Herr Schittenhelm, warum suchen Sie überhaupt alternative Energiepflanzen?
Es gibt seit geraumer Zeit sehr viel zusätzlichen Mais auf unseren Feldern, der für die Biogasproduktion gebraucht wird. So viel Mais ist im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft nicht gut. Für die Agrobiodiversität, die Fruchtbarkeit des Bodens und den Gewässerschutz braucht es Alternativen zum Biogasmais.
Was kann die Silphie besonders gut?
Genau das: Vielfalt in die Landwirtschaft bringen und Nachhaltigkeit sicherstellen. Einmal gesät kann die Silphie viele Jahre genutzt werden, denn sie ist eine Dauerkultur. Dadurch ergibt sich ein Kreislauf, der weniger am Boden zehrt. Außerdem bildet die Silphie ein tiefes und dichtes Wurzelwerk, das gibt dem Boden mehr Halt – insbesondere bei Starkregen in Hanglagen. Nicht zuletzt ist eine ihrer Stärken, dass sie Blüten hat und damit in der Zeit nach der Rapsblüte die Hummeln, Bienen und andere Insekten ernährt.
Wie steht es denn um die eigentliche Aufgabe der Silphie: Wie gut ist ihr Ertrag an Biomasse?
Unter guten Standortbedingungen produziert die Silphie einen im Vergleich zu Mais ähnlichen Biomasseertrag. Die etwa 15 % niedrigere Methanausbeute, gleicht sie durch geringere Kosten aus. So spart man beim Anbau Saatgut, Schlepperdiesel, Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Und ganz wichtig aus Naturschutzgründen und im Sinne des Gewässerschutz: die Bodenbearbeitung entfällt.
Was macht das mit dem Stickstoffgehalt im Boden?
Nach der Maisernte verbleibt meist viel Stickstoff im Boden der mit den Winterniederschlägen ausgewaschen werden kann. Das ist nicht gut für unsere Gewässer. Nach der Ernte der Silphie ist das anders. Der Grund dafür ist folgender: Dadurch, dass die Silphie im Herbst nach der Ernte mit dem Häcksler nochmals kniehoch austreibt wird der noch im Boden vorhandene mineralische Stickstoff von der Silphie aufgenommen und damit vor Auswaschung geschützt. Der Wiederaustrieb ist darüber hinaus auch eine Gratis-Gründüngung.
Eine breite Palette von Nutzpflanzen ist wichtig für eine nachhaltige Landwirtschaft.
Dr. Siegfried Schittenhelm
Neuere Forschungen haben gezeigt, dass während der langen Standzeit und Bodenruhe große Mengen organischer Substanz unter der Silphie angereichert werden. Erst nach dem Umbruch der Dauerkultur und der Wiedereingliederung des Ackers in die betriebliche Fruchtfolge kommt es durch Mineralisierung zu einer hohen Stickstoffnachlieferung. Dies macht dann ein kluges Stickstoff-Management notwendig.
Sollte die Silphie den Mais dann ersetzen?
Nein, keinesfalls. Der Mais ist eine tolle Pflanze. Er ist äußerst ertragreich und hat kaum Krankheiten. Es geht nicht darum, ihn zu verdrängen. Aber den Mais auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren, ist ein gutes Ziel. Eine breite Palette von Nutzpflanzen ist wichtig für eine nachhaltige Landwirtschaft.
Was empfehlen Sie für das erste Anbaujahr?
Im ersten Jahr nach der Aussaat wächst die Silphie nur etwa einen halben Meter hoch und bringt nicht viel Ertrag. Um dennoch etwas ernten zu können, baut man sie am besten als Untersaat in Mais an. So lässt sich die Etablierung der Silphie-Dauerkultur bereits im Aussaatjahr mit einer Biomasseernte von Mais verbinden. Die Pflanze wird dann über die Jahre bis zu drei Meter hoch mit vielen Blüten und großen Blättern. Das untere Blattwerk verliert die Silphie zwar in den fast lichtdichten Beständen, aber auch das ist vorteilhaft, denn der Eintrag von Streu fördert das Bodenleben wie zum Beispiel Regenwürmer, und damit die Bodenfruchtbarkeit.
Der Wasserbedarf ist nicht zuletzt wegen der großen Blattfläche vergleichsweise hoch. Für die Bildung derselben Menge an Trockenmasse braucht die Silphie 50 % mehr Wasser als Mais. Die Silphie sollte deshalb dort angebaut werden, wo genügend Wasser zur Verfügung steht – sei es durch hohe Regenmengen, einen großen Bodenwasserspeicher oder Grundwasseranschluss. Als Zwischenfrucht in einer Fruchtfolge ist die Silphie wegen der hohen Saatgutkosten nicht zu empfehlen.
Wie sollte die Silphie gedüngt werden?
Im Sinne der Nährstoffrückführung sollte die Düngung mit den Gärresten aus Biogasanlagen erfolgen.
Und auf wie viel Fläche ist die Pflanze derzeit angebaut?
Ich kann das nur für Deutschland sagen, da liegen wir in diesem Jahr bei etwa 6.000 ha. Die Nachfrage ist in jüngerer Zeit gestiegen, der Anbau gilt hier als sogenannte „ökologische Vorrangfläche“ und wird im Rahmen des Greening von der EU gefördert.
Die Superpower der Silphie
- hoher Massenertrag für Energiegewinnung
- einmal gepflanzt, kann sie 15 Jahre und mehr auf demselben Acker stehen
- Sie schützt vor Wassererosion, da die Bodenbearbeitung entfällt
- Pflanzenschutz ist kaum nötig
- Insekten und Vögel finden auf dem Feld einen ruhigen Platz und Nahrung
- von einem Hektar Silphie wurden schon bis zu 150 kg Honig geerntet
- Aus den Fasern der Stängel können auch Papier und nachhaltige Verpackungen entstehen
Die Eigenheiten der Silphie
- Sie ist eine intensiv blühende mehrjährige Staude
- Sie braucht vergleichsweise viel Wasser