Sie sind orange, gelb, grün, rund, oval und manchmal haben sie die Form einer Krone. Bereits seit 25 Jahren strahlen Kürbisse in allen Farben und Formen auf der Kürbisausstellung in Ludwigsburg. Doch man kann sie dort nicht nur anschauen – sie sind auch als schwimmender Untersatz im Einsatz. Was vor zwanzig Jahren als Scherz begann, um Kürbisse als Boote zu testen, entwickelte sich schnell zu einem Wettbewerb. Die Kürbis-Regatta in Ludwigsburg war geboren. Heute erstreckt sich das Spektakel über drei Tage: Zwei Tage paddeln bis zu 120 Ruderer um den Einzug ins Finale. Am dritten Tag treten die acht besten aus dem Vorjahr gegen die acht erfolgreichsten aus der aktuellen Qualifikation an.
Heiß begehrt sind in diesen Tagen die Riesenkürbisse, die verschiedene Züchter für den Wettkampf bereitstellen. Alisa Käfer organisiert als Eventmanagerin die Kürbisausstellung und Regatta in Ludwigsburg. Sie erklärt: „Natürlich geben die Züchter ungern das Saatgut von Weltrekordkürbissen weiter – oder nur zu horrenden Preisen. Das kann schnell um die 500 Euro kosten.“ Viele Regattakürbisse sind daher oft Nebenprodukte: Sie wurden früher von der Ranke getrennt, weil auf dem Feld Platz für die wahren Schwergewichte geschaffen werden musste. „Wir ergattern außerdem auch immer einige der Riesenkürbisse vom offiziellen Wiegen hier auf der Ausstellung für unsere Regatta“, sagt Käfer. „Das optimal Gewicht für ein Kürbisboot liegt bei 250 bis 300 Kilo. Natürlich hängt es aber auch von der Kraft und Körpergröße der Ruderer ab.“



Nicht jeder Riesenkürbis taugt als Boot
Bevor ein Kürbis als Boot ausgewählt wird, prüft Alisa Käfer gemeinsam mit ihrem Team sorgfältig dessen Form. „Kürbisse mit einer runderen Unterseite eignen sich besser als schwimmfähiges Boot als solche mit flachem Boden“, sagt Käfer. Dann geht’s weiter wie beim Halloween-Kürbis – nur eben in XXL: Das Team schneidet den Kürbis auf und entfernt das gesamte Saatgut. „Wichtig ist, dass die Öffnung nicht zu tief ist. Andernfalls schwappt beim Wettkampf Wasser in den Kürbis und er sinkt“, so Käfer. Vor dem Wettkampf darf Probe gefahren werden – jedes Jahr kristallisieren sich wenige Kürbisse als echte „Starboote“ heraus. Wenn sich mehrere Teilnehmende auf denselben Kürbis festlegen, entscheidet das Los.

Man kann dem Riesenkürbis beim Wachsen förmlich zuschauen – pro Tag kann er bis zu 20 Kilogramm zulegen!
Alisa Käfer
Nach der Regatta verwertet eine Biogasanlage die beschädigten Kürbisse. Die anderen dienen beim Schnitzfestival in Ludwigsburg als Material für Halloween-Fratzen oder werden als Feuerkörbe genutzt. Auf dem jährlich stattfindenden Kürbis-Schlachtfest am Ende der Saison bekommen Fruchtfleisch und Saatgut eine zweite Chance. „Jedes Jahr versuchen einige Besucher, mit dem Saatgut selbst einen Riesenkürbis für die nächste Saison zu züchten“, erzählt Käfer. „Am Anfang erreichen diese Exemplare meist ein Gewicht von 100 bis 150 Kilo.“ Doch wie bekommt man einen Kürbis überhaupt so groß?


Der Riesenkürbis im Anbau
„Wie auch andere Kürbisse benötigt ein Riesenkürbis rund 90 bis 100 Tage, bis er erntereif ist“, erklärt Käfer. „Beeindruckend ist jedoch, dass man ihm beim Wachsen förmlich zuschauen kann – pro Tag kann er bis zu 20 Kilogramm zulegen.“ Für dieses Wachstum braucht er viel Platz: bis zu 150 Quadratmeter pro Pflanze. Die Pflanze eines kleinen Speisekürbisses benötigt dagegen lediglich einen Quadratmeter. Eine Kürbispflanze bringt etwa zwei bis fünf Kürbisse hervor. Bei den Riesenkürbissen werden die schwächeren Kürbisse frühzeitig von den Ranken getrennt, damit die vielversprechenden Exemplare ihr volles Potenzial entfalten können. Um dem Kürbis die besten Voraussetzungen zu schaffen wird der Boden zuvor mit Pferdeäpfeln gedüngt und die Ranken regelmäßig eingegraben, um neue Wurzeln zu bilden – ein weiterer wichtiger Faktor ist ausreichend Wasser.


Die Kürbisse der Ausstellung in Ludwigsburg kommen vom nahegelegenen Obsthof Eisenmann. Auf einer Fläche von 13 Hektar baut der Landwirt seine Kürbisse an. Für die Ernte braucht er rund drei Wochen: Stück für Stück prüft er, ob die Früchte reif sind, lagert sie anschließend auf seinem Hof und liefert sie nach Bedarf an die Ausstellung in Ludwigsburg. Wenn möglich erntet er nicht bei Regen, damit die Kürbisse nicht unnötig verschmutzen. „Während anfangs noch etwa 95 Prozent Zierkürbisse waren, sind es inzwischen nur noch drei Sorten, die ausschließlich dekorativ sind“, sagt Käfer. „Der weitaus größere Teil ist heute zum Verzehr geeignet.“ Für viele Kürbisse ist die Ausstellung nur eine Zwischenstation: Nach ihrem Einsatz werden sie an die Tafel oder an Kindergärten weitergegeben. Damit werden die Kürbisse gleich doppelt genutzt: als farbenfrohe Dekoration und als Leckerbissen.
Der Kürbis – ein echter Überlebenskünstler

Weltweit gibt es über tausend verschiedene Kürbissorten. „Vor allem in Japan, China und Taiwan entstehen zahlreiche neue Kreuzungen, weil der Kürbis dort kulinarisch viel stärker genutzt wird als bei uns in Europa“, sagt Käfer. Im Anbau gilt der Kürbis als unkompliziert und dient vielen Landwirten zur Regeneration des Bodens nach stark zehrenden Pflanzen wie Sonnenblumen. Bei ungünstigen Bedingungen stellt der Kürbis sein Wachstum von selbst ein, bis wieder genügend Sonne und Wasser vorhanden sind – dann wächst er einfach weiter. „Oft tauschen die Landwirte ihre Felder untereinander, damit jeder vom Kürbis profitieren kann“, sagt Käfer. „Die meisten bauen eher Erdbeeren und Spargel an und nutzen den Kürbis im Herbst als Hobby oder zur Bodenpflege.“
Von Mitte August bis Mitte September wird der Kürbis geerntet. Bei richtiger Lagerung hält er sich bis zu einem Jahr, ohne zu faulen. „In den letzten Jahren ist die Nachfrage definitiv gestiegen“, sagt Käfer. „Die Menschen wollen nicht mehr nur den Hokkaido oder Butternut, sondern kochen zunehmend auch mit vielen anderen Sorten.“
