Viele Regionen der Welt sind bereits von Wasserarmut bedroht und auch in Europa wird Wasser knapp. Auch die Landwirtschaft trägt zum Wassermangel bei. Aber wir können voneinander lernen, wie wir der Wasserarmut begegnen. Auf unserer Reise haben wir landwirtschaftliche Betriebe in Regionen besucht, die stark unter Wassermangel leiden, wie beispielsweise Jordanien und Kenia.
Es hat nicht lang gedauert, bis wir erkannt haben, dass wir sehr passiv waren: Wasser ist knapp, aber wir haben dennoch kein Regenwasser genutzt.
Rakan Mehyar, Carob Farm, Jordanien
Seit Rakan Mehyar, Besitzer einer Johannisbrotfarm in Madaba, Jordanien, mit der Landwirtschaft angefangen hat, erlebt er Wasserarmut. Madaba liegt in einem Steppenklima mit einem durchschnittlichen Jahresniederschlag von nur 191 mm pro Jahr. Als Rakan mit der Landwirtschaft begann, legte er seinen Betrieb darauf aus, Regenwasser so effizient wie möglich aufzufangen, zu speichern und zu nutzen. Während einer Betriebsführungen erklärte er, dass für die Auslegung eines Wassermanagementsystems zunächst einmal der höchste Punkt auf dem Gelände des landwirtschaftlichen Betriebs bestimmt werden muss.
Den Wasserfluss verlangsamen
Rakan bremst den Wasserfluss mit Hilfe von Felsen und leitet den Wasserlauf mit Rohren um. In Bodensenken verteilt sich das Wasser auf dem Feld. Diese Sie sind von Bäumen umringt, die für das Funktionieren der Bodensenken eine erhebliche Rolle spielen. Bei unserem Gang um die Bodensenken erklärt Rakan, dass das Wasser ohne die Bäume zerstörerisch wäre, da es mit großer Geschwindigkeit durch die Bodensenken fließen würde. Die Bäume mit Ihren Wurzelsystem speichern das Wasser im Boden und stabilisieren die Landschaft, indem sie den Boden widerstandsfähiger gegen Erosion machen.
Jedes Jahr, wenn es regnet, gibt es ein natürliches System, das sich selbst nährt, indem es Wasser speichert und ein Ökosystem erzeugt, welches sämtliche Leistungen erbringt, die für das Wachstum der Ernte erforderlich sind, und das den Boden fruchtbarer macht als zuvor.
Rakan Mehyar
Wir haben Rakan gefragt, was ihn dazu bewogen hat, mit der Regenwassernutzung zu beginnen. Er berichtet, dass Niederschläge im Winter zu schweren Regenwasserüberflutungen führen würden, die Erosion nach sich ziehen und den Oberboden wegspülen. Da hatte Rakan die Idee, diese Überflutungen zu nutzen und ein Reservoir zur Wasserspeicherung zu bauen. Er begann damit, Regenwasser in einem überdachten Becken über der Erde aufzufangen. Dies sei eine günstige und relativ einfache Lösung für das Problem gewesen.
Fadoul Kawar, ein anderer Landwirt in derselben Region, betreibt seit fünf Jahren ebenfalls regenerative Landwirtschaft. Obwohl sich sein Betrieb noch im Übergang zu dichtem Bewuchs befindet, ist die Bodengesundheit bereits deutlich besser als auf den benachbarten Feldern, die seit Jahren überweidet werden. Fadoul hat sein Feld mit Mulch bedeckt, um Feuchtigkeit zu binden. Selbst in den trockensten Zeiten des Jahres sieht sein Feld dunkler aus als die Felder in der Nachbarschaft.
In den ersten Jahren plante Fadoul sein Feld, um das Wasser aus Regengüssen möglichst effizient nutzen zu können. Er bestimmte den höchsten Punkt am Ende des Felds und leitetet das Wasser durch strategisch platzierte Steine in einen natürlichen Teich zur Speicherung. So kann sich das Wasser später langsam im Boden verteilen.
Von Wasser der Regierung abhängig zu sein, ist nicht nur teuer, sondern auch nicht nachhaltig.
