen Kraft­stoff­ver­brauch von 40 Litern/ha auf nur 10 Liter/ha senken“, erklärt Sahl­berg.

Manchmal ist das Pflügen aller­dings nach wie vor notwendig, z. B. beim Umbre­chen von Gras­weiden, nach dem Anbau von Hülsen­früchten oder wenn so viel Unkraut vorhanden ist, dass es ohne Pflug nicht geht.

Aussaat

Bisher stellen Saat­gut­kosten kein großes Problem dar. Aller­dings gehen die Land­wirte davon aus, dass auch sie ansteigen werden und suchen nach Wegen, mögliche Preistei­ge­rungen auszu­glei­chen. Die Land­wirte sind jedoch nicht bereit, Risiken einzu­gehen und womög­lich die Ernte zu gefährden, während die Getrei­de­preise noch hoch sind.

Es gibt aber Wege, Saatgut zu sparen, wie Jonas Nilsson weiß, der in Äspäng, Norr­q­varn, auf 800 ha gemeinsam mit seinem Bruder und seinem Vater einen land­wirt­schaft­li­chen Gemischt­be­trieb mit Hühnern und Ackerbau betreibt. „Wir arbeiten mit variable Ausbrin­gungs­mengen und unsere Säma­schine zählt die ausge­brachten Saat­körner“, erklärt Nilsson. „So haben wir am Ende von unserer bestellten Menge oft noch ein oder zwei Säcke übrig.“

Jonas Nilsson betreibt auf 800 ha gemeinsam mit seinem Bruder und seinem Vater einen land­wirt­schaft­li­chen Gemischt­be­trieb mit Hühnern und Ackerbau.

Die Sorten­wahl, fügt Sahl­berg hinzu, hängt in der Regel von der Nach­frage auf dem Markt und der Kund­schaft ab, die Risi­ko­ein­schät­zung der Land­wirte fließt jedoch auch bei dieser Entschei­dung mit ein. „Außerdem lassen Land­wirte weniger produk­tives Acker­land brach­liegen, statt hohe Beträge darin zu inves­tieren und eine magere Ernte zu riskieren.“

Bestand­füh­rung und Frucht­folge

Obwohl Bestand­füh­rung und Frucht­folgen größ­ten­teils vom Boden und den Anfor­de­rungen der Feld­früchte abhängen, gehen Land­wirte nun größere Risiken ein, indem sie mit Verän­de­rungen bei der Feld­frucht­wahl und Frucht­folge expe­ri­men­tieren. Beispiels­weise geben sie die übli­chen sechs­jäh­ringen Frucht­folgen auf und nutzen statt­dessen Cash Crops, wie z. B. Winter­sorten von Weizen, Raps und Gerste.

Außerdem sind sie eher bereit, neue und uner­probte Feld­früchte einzu­setzen. Ein Land­wirt soll beispiels­weise seine gesamte Anbau­fläche mit Winter­weizen bestellt haben, was risi­ko­reich erscheinen könnte – aber Fredrik Tidström, Berater für Land­wirt­schafts­be­triebe und Inhaber von Växtab, lehnt es aber nicht völlig ab. „Es ist gene­rell eine gute Stra­tegie, sichere Feld­früchte wie Winter­weizen und Winter­raps auszu­wählen. Sollten sie den Winter nicht über­stehen, kann man im Früh­jahr erneut aussäen“, so Tidström.

Er fügt hinzu, er habe Felder gesehen, auf denen 50 Jahre in Folge ohne Ertrags­ein­bußen oder Dege­ne­rie­rung des Bodens Weizen ange­baut wurde. Auch Sahl­berg hat bei den guten Bedin­gungen im Herbst 2022 seine Anbau­fläche für Winter­weizen und Winter­raps erhöht (2022). „Die Saat­be­din­gungen für Weizen waren diesen Herbst hervor­ra­gend.“

In Nord­schweden sind Winter­feld­früchte wegen des härteren Klimas aller­dings eine weniger gute Alter­na­tive. Trotzdem probieren die Land­wirte Winter­weizen anstelle von erprobten Feld­früchten wie Sommer­gerste aus, so Land­wirt­schafts­be­ra­terin Sigrid Tirén von der Gesell­schaft für länd­liche Ökonomie und länd­liche Räume. „Dafür gibt es zwei gute Gründe: Winter­weizen hat einen höheren Ertrag und man hat im Früh­jahr weniger Arbeit. Das nutzt insbe­son­dere tier­hal­tenden Betrieben, in denen das Früh­jahr ohnehin schon eine geschäf­tige Zeit ist.“

Jonas Nilsson spart auf dem Acker vor allem durch teil­fläschen­spe­zi­fi­sche Bear­bei­tung.

