Traktor-Repa­ratur mit Gene­ral­probe

An einer Schule in Sambia stand ein alter 2030 LS Traktor mit Getrie­be­schaden in der Werk­statt. Um ihn wieder flott zu machen, sollte Günter Becker, John Deere Experte im Ruhe­stand, bei der Repa­ratur helfen. Damit dabei nichts schief­geht, suchte er sich vorher ein bauglei­ches John Deere Modell in Deutsch­land.

Günter Becker kennt John Deere Trak­toren wie seine Westen­ta­sche. Schließ­lich hat er neun Jahre als tech­ni­scher Trainer in Bruchsal gear­beitet, bevor er 2021 in den Ruhe­stand ging. Wenn er ein Modell einmal doch nicht kennt, weiß er ganz genau, wie er an die Infos kommt.

Das ist nötig, als er im Herbst 2023 von der Lieben­zeller Mission um Hilfe für ein beson­deres Projekt gebeten wird: Auf einem Schul­ge­lände der Stif­tung in Sambia sei ein alter 2030 LS eigent­lich täglich im Einsatz, um das leicht feuer­fan­gende Step­pen­gras um die Schule herum in Schach zu halten.

Ein ganz großer Vorteil bei John Deere ist die lücken­lose Doku­men­ta­tion. Selbst bei einem alten Traktor aus den Sieb­zi­gern sind die Pläne noch vorhanden und exakt.

Günter Becker

Der Oldtimer aus den Sieb­zi­gern läge aber nun schon eine Weile fußlahm in der Werk­statt und vor Ort wisse man sich nicht mehr zu helfen mit dem alten deut­schen Trecker. Stif­tungs­chef Michael Pflaum kannte Becker schon von früheren Koope­ra­tionen und wandte sich direkt an ihn. Becker, der schon als junger Mann seine tech­ni­sche Exper­tise bei Hilfs­mis­sionen in Papua-Neuguinea zur Verfü­gung gestellt hatte, sagte sofort zu.

Gute Vorbe­rei­tung mit bauglei­chem Traktor

Um den Mecha­ni­kern in Sambia zu helfen, muss Becker erst einmal verstehen, wo dem alten Traktor der Reifen drückt. Die einzige Info: Das Getriebe sei kaputt. Ab 1972 löste John Deere die 20er Reihe mit der 30er Reihe ab – und setzte dabei auf ein Last­schalt­ge­triebe: 24 Gänge, die mit 20 Prozent Unter­set­zung unter Last ohne zu kuppeln zusätz­lich ange­passt werden können. Damals eine Revo­lu­tion für die Arbeit auf Gelände mit Stei­gung oder gegen große Wider­stände. Zunächst schaut sich Becker in Deutsch­land direkt nach einem bauglei­chen 2030er um. „Erst muss ich verstehen, was es zu repa­rieren gilt, welche Ersatz­teile und welche Werk­zeuge ich brau­chen werde.“

Warren ist der jüngste Mitar­beiter im Team. Fast 30 Hand­werker kümmern sich das ganze Jahr über um die Bedürf­nisse der Schule.
Warren hat eine Mecha­ni­ker­schule besucht und kommt immer sams­tags zum Privat­un­terrricht zu Günter Becker in die Werk­statt, um mehr über den tech­ni­schen Aufbau zu lernen.

Ein geeig­netes John Deere Modell ist über­ra­schend schnell gefunden. Auf dem Hof des Cousins eines John Deere Kollegen stehe ein 2030 LS herum und fristet sein Dasein eben­falls mit Getrie­be­schaden. Der Kollege, Michael Schil­ling, reka­pi­tu­liert: „Den 2030 LS bin ich als Jugend­li­cher sogar selbst auf dem Hof gefahren. Als ich dann von Günters Suche erfuhr, habe ich gleich die Hand gehoben!“ Becker stimmt sich sodann direkt mit den Hofbe­trei­bern ab und legt am Traktor in Deutsch­land los. „Ein ganz großer Vorteil bei John Deere ist die lücken­lose Doku­men­ta­tion. Selbst bei so einem Alten aus den Sieb­zi­gern sind die Pläne noch vorhanden und bis ins Detail genau.“ Die nötigen Ersatz­teile besorgt er sich von einem Bekannten aus seinem John Deere Netz­werk.

In der Werk­statt zuhause nimmt sich Günter Becker das Getriebe des bauglei­chen Trak­tors vor, um sich auf die Repa­ratur in Sambia best­mög­lich vorzu­be­reiten.
Ausge­stattet mit dem prak­ti­schen Wissen Beckers und den detail­ge­treuen John-Deere-Plänen kommen die Mecha­niker gut voran.

„Zuerst baue ich mir eine umfas­sende System­kenntnis auf, dann weiß ich, was ich messen muss; welche Drücke ich brauche; wo die Schwach­punkte liegen und welches Equip­ment ich benö­tige“, erklärt Becker, der es als gelernter Mess- und Regel­me­cha­niker ganz genau nimmt. Beim 2030 auf dem Schil­linghof stellt sich heraus, dass durch eine defekte Dich­tung Öl ausge­laufen war, was dann zu einem Getrie­be­schaden geführt hatte.

