Landwirte und Agronomen arbeiten zusammen
Paul Champouillon und sein Vater sind Mitglied von GAEC des Tissages, einer landwirtschaftlichen Erzeugergemeinschaft in Roville-devant-Bayon bei Nancy (Meurthe-et-Moselle). „Ich habe Glück, einen Vater zu haben, der viele meiner Sichtweisen teilt“, erzählt der 22 jährige Paul Champouillon. Ihre Methode für den Anbau von Weizen, Gerste und Raps klingt nach einer Menge Arbeit. „Große Sorgen bereitet uns die Unkrautbekämpfung, und wir müssen viel Zeit dafür aufwenden“, stellt er fest. „Außerdem bräuchten wir eigentlich noch leistungsstärkere Traktoren für die Bodenbearbeitung. Das ist aber undenkbar!“

Wenn man mich auf Kosteneinsparungen anspricht, antworte ich, dass ich 80 €/ha in meine Zwischenbegrünung investiere.
Paul Champouillon
Agrarwissenschaft bringt Licht ins Dunkel
Besorgt über die Bodengesundheit trifft sich der junge Lothringer mit Fachleuten des unabhängigen Beratungsunternehmens Agroleague – Hier kommen Landwirte und Agronomen in Kontakt.

Und so wurde eine Entscheidung gefasst: Der Betrieb wendete sich der Direktaussaat mit vielgliedrigerer Fruchtfolge und ganzjähriger Begrünung zu. „Es klingt wie ein Witz. Wenn man mich auf Kosteneinsparungen anspricht, antworte ich, dass ich jetzt 80 €/ha in meine Zwischenbegrünung investiere“, sagt Champouillon.
Als gute Basis dient der wertvolle organische Dünger, den die 120 Milchkühe erzeugen. Pro Parzelle liefern sie alle zwei Jahre 25 bis 30 t Dung. Der Verzicht auf jedwede Bodenbearbeitung zeigt bei Getreide und Raps seine Wirkung. Bei Maissilage gehen die Champouillons behutsamer vor. Hier streben sie, zumindest temporär, den Einsatz des sichereren Strip-Till-Verfahrens an.
Der Haney-Test: Neuer Indikator für bessere Düngung
Im Zuge der Verbesserung seiner Düngung ist Paul Champouillon letzten Frühling auf den sogenannten Haney-Test gestoßen. „Ich wollte einen einfachen Indikator haben, mit dem ich die Entwicklung der Bodengesundheit messen kann“, verrät der junge Landwirt.

Beim Haney-Test einer US-amerikanischen Universität werden die Menge an organischem Material im Boden, die Kationenaustauschkapazität und die biologische Aktivität neu bewertet. Dabei werden herkömmlichen Analysen um die Messung der mikrobiellen Atmung über 24 Stunden erweitert – und das zu einem erschwinglichen Preis.
Ergänzt wird diese Messung um weitere Indikatoren zu biologischen Aktivität. „Agroleague hat mich davon überzeugt, meine Zwischenfruchtmischungen zu diversifizieren“, erklärt Paul Champouillon. „Ich weiß, dass sie auf Gundlage der Ergebnisse des Haney-Tests Versuche zur Verringerung der Stickstoffgeben betreiben.“
Bodenbedeckung für einen erfolgreichen Anbau

