Nach­rüs­tung von Agri-PV auf bestehenden Gebäuden

Der Bau einer Agri­pho­to­vol­ta­ik­an­lage kann teuer sein; jedoch kann dieses System, wenn es mit Gewächs­häu­sern oder Foli­en­tun­neln kombi­niert wird, eine kosten­güns­ti­gere Lösung bieten und gleich­zeitig den Nähr­stoff­ge­halt der Pflanzen verbes­sern. Diese Perspek­tive stammt aus einem Inter­view mit Elinor Thompson, Assis­tenz­pro­fes­sorin an der Univer­sity of Green­wich.

Agri­pho­to­vol­ta­ik­an­lagen sind Solar­pa­neele, die auf (oder ober­halb von) land­wirt­schaft­li­chen Produk­ti­ons­flä­chen ange­bracht werden. Dieser Ansatz bietet gleich drei Vorteile: Neben der Erzeu­gung von Energie können die Produk­ti­vität der Pflanzen verbes­sert und Emis­sionen redu­ziert werden. In Groß­bri­tan­nien wird im Rahmen des Farming Inno­va­tion Programme derzeit eine von Inno­vate UK finan­zierte Studie durch­ge­führt, um die Möglich­keit der Nach­rüs­tung bestehender Gewächs­häuser mit Photo­vol­ta­ik­an­lagen zu unter­su­chen.

Nachdem die Univer­sity of Green­wich bereits die Wirkung von Agri­pho­to­vol­ta­ik­an­lagen auf Blatt­pflanzen wie Basi­likum und Spinat erforscht hatte, erhielt sie Mittel, um die Nach­rüs­tung eines Gewächs­hauses und von Foli­en­tun­neln für den Erdbeer­anbau zu testen. Nun wurden weitere Mittel bereit­ge­stellt, um eine größere Anlage für weitere Beeren­sorten zu errichten.

Dr Elinor Thompson, Univer­sity of Green­wich

Die Univer­sität arbeitet mit dem Unter­nehmen Poly­solar zusammen, um den Einsatz dieser nach­ge­rüs­teten Solar­pa­neele auf Hugh Lowe Farms, einer kommer­zi­ellen Beeren­obst­farm in Kent, zu erfor­schen. Auf der Farm und an der Univer­sität kommen derzeit verschie­dene Vari­anten von halb­trans­pa­renten, flexi­blen und grauen, starren Paneelen zum Einsatz, um die Auswir­kungen auf die Ener­gie­pro­duk­tion, die Pflan­zen­pro­duk­ti­vität und die Kohlen­stoff­emis­sionen zu unter­su­chen. Außerdem werden die Mitar­beiter der Farm darin geschult, die Photo­vol­taik-Paneele zu instal­lieren und nach Bedarf zu versetzen.

Dr. Elinor Thompson ist Dozentin/Assistenzprofessorin an der Univer­sity of Green­wich, sie forscht zum Thema Photo­syn­these. Sie sprach mit Flur & Furche über die ersten Ergeb­nisse des Programms.

Ist es einfa­cher, Paneele an bestehenden Gewächs­häu­sern und Foli­en­tun­neln nach­zu­rüsten, als die gesamten Struk­turen neu zu errichten?

Für die Land­wirte ist es kosten­güns­tiger, die Paneele an bestehenden Gebäuden nach­zu­rüsten, als die Kosten für eine komplette Neuerrich­tung auf sich zu nehmen. Die Nach­rüs­tung ermög­licht es uns außerdem, Strom­erzeu­gung und land­wirt­schaft­li­chen Anbau auf ein und derselben Fläche zu kombi­nieren, anstatt reine Solar­an­lagen auf land­wirt­schaft­lich nutz­barem Land zu errichten, was den Anbau von Feld­früchten dort verhin­dern würde. Alle Photo­vol­ta­ik­an­lagen in unseren Versu­chen werden nach­träg­lich auf den bestehenden Gewächs­haus­struk­turen nach­ge­rüstet, ohne dass die Tunnel oder Gewächs­häuser ange­passt werden müssen.

Wie wirken sich die Paneele auf die Pflanzen aus?

Wir gehen davon aus, dass der zusätz­liche Schatten eine effi­zi­en­tere Wasser­nut­zung ermög­licht. Im Sommer kann zu viel direkte Sonnen­ein­strah­lung dem Beeren­obst zu schaffen machen. Norma­ler­weise ist selbst in Groß­bri­tan­nien mehr als genug Licht für die Photo­syn­these der Pflanzen vorhanden. Es gibt zwar gering­fü­gige Verän­de­rungen bei Luft­feuch­tig­keit und Tempe­ratur, die jedoch nur zu bestimmten Tages­zeiten auftreten und insge­samt im Foli­en­tunnel keine große Rolle spielen.

Durch den zusätz­li­chen Schatten kommt es zu Verän­de­rungen auf zellu­lärer Ebene inner­halb der Pflanzen. Wir haben aber bisher keine nega­tiven Auswir­kungen auf das Wachstum oder die Produk­ti­vität der Pflanzen fest­ge­stellt – der Frucht­ertrag ist nicht beein­träch­tigt worden. Wir messen, wie sich der Schatten auf die Wasser­ef­fi­zienz auswirkt, und wir sind auch dabei zu bewerten, welche Pflanzen am meisten profi­tieren und am besten für das System geeignet sind.

Einige Pflanzen leiden im Sommer aufgrund von über­mä­ßigem Sonnen­licht. Photo­vol­taik-Module könnten helfen, Hitzestress zu redu­zieren und ein güns­ti­geres Umfeld zu schaffen.