Nutz­tier­halter haben ihre eigene Eiweis­fut­ter­pro­duk­tion erhöht, indem sie mehr Hülsen­früchte anbauen, da die Preise für impor­tiertes Prote­in­futter eben­falls gestiegen sind. Der Rinder­land­wirt Joakim Jonsson aus Vaggeryd hat in diesem Jahr zum ersten Mal Sudan­gras ange­baut, um bei der Futter­pro­duk­tion unab­hän­giger zu werden. „Es ist zwar frost­emp­find­lich, aber ansonsten leicht anzu­bauen, die Erträge sind gut – und wir düngen nur mit Gülle“, so Jonsson. „Wir wissen nicht, ob es den Rindern schmeckt, aber außer­halb Schwe­dens wird Sudan­gras häufig verwendet.“

Die hohen Futter­kosten sind auch für Biobe­triebe ein großes Problem, das viele dazu gezwungen hat, die Bioland­wirt­schaft ganz aufzu­geben. Die gestie­genen Kosten sind mit gestie­genen Lebens­mit­tel­preisen zusam­men­ge­fallen, wodurch die Verbrau­cher eher zu konven­tio­nellen Produkten greifen, statt zu den teureren Bioal­ter­na­tiven. „Die Preise für Biopro­te­in­futter haben sich auf knapp 11 Skr/kg verdop­pelt und einige Land­wirte sparen bis zu 300.000 Skr an Futter­kosten, indem sie auf konven­tio­nelles Futter umstellen,“ so Andreas Svensson, Land­wirt­schafts­be­rater bei der Bera­ter­gruppe SRAS.

Dünger

Dünger­kosten stellen für Acker­bau­be­triebe die größte Heraus­for­de­rung dar. Deshalb haben sich die Acker­bauern insbe­son­dere auf diese Kosten konzen­triert. „Meine Dünger­kosten sind von 2000 Skr/ha auf 7000 Skr/ha gestiegen“, so Nilsson.

Aber es sind nicht allein die Kosten, auch das Angebot steht unter Druck. „Das Anbe­bots­pro­blem bestand bereits während der COVI­D‑19-Pandemie“, erklärt Nilsson. „Doch mit dem Konflikt in Europa wurde es noch schlimmer, da Kalium und Phos­phor aus Belarus und Russ­land impor­tiert werden – daher nutze ich nun weniger Dünger.“ Er berichtet, dass er die Dünger­gaben senken musste. Doch sowohl er als auch Sahl­berg sind ange­sichts der hohen Getrei­de­preise vorsichtig, um ihre jewei­ligen Erträge nicht zu gefährden.

Nils­sons Dünger­stra­tegie besteht in der Ausbrin­gung von Stick­stoff, Kalium und Phos­phor in drei sepa­raten Arbeits­gängen statt in einem einzigen. Für die teil­flä­chen­spe­zi­fi­sche Düngung hat er MyJohn­Deere Ausbrin­gungs­karten erstellt.

Eine weitere Ände­rung in Nils­sons Dünger­stra­tegie besteht in der Ausbrin­gung von Stick­stoff, Kalium und Phos­phor in drei sepa­raten Arbeits­gängen statt in einem einzigen. „Ich habe in MyJohn­Deere Ausbrin­gungs­karten erstellt, damit ich Dünger in teil­flä­chen­spe­zi­fi­schen Gaben ausbringen kann“, erklärt er. „Es sind mehr Durch­gänge erfor­der­lich, aber es lohnt sich bei den momentan hohen Getrei­de­preisen. Man muss das rich­tige Produkt zur rich­tigen Zeit an der rich­tigen Stelle ausbringen.“

Mats Eriksson von BM Agri berichtet, dass Land­wirte ihre Kalium- und Phos­phordosen senken – ruft jedoch zur Vorsicht bei der Senkung der Stick­stoff­gaben auf: „Vor dem Früh­jahr ist keine Ausbrin­gung erfor­der­lich. Bis dahin sind die Preise hoffent­lich wieder ein wenig gesunken.“

BM Agri hat wegen der hohen Preise sogar vorüber­ge­hend einige seiner Dünger­im­porte unter­bro­chen, was Eriksson für bedenk­lich hält. „Die Land­wirte fragen auch nach flüs­sigem Stick­stoff und Harn­stoff sowie Gülle, Klär­schlamm und Biogas-Neben­pro­dukte als güns­tige Alter­na­tiven.“

Die Tier­halter achten eben­falls mehr auf ihre Gülle­aus­brin­gung und deren Nutzen als zuver­läs­siger Dünger für die Gras­pro­duk­tion – unver­zichtbar für Rinder­hal­tung. „Viele Land­wirte nutzen vermehrt die Gülle“, so Fredrik Tidström. „Wir müssen aber besser in ihrer Analyse werden, damit sie effek­tiver genutzt werden kann, vor allem in Bezug auf den Stick­stoff- und Phos­phor­ge­halt.“

Pflan­zen­schutz

Der Pflan­zen­schutz ist etwas, bei dem die Land­wirte keine Kompro­misse kennen, da sie die hohen Erträge nicht gefährden wollen. „Fungi­zide sind keine große Ausgabe, aber die Glypho­sat­preise haben sich verdop­pelt“, so Nilsson.