„1992 herrschte große Unsicherheit bezüglich der Hilfsgelder aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, aber nicht mal zu dieser Zeit waren die Preisbedingungen so brutal wie heute“, erinnert sich Eric Korcaba. Wie viele andere hatte er als Reaktion darauf seine Anbaumethoden vereinfacht. Mit seiner Tochter Elise, die mittlerweile den Familienbetrieb leitet, nutzte er agrarwissenschaftliche Erkenntnisse, um dem gemeinsamen Betrieb die nötige Resilienz zu verleihen.
„2016 war ein sehr schwieriges Jahr“, führt er weiter aus. „Ich habe alles infrage gestellt und Kosteneinsparungen vorgenommen. Also blieb ich als einzige Arbeitskraft auf dem Betrieb mit 350 ha übrig!“ Diese schwierigen Phase, in der er die Aussaat alleine mit einer 3 m breiten Anhängekombination erledigte, war zugleich der Ausgangspunkt für eine vielfältigerer Fruchtfolge. Die umfasst nun mehr Frühjahrs- bis Winterfruchtarten.
Vorteile für unseren Böden das Wasserhaltevermögen: Begleitfrüchte können Kosten senken.
Elise Korcaba
Bruttomargen im Blick behalten
Elise Korcaba, die einzige Tochter, hatte ursprünglich eine Karriere im juristischen Bereich angestrebt. Als der Betrieb jedoch um 90 ha vergrößert wurde, sudierte sie Landwirtschaft und wurde Landwirtin. Heute umfasst der Betrieb der Korcabas 420 ha und besteht aus vier Parzellen mit heterogenen Bodenverhältnissen. Einige Bereiche sind schluffig, andere tonhaltig oder fast schon kieselig. Die Region liegt weder an einem Hafen noch in der Nähe der verarbeitenden Industrie, darüber hinaus sind die Erträge begrenzt. Hier muss die Bruttomarge also auf jeden Euro genau kalkuliert werden. Daher kann der Betrieb mit einer Kapazität von 1.200 t einen großen Teil seiner Ernte einlagern. Während sie ihre Excelkenntnisse unter Beweis stellte, „hat mein Vater hat in Bezug auf die Betriebswirtschaft wertvolle Erfahrungen gemacht“, gibt Elise zu.

Begleitpflanzen als neuer landwirtschaftlicher Ansatz
Vater und Tochter teilen nicht nur ihre Leidenschaft für die Landwirtschaft, sie sind auch sehr kontaktfreudig. So hat Elise Astrid Cassaz bei Agroleague Astrid Cassaz kennengelernt und in ihr eine kompetente Beraterin gefunden, die ihr mit Rat und Tat zur Seite steht. Im vergangenen Jahr erprobten die Landwirtinnen die Aussaat von Raps in Kombination mit Speisebohnen als frostharte Begleitpflanze. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: 25 dt/ha Ertrag bei Betriebskosten von lediglich 320 €/ha. Ermöglicht wurde dies durch einen sehr zurückhaltenden Einsatz von Unkrautbekämpfungsmitteln und der Ausbringung nur eines einzigen Insektizids gegen den Rapsstängelrüssler.
Astrid Cassaz hatte von Anfang an dazu geraten, die Begleitpflanzenmischung auszuprobieren. Erfolgreiche Bodenbedeckung für erfolgreichen Rapsanbau – so lautet hier jetzt die Devise.

„Das Wasserhaltevermögen unserer Böden ist nicht ideal. Wir müssen also darauf achten, dass wir nach der Ernte ausreichend Feuchtigkeit für die Direktaussaat haben. Außerdem müssen wir aufpassen, daß das Saatgut nicht mit zu viel Erde bedeckt wird“, verrät uns Elise Korcaba. Für die Aussaat soll eine 6 m breite, faltbare Sämaschine angeschafft werden, um wegen der Qulität mich mit zu hoher Geschwindigkeit arbeiten zu müssen, die Arbeitsstunden reduzieren zu können und die Straßentransporte zu vereinfachen.
Aber das sind noch nicht alle Neuerungen: Für die Sonnenblume, die im nächsten Frühjahr ausgesät wird, will der Betrieb aus Sainte-Thorette probeweise eine komplette Begleitbepflanzung, wahrscheinlich mit Klee, ausprobieren. Das darauf folgende Wintergetreide soll dann von einer verbesserten Bodenstruktur und der Stickstoffzufuhr profitieren.
Bessere Erträge und Qualität durch Sortenmischungen
Die Zahl überrascht: 2021 wurde 17,5 % der Felder mit einer Winterweichweizenmischung bestellt. Dagegen kam die Hochleistungssorte Chevignon lediglich auf 13 %. Genossenschaften und der Handel sahen diese Entwicklung am Anfang nicht unbedingt wohlwollend, bieten aber künftig saatfertige Mischungen an. Das beweist, wie viele Vorteile Landwirte in dieser Praxis sehen.