Wir können Verän­de­rungen in der Photo­syn­these auf mole­ku­larer Ebene erkennen, je nach Farbe und Schatten der Paneele. Bei einigen Licht­farben und bestimmten Pflanzen können schwer­wie­gen­dere Auswir­kungen auftreten. Daher ist es wahr­schein­lich, dass einige Pflanzen für den Anbau mit bestimmten Farben oder Paneelen geeignet sind, während andere völlig unge­eignet sind.

Worin liegen die Vorteile der Ener­gie­er­zeu­gung in diesem System?

Das System bietet einen finan­zi­ellen Vorteil. Die erzeugte Energie könnte verkauft und in das Strom­netz einge­speist, direkt vor Ort genutzt oder für elek­trisch betrie­bene Auto­ma­ti­sie­rungs­sys­teme einge­setzt werden. Wir evalu­ieren das Poten­zial der land­wirt­schaft­li­chen Photo­vol­taik (Agri­pho­to­vol­taik) zur Senkung des Strom­ver­brauchs, aber dazu werden wir erst in einer späteren Phase des Projekts kommen.

Der Strom­ver­brauch schwankt im Jahres­ver­lauf und ist im Sommer am höchsten, wenn der Betrieb auf Hoch­touren läuft. Dies ist größ­ten­teils auf die Wasser­pumpen zurück­zu­führen, umfasst aber auch die Bewäs­se­rung, Ernte­ro­boter, die Pflege der umlie­genden Flächen sowie Fahr­zeuge und Maschinen. Die Produk­tion von Beeren­obst wird zuneh­mend auto­ma­ti­siert. Pflück­ro­boter, UV-Roboter, Pflan­zen­sen­soren und Elek­tro­fahr­zeuge werden einge­setzt und benö­tigen Strom.

Für die Land­wirte ist es kosten­güns­tiger, die Paneele an bestehenden Gebäuden nach­zu­rüsten, als die Kosten für eine komplette Neuerrich­tung auf sich zu nehmen.

Dr. Elinor Thompson

Die mit der Solar­energie verbun­denen Kosten sinken ständig, so dass sie hoffent­lich zu einer kosten­ef­fek­tiven Ener­gie­quelle wird. Wenn wir die unter­schied­li­chen Anord­nungen der Paneele, die wir bei den Foli­en­tun­neln testen, ausge­wertet haben, werden wir auch werden eine Kosten-/Nut­zen­rech­nung in die Studi­en­ergeb­nisse aufnehmen können.

Mit der Weiter­ent­wick­lung der Batte­rie­tech­no­logie haben die Land­wirte auch die Wahl, ob sie einen Spei­cher verwenden möchten oder nicht. Zu den Zielen des Projekts gehört die Erfor­schung der Batte­rie­tech­no­logie und der besten PV-Mate­ria­lien. Es wird bestimmte Anfor­de­rungen und Situa­tionen geben, in denen ein Spei­cher sinn­voll ist. Die Batte­rie­tech­no­logie wird ständig verbes­sert, aber derzeit ist es einfach noch leichter und sicherer, eine Solar­strom­an­lage mit Netz­an­schluss zu haben.

Wie viel Energie erzeugt das System?

Bei der Verwen­dung von flexi­blen Paneelen hängt der Ertrag von der Dach­fläche ab, die von den Paneelen bedeckt ist. Diese wiederum wird von den darunter ange­bauten Pflanzen vorge­geben. Eine konser­va­tive Schät­zung besagt, dass die aktu­elle Anlage jähr­lich etwa 130 MWh pro Hektar produ­ziert. Das ist in etwa ein Viertel des Ertrags pro Hektar in einem Solar­park, aber Sie haben nicht den damit verbun­denen Land­ver­lust oder den Aufwand bei der Planung. Es ist schwierig, den realen Ertrag zu berechnen, da die Anord­nung, die Anschlüsse und der genaue Standort einen großen Unter­schied ausma­chen können. Wir verwenden eher feste als beweg­liche Paneele, denn je einfa­cher das System ist, desto besser.

Die derzei­tige Anlage produ­ziert etwa 130 MWh pro ha/Jahr.

Welche Wirkung haben getönte Solar­pa­neele?

Wir verwenden einige halb­trans­pa­rente Photo­vol­taik-Paneele, die bestimmte Farben des Licht­spek­trums zu den Pflanzen durch­lassen, während die anderen Wellen­längen zur Strom­erzeu­gung einge­setzt werden. In unserem früheren Projekt haben wir heraus­ge­funden, dass getönte Solar­pa­neele zu einem höheren Prote­in­ge­halt in Blatt­pflanzen führen. Zusätz­li­ches rotes Licht verän­dert nämlich die Eigen­schaften der Pflanzen. Getönte Paneele können daher den Nähr­stoff­ge­halt von Feld­früchten beein­flussen. Wir unter­su­chen die Auswir­kungen auf weitere Frucht­arten und messen den erziel­baren Solar­er­trag.

Wie funk­tio­niert dieses System mit Foli­en­tun­neln?

Foli­en­tunnel sind kosten­güns­tiger als Gewächs­häuser und werden immer mehr nach­ge­fragt. Manche empfinden sie optisch als nicht beson­ders anspre­chend. Dann könnte die Instal­la­tion von Solar­pa­neelen eine Lösung sein. Die Idee ist, dass die Foli­en­tunnel durch die Instal­la­tion flexi­bler Photo­vol­ta­ik­pa­neele aus der Ferne weniger spie­gelnd und grell wirken. Dadurch können sie nicht nur die Produk­ti­vität verbes­sern, sondern auch die Optik. Dieses System ist daher ein prag­ma­ti­scher Weg zur Verbes­se­rung der Produk­ti­vität des gesamten Systems, sowohl bei der Energie- als auch bei der Pflan­zen­pro­duk­tion.