Doch trotz höherer Preise spart Sahl­berg nicht beim Pflan­zen­schutz. „Der Pflan­zen­schutz ist wichtig. Man muss das Unkraut unter Kontrolle halten. Ich möchte für eine Einspa­rung von 300 Skr/ha keine Unkraut­ex­plo­sion erleben, wenn ich schon so viel in die Feld­frucht inves­tiert habe – ich peile einen möglichst hohen Ertrag an.“

Ernten

Einen guten Ertrag zu erzielen ist genauso wichtig, wie die Kosten gering zu halten. Acker­bauern, die den Groß­teil ihrer Betriebs­mittel zu den Preisen von 2021 ge- und ihr Getreide zu den Preisen von 2022 verkauft haben, haben gute Gewinne gemacht. Doch das Problem entsteht, wenn die Erzeu­ger­preise zu fallen beginnen, so Tidström. „Daher ist es eine gute Idee, bei den heutigen Preisen pro Woche höchs­tens 5 % bis 10 % zu verkaufen – genauso wie es eine gute Idee ist, die Käufe von Betriebs­mit­teln zeit­lich zu stre­cken.“

Per Sahl­berg hat viel Lager­ka­pa­zität, um sein Getreide zum besten Preis verkaufen zu können.

Sahl­berg kann in seinem Betrieb 70 % seiner Ernte lagern und das ist auch die Menge, die er theo­re­tisch vorver­kaufen kann, entweder über Verträge oder finan­zi­elle Termin­ge­schäfte. Da er glaubt, dass die Preise fallen werden, ist er bereit, bereits jetzt Preise für ca. 50 % seiner Ernte fest­zu­legen.

Das einge­gan­gene Risiko besteht darin, dass man gezwungen ist, die verein­barten physi­schen Mengen zu liefern, was bei Ernte­aus­fällen teuer werden kann. „Aber man kann auch nicht still­sitzen und nichts tun“, so Tidström. „Man muss kreativ denken können; anders denken, um mit der heutigen Situa­tion zurecht­zu­kommen. Das erfor­dert eine gewal­tige Menge an Enga­ge­ment von dem Land­wirt.“

Maschi­nen­nut­zung

Da sich die Kraft­stoff­preise im Vergleich zum Vorjahr verdop­pelt haben, sind nicht nur die Betriebs­stunden der Maschinen wichtig, sondern auch wie Land­wirte sie einsetzen. Fredrik Halle­fält berät bei SRAS zu scho­nender Bewirt­schaf­tung und er sieht mehrere Möglich­keiten, nicht nur die Kraft­stoff­kosten zu redu­zieren, sondern auch die Wartungs­kosten zu verrin­gern und den Maschi­nen­wert zu erhalten. „Ca. 25 % der Zeit, in der der Motor läuft, steht die Maschine still. Wenn man die Still­stands­zeit bei laufendem Motor redu­ziert, dann spart man Kraft­stoff und verlän­gert gleich­zeitig das Wartungs­in­ter­vall des Trak­tors oder der Maschine. Dadurch redu­ziert sich der Wert­ver­lust beim Verkauf.“

Außerdem rät er dazu, den Reifen­druck zu kontrol­lieren – ein weiterer Weg, Kraft­stoff zu sparen, der darüber hinaus auch die Boden­ver­dich­tung verhin­dert. Land­wirte können eine Reifen­druck­re­gel­an­lage verwenden, um auf dem Feld den Reifen­druck zu senken und ihn für die Stra­ßen­fahrt wieder zu erhöhen.

Die genaue Einstel­lung der Boden­be­ar­bei­tungs­tiefe basie­rend auf der folgenden Feld­frucht ist ein weiterer wich­tiger Punkt zum Kraft­stoff­sparen, so Halle­fält. „Man sollte nicht tiefer als nötig bear­beiten, da jeder Zenti­meter zu mehr Belas­tung führt. Jeder Zenti­meter an Boden­tiefe bedeutet 150 Tonnen/ha.“

Strom sparen und nutzen

Zusätz­lich zu den stei­genden Inves­ti­ti­ons­kosten leiden die Land­wirte auch unter höheren Kredit- und Strom­kosten. Diese Kosten sind haupt­säch­lich über einen längeren Zeit­raum fest­ge­legt, und Land­wirte können kurz­fristig wenig tun, um sie auszu­glei­chen.

Die ange­sam­melten Schulden der schwe­di­schen Land­wirte belaufen sich auf ca. 350 Milli­arden Skr. Wenn nur die Hälfte davon auf einen um ein Prozent höheren Zins­satz neu verhan­delt werden, würden die Finan­zie­rungs­kosten um 1,75 Milli­arden Skr in die Höhe schnellen. Außerdem halten Ener­gie­be­rater Land­wirte dazu an, auf ihre Strom­nut­zung zu achten und, wo immer möglich, Strom zu sparen. Inter­es­san­ter­weise sind die Anträge für die Errich­tung von Biogas­an­lagen auf land­wirt­schaft­li­chen Betrieben nahezu um das Zehn­fache gestiegen.

SRAS arbeitet an einem „digi­talen Kraft­werk“, mit dessen Hilfe Land­wirte ihren Strom­ver­brauch besser über­wa­chen können. Außerdem wird dieses Werk­zeug in der Zukunft Land­wirten, die in ihren Betrieben Strom erzeugen, dabei helfen, ihren Über­schuss zu höheren Preisen zu verkaufen.