Fadoul Kawar aus Jordanien
Noch ist Fadoul dabei, seine Anlage fertigzustellen. Daher ist er immer noch von Wasser der Regierung abhängig, für das er 2,5 JOD (3,22 €) pro Kubikmeter bezahlt. Doch sobald seine Anlage fertiggestellt sei, so sagt er, könne er mehr Wasser in seinem Feld speichern, was den Bäumen helfe, Wasser zu halten und die Bodenfeuchtigkeit zu steigern.
Über Cycle to Farms
Begonnen haben wir die Reise im Mai 2022 in den Niederlanden. Bisher führte und die Route über Deutschland, Österreich, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Albanien, Griechenland, Ägypten und Kenia. Derzeit sind wir in Ruanda unterwegs und besuchen dort ebenfalls Betriebe.
Wir haben bereits viele regenerativ wirtschaftende Betriebe besucht und wertvolle Erkenntnisse und Einblicke zur Umstellung auf eine klimaresiliente Landwirtschaft gewonnen. So konnten wir Praktiken kennenlernen, mit denen Landwirte ihrer Flächen regenerieren. Außerdem haben wir erfahren, wie Landwirte bestmöglich unterstützt werden und wie andere dazu inspiriert werden können, ebenfalls auf regenerative Landwirtschaft umzustellen.
Die besuchten Betriebe sind unterschiedlich groß – von einigen wenigen bis zu mehreren Tausend Hektar – und weisen unterschiedliche Bodentypen auf, deren Spektrum von Tonböden über felsige bis hin zu sandigen Böden reicht. Außerdem kommen unterschiedliche Produktionssysteme zum Einsatz, zu denen neben Ackerbau, Obstgärten, Agroforstwirtschaft und Gartenbau häufig auch Mischformen treten.
Trotz aller Unterschiedlichkeit verfolgen die Betriebe ein gemeinsames Ziel: den Kampf gegen den Klimawandel durch Verbesserung der Bodengesundheit, ein intelligentes Wassermanagement und die Erhöhung der Biodiversität. Sämtliche Landwirte, die wir besucht haben, arbeiteten lösungsorientiert und konzentriert nach gemeinsamen Grundsätzen, während sie gleichzeitig ihre individuellen Praktiken und spezifischen Geschäftsmodelle beibehielten.
Mehr zu Aisha und Lukas auf www.cycletofarms.com
Joseph Lentunyoi, ein Landwirt im Laikipia Permaculture Center (LPC) in Laikipia County, Kenia, lebt wie Rakan und Fadoul in einer semiariden Region, die von Wasserarmut betroffen ist. Josephs Betrieb befindet sich in einer Stadt mit dem Namen Jua Kali, was übersetzt „brennende Sonne“ bedeutet und damit das Klima der Region sehr treffend beschreibt. In der Regel gibt es in der Region zwei Trockenzeiten (Januar-Februar und Juli-Oktober) und zwei Regenzeiten (März-Mai und Oktober-November) mit leichten Schwankungen von ein paar Wochen. Der Klimawandel hat allerdings dazu geführt, dass Wasser immer knapper wird und die Wasserstände in Flüssen und Stauseen enorm schwanken, weil sie von den Niederschlägen abhängig sind.
Wir bewässern einmal in der Woche und verwenden Mulch. Unter den Papayabäumen bauen wir Mais, Rosmarin, Straucherbse und Kohl an und wenden dabei die Schwadablage-und-Häcksel-Methode an. Wir müssen nicht viel Mulch von extern besorgen, weil ihn die Pflanzen hier erzeugen, und das aufgefangene Wasser bleibt ebenfalls eine lange Zeit hier.
Joseph Lentunyoi, LPC, Kenia
Für das Wassermanagement und den Umgang mit extremer Dürre wendet Joseph verschiedene Methoden zur Steuerung von Wasserflüssen an. Wie Rakan und Fadoul nutzt er das Drei-V-Verfahren der Verlangsamung, Verteilung und Versenkung von Wasserflüssen, wie etwa Bodensenken. Außerdem nutzt er Mulch und sogenannte Zai-Gruben. Das sind Bepflanzungsgräben mit einer Breite von etwa 25 cm und einer Tiefe von 15 cm, die mit Dung und organischen Düngern gefüllt sind und Überschwemmungen verhindern.
