Die partielle Krumenvertiefung (pKV) ist ein Verfahren zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit und zum Aufbruch von Bodenverdichtung. Als Teil des Carbon Farming ist das Ziel der pKV, durch den nachhaltigen Aufbau von Humus, Kohlenstoff in landwirtschaftlich genutzten Böden anzureichern und so einen Teil des vom Menschen in die Atmosphäre gebrachten CO2 in den Böden zu speichern. Ein erhöhter Humusvorrat ist gut für die Bodenfruchtbarkeit und führt auch zu einer Steigerung der Erträge.
Im Rahmen von zwei Forschungsprojekten, finanziert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), wurde für die pKV gemeinsam mit dem Landmaschinenhersteller Lemken ein spezieller Carbon Farming-Pflug entwickelt. An diesem wechseln sich normale Pflugkörper mit tiefer arbeitenden, sogenannten „CF-Körpern“ ab.
Vor der pKV
Bodenschichten im
Ausgangszustand
Ziel der partiellen Krumenvertiefung ist ein Aufbruch der Verdichtungszone im Boden und damit eine Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit. Bei der pKV wird Unterboden in den Oberboden eingemischt. Die Ackerkrume wird dabei nicht flächendeckend vertieft, sondern partiell, in Schächten mit einem Abstand von ca. 75 cm. In der Praxis bewährte sich die pKV bereits auf sandigen und sandig-lehmigen Böden der Moränengebiete. Der Grund: eine geringere Verdichtungsempfindlichkeit des Krumenbodens aufgrund des hohen Humusgehalts.
Nach der pKV
Aufbruch der Verdichtungszone
Durch das nachhaltige Aufbrechen der Verdichtungszone können Pflanzenwurzeln die Ressourcen, vor allem Wasser im Unterboden, besser erreichen. Nach 10 Jahren kann die pKV wiederholt werden, zunächst versetzt zwischen den Schächten, weitere 10 Jahre später dann quer zur Arbeitsrichtung der vorangegangenen pKV-Maßnahmen.
Effekt der pKV
April 2023
Analysen mithilfe von Satellitentechnologien erlauben Landwirten eine Überwachung von Pflanzengesundheit & -wachstum und eignen sich besonders für die Präzisionslandwirtschaft. Im Rahmen des Projektes „CarbonTillage“ wurden Satellitenbilder eines Maisfeldes nach der Durchführung einer partiellen Krumenvertiefung aufgenommen, um die Ertragswirkung zu untersuchen. Der dunkle Streifen stellt den Teil des Feldes dar, auf dem die pKV durchgeführt wurde.
Effekt der pKV
Oktober 2023
Innerhalb von sechs Monaten konnte eine erhebliche Ertragssteigerung nachgewiesen werden. Außerdem ließen sich verschiedene Produktivitätszonen innerhalb der Felder veranschaulichen. Das hilft Landwirten, Bereiche mit hohem (grün), mittlerem (gelb) und niedrigem (rot) Ertragspotenzial zu identifizieren. Auf dem pKV-Streifen des Feldes (grün) wuchs der Mais besonders gut.
Beim Pflügen werden dann im Abstand von 75 cm ungefähr 10 cm breite Schächte angelegt, die bis zu 55 cm tief reichen. Der Schachtaushub, also der Unterboden, wird beim Pflügen in die Ackerkrume verlagert und die Schächte wiederum mit dem Krumenmaterial verfüllt. Dadurch erfolgt ein Austausch von knapp 20 % des Oberbodens, der sogenannten Krume, mit dem Unterboden und gleichzeitig ein Durchbrechen der Verdichtungszonen unterhalb des Bearbeitungshorizontes.
Die neu angelegten Schächte ermöglichen den Pflanzenwurzeln, tiefere Bodenhorizonte zu erschließen und das dort vorhandene Wasser und die Nährstoffe zu nutzen.
Professor Dr. Sommer, Bodenwissenschaftler am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., forscht mit seinen Kolleginnen und Kollegen für das Projekt „CarbonTillage“ seit 2022. „Wir konnten nach der pKV einen stabilen Mehrertrag von 300 – 500 Kilogramm Getreideeinheiten pro Hektar nachweisen“, sagt er. Der Effekt, dass die Erträge bereits im ersten Jahr um bis zu 5 % steigen, wurde schon in den 1960er bis 1980er-Jahren festgestellt und durch aktuelle Feldversuche des ZALF bestätigt.
So trägt die partielle Krumenvertiefung zum Klimaschutz bei
Humus besteht zu ca. 50% aus Kohlenstoff. Daher stellen humushaltige Böden einen wichtigen, natürlichen Kohlenstoffspeicher dar. Der in Böden gespeicherte Kohlenstoff stammt letztlich aus der Photosynthese der Pflanzen. Dabei wird CO2 aus der Atmosphäre gebunden und pflanzliche Biomasse aufgebaut. Über Wurzeln, Erntereste, abgestorbene Pflanzenteile sowie Wurzelausscheidungen und mikrobielle Abbauprodukte gelangt der Kohlenstoff schließlich in den Boden.