Bei Weichweizen und Gerste sind Sortenmischungen wieder üblich.
Francis Brault
Obwohl er sich selbst nicht als Experte in Sachen Saatgutmischungen bezeichnen würde, hat uns Francis Brault einen interessanten Einblick in seine Erfahrungen mit der Verwendung von Saatgutmischungen und seine Kosteneinsparungen bei der Anwendung des Strip-Till Verfahrens gegeben.
Gewünschte Eigenschaften verbinden
Francis Brault verwendet, wie er selbst sagt, eher unkonventionelle Maschinen zur Bodenbearbeitung und Aussaat. Bei der Auswahl der Weizen- oder Gerstensorten vertraut er jedoch komplett auf seine Genossenschaft Bonneval Beauce-et-Perche, die für ihren guten landwirtschaftlichen Dienst bekannt ist. In einem Video von 2021 räumt ein Servicetechniker der Genossenschaft mit einem weit verbreiteten Mythos auf: Keine Mischung kann mit zwei toleranten Sorten die Empfindlichkeit beispielsweise gegenüber Pilzen einer dritten Sorte auffangen. Es geht vielmehr darum, gewünschte genetische Eigenschaften zusammenzufassen. Bei gleichem Abreifezeitpunkt glättet die Sortenmischung Erträge und Qualität weiter – und das mit weniger Bewässerung, einem gleichmäßigeren Proteingehalt und einem stabilerem Gewicht.
„Mischungen sind jetzt gang und gäbe“
„In diesem Jahr verwende ich eine Mischung aus drei Weichweizensorten: Chevignon, Extase und Junior“, erläutert Francis Brault. „Bei Futter-Wintergerste setze ich auf die sechszeiligen Sorten KWS Joyau, KWS Exquis und Amistar.“ Er ist überzeugt, dass diese Mischungen nicht so stark auf Fungizide angewiesen sind. Die Saatdichte der Mischungen wird wegen der Beschaffenheit des Saatbeets bei Anwendung der Stip-Till -Technik mit 280 Körnern/m2 etwas höher angesetzt. Bei der Luzerneaussaat setzt Brault ebenfalls auf eine Mischung aus drei Sorten. Anders sieht es beim Backweizen aus, hier setzt er wegen des hohen Proteingehalts auf die Sorte Izalco. Neben den genannten Fruchtarten baut Brault außerdem noch Winter-Speisebohne an.
Zeiteinsparungen mit Strip-Till
Seit drei Jahren setzt Francis Brault auf seine 120 ha das Strip-Till-Verfahren ein. er schwört auf einen Reihenabstand von 30 cm in Verbindung mit einer breiten Aussaat. Der große Reihenabstand vereinfacht eine mechanische Unkrautbekämpung. Auserdem sind die Pflanzen gut belüftet und können Pilzattacken besser abwehren. Da zwischen den Saatreihen keine Bodenbearbeitung stattfindet kann nach einem Regenschauer das Wasser besser versickern.
Direkt nach der Ernte arbeitet er mit einem 7,5 m breiten Strohstriegel und mit hoher Geschwindigkeit bei einem Dieselverbrauch von weniger als 2 l/ha, um Ernterückstände zu zerkleinern, den Boden einzuebnen und Unkrautsamen und Ausfallgetreide zur Keimung anzuregen.
Zum Zeitpunkt der Aussaat kommt seine 3 m breite Sämaschine zum Einsatz, die mit bis auf 17 cm Tiefe einstellbaren Lockerungszinken vor den eigentichen Saatzinken ausgestattet ist. Bodenbearbeitung und Aussaat sind dank der Strip-Till-Technik in einem Arbeitsgang möglich und erlauben eine Flächenleistung von bis zu 15 ha/Tag.
„Die Zeitersparnis ist beachtlich und die Wetterverhältnisse bereiten mir deutlich weniger Stress. Darüber hinaus verbessern sich meine Böden stetig. Früher brauchte ich für Lockerung und Aussaat einen 6-Zylinder-Traktor – in diesem Jahr habe ich das mit meinem neuen 4-Zylinder geschafft.“
Zeit, die Brault in ein ehrgeiziges Familienprojekt stecken kann: Mit der Hilfe einer seiner Söhne, der als Bäcker arbeitet, produziert und verkauft er auf seinem Betrieb sein eigenes Weizenmehl. Das Zertifikat HVE der 3. Stufe, den hohen Standard Haute Valeur Environnementale, hat er letzten Juli erlangt.