Jedes Jahr beschäftigen britische Gemüsebaubetriebe Tausende von Saisonarbeitern, um Salat zu ernten und für den Verkauf in Supermärkten vorzubereiten und zu verpacken. Allerdings stehen immer weniger Saisonarbeitskräfte aus anderen Ländern zur Verfügung – eine Entwicklung, die der Brexit und Covid19 zusätzlich verschärft haben – und einheimische Arbeitskräfte sind für die manuellen Anforderungen der Erntearbeit kaum zu interessieren.
Seit vielen Jahrzehnten verlassen sich Salat anbauende Betriebe bei der Ernte auf Saisonarbeiter, erklärt Dermot Tobin, Geschäftsführer für die Landwirtschaft bei PDM, einem führenden Salatanbauer in Großbritanien. „Fast der gesamte Salat, den man in britischen Supermarktregalen sieht, wird von Hand geschnitten. Die Beschaffung von Arbeitskräften wird zu einer echten Herausforderung, und da die Löhne schneller steigen als die Erzeugerpreise, sind die Margen wirklich knapp.“
Salat – eine wertvolle Gemüsepflanze
Inzwischen ist die Nachfrage nach Salat so hoch wie nie zuvor. Kopf- und Eisbergsalat sind die wertvollsten Feldgemüsepflanzen Großbritanniens, mit einer Ernte von rund 99.000 t im Jahr 2019 und einem Marktwert von 178 Mio £ (211 Mio €) – aber da die Ernte bisher ausschließlich durch Handarbeit erledigt werden kann, besteht möglicherwiese Gefahr für die Kontinuität der Produkion.
In Europa und den USA ist die Situation ähnlich, da auch in diesen Regionen der Zugang für Saisonarbeitskräfte geschränkt wird. Diese Situation bietet neben den geschilderten Herausforderugen auch ein erhebliches Potential für innovative Lösungen. Eine Gruppe von Unternehmen hat sich daher zusammengeschlossen, um das Problem gemeinsam anzugehen. Durch die Entwicklung einer Roboter-Salaterntemaschine hoffen sie, den Arbeitsaufwand für die Salaternte zu senken.
Mit gemeinsamen Wissen die Idee umsetzen
Bei PDM Produce und G’s Fresh, einem weiteren Anbauer und Vermarkter von Gemüse und Salat, in Shropshire, haben der Landtechnikhersteller Grimme, das Zentrum für Innovagtion, Technologie und Präzisionstechnik (Agri-EPI Centre), der Industriekamerahersteller Image Development Systems, die Harper Adams University und dem Centre for Machine Vision an der University of the West of England, ihr kollektives Wissen zusammengebracht, um eine gemeinsame Idee Realität werden zu lassen. Finanziert durch Innovate UK startete das Projekt im April 2021 und im September desselben Jahres erntete ein Prototyp bereits den ersten Salat.
Angefangen haben die Unternehmen mit dem Umbau einer Porree-Erntemaschine. Dazu wurden kegelförmige Schnecken angebracht und abgewinkelt, um so die erntereifen Salatpflanzen vom Boden anzuheben und in Klemmbänder zu befördern. Das Ziel ist, die äußeren Deckblätter mechanisch zu entfernen, mit Hilfe einer Kamera sowie maschinelle Bildverarbeitung den Schnittpunkt an jedem Stiel genau zu identifizieren und mit einem Messer den Salat automatisch abzuschneiden, wobei etwa 3 mm Stiel übrig gelassen werden sollen.
„Der anspruchvollste Teil besteht darin, die richtige Schnittstelle zu identifizieren und das Messer auszulösen“, erklärt Duncan Ross, Projektentwicklungsmanager bei Agri-EPI. Es gilt einige Herausforderungen zu überwinden, da Schmutz, der beim Entfernen der Salatblätter entsteht, die maschinelle Sicht verdeckt.
Derzeit ist die Erntemaschine an der Seite eines Traktors montiert. Dabei wird der Fahrer von einem Kamerasystem geführt. Das langfristige Ziel ist es, drei Erntemaschinen mit einer Packstation zu kombinieren, damit die durch den Roboter geernteten Salate anschließend von Hand verpackt und sofort für den Großhändler zusamengestellt werden können. Der Roboter hat das Potenzial, den Arbeitsaufwand zu halbieren und macht das mühselige Bücken auf den Feldern zum Schneiden des Salats überflüssig.
Der anspruchvollste Teil besteht darin, die richtige Schnittstelle zu identifizieren und das Messer auszulösen.
Duncan Ross
Derzeit befindet sich das Projekt noch in der Machbarkeitsphase, und es wird noch eine Weile dauern, bis sie auf den Salatfeldern Großbritanniens und auf dem Kontinent zu sehen sein wird. Zu Beginn wird die Maschine wohl vor allem bei größeren Anbauern zum Einsatz komen, die es sich leisten können, über 300 000 £ (355 000 €) pro Maschine zu investieren – obwohl zu diesem Zeitpunkt auch in kleineren Betrieben die Notwendigkeit, Arbeitskräfte zu ersetzen, wahrscheinlich genauso dringend wenn nicht sogar noch größer sein wird.
Die Industrie muss sich der Robotertechnologie zuwenden, um unsere Abhängigkeit von Arbeitskräften zu verringern“, fügt Herr Tobin hinzu. „Die Beteiligung an diesem Projekt ist für unser Geschäft von größter Bedeutung.“