Die pKV erhöht die Kohlenstoffmenge in den meisten landwirtschaftlich genutzten Böden. Durch die Einmischung des kohlenstoffarmen Unterbodens in den Oberboden entsteht ein Ungleichgewicht im Kohlenstoffhaushalt der Böden, das bedeutet die Krume ist in Bezug auf den Kohlenstoff untersättigt.
Der in die Krume eingemischte Unterboden entwickelt sich in den 10 Jahren nach einer pKV zu neuem Krumenboden.
Marisa R. Gerriets, Doktorandin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V arbeitet seit 2019 in den Projekten zur pKV.
In den folgenden etwa 10 Jahren werden daher Kohlenstoffverbindungen angereichert – bis zum Erreichen des Gleichgewichtes. Verantwortlich hierfür sind die in Böden vorhandenen Eisenoxide, Tonminerale und Calcium-Ionen. „Der in die Krume eingemischte Unterboden entwickelt sich also in den 10 Jahren nach einer pKV zu neuem Krumenboden. Dies entspricht einer Kohlenstoff-Sequestrierung, das heißt die pKV führt zu einer CO2-Senke“, erklärt Marisa Gerriets, Doktorandin im Projekt.
Ein Projekt mit Wurzeln in der DDR
Das Verfahren der heutigen partiellen Krumenvertiefung wurde bereits Ende der 1950er Jahre in der DDR entwickelt – als sogenanntes „Segmentpflügen“. Damals hatte dies zum Ziel, die Ertragssicherheit und das Ertragsniveau zu steigern. Mit speziellen Beetpflügen und Krumenbasislockerern führte man die pKV insbesondere seit Mitte der 1980er Jahre bis zur deutschen Wiedervereinigung auf Ackerböden vorrangig in Moränenlandschaften, vereinzelt auch in Lössgebieten in größerem Umfang durch.
Die Entwicklung des Pflugs von den 1960er Jahren bis heute
Im Rahmen des Projekts „Krumensenke“ von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) öffneten die Forschenden des ZALF die damals entstandenen Schächte und untersuchten diese. Selbst nach 40 Jahren sind die ehemals angelegten Schächte noch klar erkennbar. Mithilfe von archivierten Bodenproben aus den 1980ern bestimmten sie den Kohlenstoffgehalt im Oberboden zu jener Zeit und analysieren den seitdem erfolgten Kohlenstoffabbau.
Das Ergebnis zeigt, dass der aktuelle Oberboden einen höheren Kohlenstoffgehalt aufweist als zur Zeit der 1980er Jahre und in den Schächten mehr als 50 % des ursprünglichen Kohlenstoffniveaus vorhanden ist. Damit gelang Sommer und seinem Team der Nachweis, dass die Zunahme der Humusmenge und damit die CO2-Senkenwirkung nach einer pKV nachhaltig ist. Sandige Böden können innerhalb von 10 Jahren nach einer pKV-Maßnahme ca. 10 Tonnen CO2eq / ha zusätzlich und dauerhaft speichern, lehmige Böden sogar 30 Tonnen CO2eq / ha.
Somit kann die partielle Krumenvertiefung einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten, selbst wenn nur etwa 50% der ackerbaulich genutzten Böden in Deutschland pKV-fähig wären.
Vom Segmentpflug zum Carbon Farming-Pflug
Der Carbon Farming-Pflug hat zwei verschiedene Pflugkörper: Der Carbon Farming-Körper (CF-Körper) hebt einen tiefen Schacht aus, indem er 55 cm tief und 25 cm breit pflügt. Ein Standardkörper füllt diesen Schacht anschließend mit Oberbodenmaterial und bearbeitet den Boden 25 cm tief und einen halben Meter breit.
Entwickelt wurde der CF-Pflug vom Landmaschinenhersteller Lemken. Es wurde eine Maschine konstruiert, welche die Erdbewegung exakt gemäß den Forschungsergebnissen vom ZALF durchführt.
Andre Hahn, Produktmanager für Pflüge beim Lemken, betont: „Bei der Entwicklung des Pflugs bestand die größte Herausforderung darin, ein Werkzeug zu entwickeln, das eine Vermischung von Unter- und Oberboden in einem exakten Verhältnis ermöglicht, ohne dass dabei der Unterboden an die Bodenoberfläche gerät und sich bei der anschließenden Aussaat negativ auf das Pflanzenwachstum auswirkt. Die Details liegen dabei in der Geometrie der Körperformen. Wir haben viele Stunden im Feldversuch investiert und diverse Werkzeugkombinationen getestet, um den Pflug so hinzubekommen.“ Derzeit verwendet der Pflug beispielsweise ein Breitfurchenmesser, um den Oberboden in den vom CF-Körper geschaffenen Schacht einzufüllen.
Die Zugkraft des Carbon Farming-Pflugs variiert je nach Bodenbeschaffenheit. Bei Böden, die längere Zeit nicht bearbeitet wurden, insbesondere in tieferen Bodenschichten, kann sich die benötigte Zugkraft auch verdoppeln. Derzeit befindet sich der Carbon Farming-Pflug von Lemken in der Vorserienphase. Die Serienreife ist für 2026 geplant.
Das Projekt „CarbonTillage“
Gefördert über die „Deutsche Innovationspartnerschaft (DIP) Agrar“ der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Laufzeit
04/2022 bis 07/2025
Partner
LEMKEN GmbH, Agrathaer GmbH
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V.