Joseph und sein Team bevorzugen das Anpflanzen von einheimischen Bäumen, die an Trockengebiete angepasst sind, zum Beispiel Straucherbse und afrikanische Olive. Diese Methoden werden auch in Modellbetrieben zur Demonstration möglicher nachhaltiger Produktionssysteme angewendet.
Während unseres Besuchs in Lakiji besichtigten wir einen dieser Modellbetriebe, der zwischen zwei großen Viehfarmen lag. Bei unserer Ankunft lernten wir eine Gemeinschaft, bestehend aus 100 Menschen verschiedener Ethnien, Geschlechtern und Altersklassen, kennen, die neu in der Landwirtschaft tätig waren.
Wassermanagement in Regionen mit
Wasserüberschuss
Wenn wir an Wassermanagement denken, konzentrieren wir uns häufig auf Wasserknappheit und nicht auf dem Umgang mit überschüssigem Wasser. In Kenia sprachen die meisten Landwirte, mit denen wir uns unterhielten, über Knappheit. In Kericho County trafen wir Landwirte, die von Wasserüberschuss sprachen. Sie erwähnten, dass es oft zu zu starken Regenfällen komme, die den Oberboden mit all seinen Nährstoffen mit sich reißen. Der Klimawandel sorge für sich ändernde Wettermuster und unberechenbare Niederschläge. Daher müssten Landwirte in wasserreichen Regionen den Schwerpunkt auch auf Methoden zur Wasserspeicherung legen.
Wir haben hier in Kericho viel Regen. Da sprechen wir von über 2500 mm Regen in einem Jahr. Zeitweise erreichen wir eine Regenmenge von 60 mm pro Tag. Können Sie sich vorstellen, was dann passieren kann?
Aggrey Simuyu, Finleys, Kenia
In Kericho, Kenia, besuchten wir den Betrieb Finlays, einen konventionellen 5000-ha-Betrieb, der alle Arten von Tee für den Export produziert. Aufgrund der wachsenden Nachfrage wird der bioloische Anbau von 10 auf 250 ha erweitert. In einem Gespräch mit Aggrey Simuyu, dem leitenden Produktmanager bei Finlays, erklärte er, dass sie nun auch regenerative Methoden anwenden würden. Eine besondere Herausforderung stelle das hügelige Gelände dar, da es anfällig für Bodenerosion sei. Sie hätten auch festgestellt, dass in Gebieten, in denen der Boden kahl sei, die Bodenfruchtbarkeit gering und die Qualität der Ernte schlecht sei.
Zur Bewältigung dieses Problems legten sie zunächst Bodensenken entlang der Feldkonturen und Gräben in den Felder an. Außerdem fanden sie heraus, dass das Anpflanzen von Zwischenfrüchten wie etwa Minze, die niedrig wächst und den gesamten Boden bedeckt, eine große Hilfe darstellt. Die vielen Blätter der Minzpflanzen beschatten dem Boden, und die Wurzeln halten den Boden fest und schränken die Erosion ein. Des Weiteren stellten sie fest, dass bei ausschließlichem Anpflanzen von Zitronengras der Boden nicht genug abgedeckt ist. Zur Behebung dieses Problems planen sie nun das Anpflanzen von Leguminosen, die sowohl als Stickstoffbinder als auch als Zwischenfrüchte. Zum Ende der Wachstumszeit können sie die Früchte abschneiden und zum Mulchen des Bodens verwenden. So wird die Bodenerosion vermindert und die Bodengesundheit geschützt.
Während unserer Fahrradtour durch Deutschland besuchten wir Hof Lebensberg, einen Betrieb in der Nordpfalz im Südwesten Deutschlands. Er befindet sich auf einem üppigen grünen Hügel mit wunderschöner Aussicht. 2020 haben Paul und Janine Raabe Hof Lebensberg gegründet. Ihr Ziel ist die Errichtung eines Ökosystems, dass das Klima aktiv schützt, die Bodenfruchtbarkeit und Wasserzyklen verbessert, den Lebensraum verschönert und dabei große Mengen nahrhafte Lebensmittel produziert.