Mit Leiden­schaft am Last­schalter in Sambia

Ausge­stattet mit diesem Wissen und 60 Kilo schweren Gepäck­kof­fern voller Ersatz­teile, Mess­in­stru­mente und Werk­zeug fliegt Becker im November nach Sambia, das zentral in der südli­chen Hälfte des Konti­nents liegt. Ange­kommen an der Schule zeigen ihm die Mecha­niker das corpus delicti. Für ihn wird dank seiner Vorbe­rei­tung schnell klar: auch hier hat fehlendes Öl das Getriebe beschä­digt.

Mit dem tech­ni­schen Know-how, das Günter Becker mitbringt, lernen Warren und seine Kollegen mehr über das ganze System und können ihren Traktor auch künftig besser in Schuss halten.

Die alten Trak­toren haben viel zu tun an der Schule. Eine zentrale Aufgabe ist die Land­schafts­pflege in dem trockenen Gebiet, in dem sich Brände rasend schnell ausbreiten können.

Kumwenda (r.) ist der älteste Mitar­beiter des Teams und trägt die Verant­wor­tung für alle Repa­ra­turen. Ihm ist es wichtig, dass sie den Input von Günter Becker auch nach seiner Abreise weiter anwenden können.

„Im Getriebe befinden sich Lamellen, die durch einen Öldruck von etwa 10 bar stabil gehalten werden. Sinkt der Öldruck, schleift die Kupp­lung. Sinkt er weiter entsteht Reibung und die Lamellen verbiegen sich – das Getriebe geht kaputt. In Sambia war die System­kenntnis zum Traktor nicht so hoch, sodass sie nicht ausrei­chend auf den Ölstand geachtet haben und auch nicht wussten, welche Flüs­sig­keiten über­haupt ins Getriebe dürfen.“

Genau da setzt Günter Becker an. Gemeinsam arbeiten er und die Mecha­niker sich durch die Schalt­pläne, erklärt er wie die einzelnen Teile über das Grund­ver­ständnis hinaus zusam­men­ar­beiten, wie wichtig Wartung und Pflege für vor allem alte Maschinen sind.

Ich möchte bei Menschen die gleiche Begeis­te­rung und Leiden­schaft für das eigene Schaffen wecken, die ich selbst auch habe.

Günter Becker

Seine Aufgabe ist dabei nicht nur die Repa­ratur, sondern auch, ein umfas­sendes Verständnis zu fördern. Denn am Ende seines etwa einmo­na­tigen Aufent­halts sollen die Mecha­niker besser geschult sein. „Für mich ist das eine große Freude, Menschen in die Lage zu versetzen, etwas selbst zu können. Ich möchte bei Menschen die gleiche Begeis­te­rung und Leiden­schaft für das eigene Schaffen wecken, die ich selbst auch habe.“

Bezie­hungen und Maschinen benö­tigen Pflege

Dazu gehört es, sich offen mit den Kulturen ausein­an­der­zu­setzen. In Sambia gibt es die größten Agrar­be­triebe Afrikas mit hoch­mo­dernen Maschinen und gleich­zeitig viel Armut und einfa­chen Bauern direkt daneben. „Meine zehn Jahre in Papua-Neuguinea haben mir sehr geholfen, in diesem inter­kul­tu­rellen Kontext zu arbeiten. Das erfor­dert schon ein anderes Finger­spit­zen­ge­fühl“, erzählt Becker.

Kumwenda, Warren, George (tech­ni­scher Einkäufer und ausge­bil­deter KfZ-Mecha­niker) und Kefas (nicht im Bild, aber als ausge­bil­deter Elek­triker ein wich­tiger Mitar­beiter der Schule) und Günter Becker sind stolz auf ihre Arbeit – und sehen sich schon bald wieder.

Über vier Wochen arbeitet er mit Kumwenda, Kefas, George und Warren am 2030 LS und baut tolle Bezie­hungen auf – für Becker ein Kern­aspekt jeder Zusam­men­ar­beit – ehe es für ihn zurück nach Deutsch­land geht. Diese Bezie­hungen pflegt Becker aber schon bald weiter: Die Schule hat noch einen zweiten John Deere Oldtimer zum Mähen, einen 1630 S, der auf seine Repa­ratur wartet. Dazu wird sich Becker eben­falls die Doku­men­ta­tion besorgen und zur Repa­ratur wieder nach Sambia reisen – teil­weise mit Ersatz­teilen im Gepäck, teil­weise vor Ort bestellt, da man auch in Afrika gut an John Deere Teile kommt.

Becker freut sich schon auf seinen nächsten Einsatz. „Schon nach vier Wochen merkt man, die Leute sind verän­dert. Die gehen als Gewinner vom Platz, weil sie ein Projekt selbst­ständig nach vorne gebracht haben. Und das ist auch wieder meine große Über­zeu­gung im Leben – Projekte voran­bringen. Das hat bei John Deere für mich immer wunderbar funk­tio­niert, darum freut es mich, dass ich das auch in meinem Ruhe­stand weiter­tragen kann.“