Bei der Besichtigung des 30 Hektar großen Betriebs befragten wir Janine auch zur Wassernutzung. Sie erklärte, dass sie zur Bewässerung ihres Gemüses und ihrer jungen Bäume einen alten Brunnen nutzen würden. Außerdem hätten sie ausschließlich mit Hilfe von lokalem Lehm und ohne Plastikfolien einen natürlichen 800-m³-Teich angelegt. Dieser Teich diene zur Aufnahme von Dachflächen- und Niederschlagswasser im Winter und zur Verwendung des Wassers im Sommer. Wie die meisten anderen Landwirte, die wir besucht haben, machten sie sich das Keyline-Wassermanagement zunutze, um die Wasserinfiltration zu verbessern und Standorte so anzulegen, dass sie Wasser effektiv nutzen.
Während wir durch die Hecken spazierten, wies Janine daraufhin, dass der Aufbau von Humus und die Anwendung von Mulchmaterial auf allen landwirtschaftlichen Flächen ebenfalls ein sehr wichtiger Baustein des Wassermanagements sei.
Humus und Mulch wirken im Boden wie ein Schwamm und können Wasser aufnehmen, dass sich an diesen Stellen ansammelt. Dieser Schwammeffekt verhindert Verdunstung und das Austrocknen des Bodens im Sommer. Im Grunde versuchen wir, sehr vorsichtig mit Wasser umzugehen, und unsere Gemüse und anderen Früchte nur mit Tropfbewässerung oder Mikrosprinkleranlagen zu bewässern, wenn es nicht anders geht.
Janine Raabe, Hof Lebensberg, Deutschland
Regenerative Landwirtschaft und Wassermanagement
Bei allen regenerativen Landwirtschaftsbetrieben, die wir besuchten, stand die Bodengesundheit im Mittelpunkt. Dadurch verbessert sich das Wassermanagement automatisch. Fruchtfolge, Zwischenfruchtanbau und Agroforstwirtschaft sind Beispiele für Praktiken, die dazu beitragen, dass Wasser besser vom Boden aufgenommen und Abflüsse verringert werden, was wiederum die Wasserrückhaltung im Boden verbessert, und Überschwemmungen und Bodenerosion verringert.
Als wir Rakans Landwirtschaftsbetrieb besuchten, war es mit 30 bis 40 °C glühend heiß, und wir waren neugierig auf die Bodentemperatur. Daher entschieden wir uns, einen einfachen Bodentemperaturtest durchzuführen. Dabei untersuchten wir den mit Mulch abgedeckten Boden, Boden unter dem Agroforstwirtschaftsbereich sowie den kahlen Boden des angrenzenden Betriebes. Die Ergebnisse waren interessant, jedoch nicht wirklich überraschend. Die Temperatur auf dem kahlen Feld betrug 28 °C, die Temperatur des mit Mulch abgedeckten Bodens 25 °C und die Temperatur des Bodens unter dem Mulch und der Agroforstwirtschaft 19 °C.
Die Aufrechterhaltung einer konstanten Bodentemperatur, die nicht zu hoch und nicht zu niedrig ist, ist für die Bodenatmung wichtig, die einen wesentlichen Prozess zur Regulierung der für Pflanzen verfügbaren Wassermenge darstellt. Die Bodenatmung ist eng mit dem Wachstum und der Aktivität von Bodenorganismen verbunden, die für die Aufrechterhaltung eines gesunden und fruchtbaren Bodens von enormer Bedeutung sind.
Vorbereitungen für eine trockenere Zukunft
Da viele Regionen der Welt in Zukunft immer stärker der Wasserarmut ausgesetzt sind, nimmt die Dringlichkeit für sofortiges und entschlossenes Handeln zur Vorbereitung auf eine trockenere Zukunft zu. Auf unserer Reise haben wir Betriebe besucht und gelernt, dass es unabhängig davon, ob Wasserknappheit oder Wasserreichtum herrscht, eine Reihe von Methoden gibt, die dazu beitragen können, die Auswirkungen der Dürre zu mildern.
Diese Methoden umfassen die Verbesserung der Bodengesundheit, die Verringerung von Wasserabflüssen und den Aufbau organischer Substanz. Sie haben das Potenzial, den Bedarf an Bewässerung erheblich zu reduzieren und zu einer höheren Wasserqualität zu führen. Außerdem können diese Methoden dabei helfen sicherzustellen, dass künftige Generationen besser auf die in den kommenden Jahren bevorstehenden unvermeidlichen Wasserknappheiten vorbereitet sind.