Landwirte sind ständig auf der Suche nach neuen Technologien und Ideen, um die Produktionskosten zu senken, Erträge zu erhöhen und außerdem die Bodenfruchtbarkeit zu fördern. Nach Aussagen von Bodenkundlern sind im vergangenen Jahrzehnt 0,1 % an Humus verlorengegangen. Schuld daran ist vor allem die intensive und teilweise unsachgemäße Nutzung des landwirtschaftlichen Bodens.
Gegen Bodenverdichtungen
Auf der Suche nach neuen Ideen besuchte Kees Chudincha, der Leiter des landwirtschaftlichen Unternehmens „Kischtschenzi“ im Gebiet Tscherkassy, zusammen mit seinen Kollegen zahlreiche Betriebe in verschiedenen Ländern. In Tschechien lernte er die Mehrfachnutzung von Fahrgassen – Controlled Traffic Farming – kennen und beschloss, diese Methode auch in seinem Betrieb einzusetzen. „Zu dieser Zeit war das Verfahren in der Ukraine noch völlig unbekannt“, erinnert sich der Betriebsleiter Wassili Pensai.
Der Vorteil des Verfahrens liegt in der geringeren Bodenverdichtungen. Wassili Pensai erzählt, dass sich der schädliche Druck der Reifen auf den Boden einen ganzen Meter in die Tiefe und ebenso in die Breite bemerkbar macht. Solche Bodenverdichtungen bleiben nicht nur von einer Saison zur anderen erhalten, sondern verschlimmern sich von Jahr zu Jahr. Es kommt zu Erosionsprozessen sowie dem Verlust von Humus, dem organischen Kohlenstoff im Boden.
Ewige Fahrgassen
Sämtliche Maschinen des Betriebs sind mit einem GPS-System ausgestattet. So können sie in jeder Saison und bei jedem Arbeitsschritt in derselben Spur fahren. Darüber hinaus werden breite Niederdruckreifen verwendet, um den Druck auf den Boden während der Arbeitsgänge zu vermindern.
„Ewige“ Fahrgassen werden seit vier Jahren in dem Betrieb angewendet. In der Zwischenzeit hat sich die Fahrgasse praktisch in eine gewöhnliche Straße verwandelt, die auch problemlos nach Regen befahren werden kann.
Der Betrieb wendet diese Methode bereits seit vier Jahren an. In der Zwischenzeit haben sich die „ewigen“ Fahrgassen praktisch in gewöhnliche Straßen verwandelt, die auch problemlos nach einem Regen befahren werden können. Dabei spielt es keine Rolle, wozu sie genutzt werden: Bodenbearbeitung, Aussaat oder Spritzung. Sämtliche „ewige“ Fahrgassen verlaufen in einem Abstand von 36 Metern über die Felder des Betriebes.
Kleine Mankos
Das Controlled Traffic Farming Verfahren hat sowohl Vor- als auch Nachteile. „Unsere Fahrgassen haben einem Abstand von 36 Metern, wir nutzen aber auch Sämaschinen und Grubber mit einer Arbeitsbreite von nur 12 Metern“, erklärt Wassili Pensai. „Wir verfügen also über eine Hauptfahrgasse sowie zusätzliche Spuren, die im Laufe der Jahre ebenfalls verdichtet wurden, wenn auch nicht in demselben Ausmaß wie die Hauptfahrgassen. In den Nebenspuren erkennen wir kleine Bodensenkungen. Deshalb überlegen wir ob wir sie zusätzlich auflockern sollen.“
Es geht nicht nur darum, die Maschinen mit GPS-Technologie auszustatten. Ebenfalls bedacht werden muss der Radstand. Ein breiter Radstand bedeutet geringerer Druck auf den Boden durch das Fahrzeug. „Gleich am Anfang entschieden wir, dass der Abstand zwischen den Rädern drei Meter betragen sollte, was der Breite unserer Fahrgassen entspricht“, erklärt der Betriebsleiter.
Vorteil der Nutzung der Fahrgassen
In Feldbereichen, die nicht mehr mit Maschinen befahren werden, lässt sich nach und nach eine Verbesserung des Bodens feststellen. „Bald wird es dort Verdichtungen durch Überfahren des Bodens nicht mehr geben, da nur noch minimal auf den Boden eingewirkt wird. Die Fruchtbarkeit des Bodens nimmt zu“, erzählt Wassili Pensai. „Eine weitere interessante Beobachtung: je weniger auf den Boden eingewirkt wird, desto schneller erholt sich seine Mikroflora.“
Mittlerweile führt der Betrieb jährlich Bodenanalysen durch. Ein Labor in Deutschland analysiert die Proben. Dabei werden zusätzliche Parameter in Betracht gezogen: die Zunahme des Sickerwassers, die Bildung lockerer Bodenstrukturen, die Verbesserung der Keimfähigkeit im Boden sowie das Wichtigste: stabilere Ernteerträge.
Diese Ergebnisse bestätigen uns in unserer eingeschlagenen Richtung: Die Qualität der Schwarzerde wird kontinuierlich besser
Wassili Pensai
„Diese Ergebnisse bestätigen uns in unserer eingeschlagenen Richtung: Die Qualität unserer Schwarzerde verbessert sich stetig“, so Wassili Pensai. „Nach vier Jahren konsequenter Anwendung des Controlled Traffic Farming steigen die Erträge allmählich, während die Kosten der Bodenbearbeitung um ungefähr 15-20 % gesunken sind.“
Bindeglied der Verfahrenskette
Das Controlled Traffic Farming bildet das Bindeglied in einer umfangreicheren Verfahrenskette auf dem Betrieb „Kischtschenzi“. Allerdings muss erwähnt werden, das auf dem Betrieb bereits seit längerer Zeit kein Pflug mehr verwendet wird.„Früher gab es einfach kein Geld für dafür“, gesteht Wassili Pensai. „Und dann entschieden wir uns, Ackerbau ohne Pflügen auszuprobieren. Manches funktionierte, manches nicht. Mit dieser Einstellung kamen wir zwangsläufig zur reduzierten Bodenbearbeitung, die wir nach wie vor praktizieren.“
Vergleicht man traditionelle Anbaumethoden unter Verwendung eines Pflugs mit der reduzierten Bodenbearbeitung in Kombination mit Direktsaat, so stellt sich heraus, dass bei der zweiten Methode die Erträge höher und die Produktionskosten wesentlich niedriger sind.
Außerdem werden Ernterückstände auf dem Feld zurückgelassen, damit sie zersetzt werden. Dies erhöht die Fruchtbarkeit und wirkt einer Austrocknung der Böden entgegen. „Bei dem heutigen Klima weiß man nicht, was uns erwartet“, so der Betriebsleiter von „Kischtschenzi“.
„Wir gehen aber davon aus, dass es weniger Feuchtigkeit und gleichzeitig höhere Temperaturen geben wird. Daher ist der Erhalt der Bodenfeuchtigkeit eine unserer Hauptaufgaben.“ Die Ausbringung von organischen Düngemitteln erhöht ebenfalls die Bodenfruchtbarkeit und das Wasserhaltevermögen. Diese Möglichkeit haben vor allem tierhaltende Betriebe.
„Außerdem“, so Wassili Pensai. „entschieden wir uns im vergangenen Jahr, Gründüngungspflanzen anzubauen, damit der Boden die ganze Zeit über bedeckt ist. Auf diese Weise konnten wir nicht nur die Biomasse steigern, sondern auch das kostbare Wasser im Boden speichern.“
Der Erhalt der Bodenfeuchtigkeit ist eine unserer Hauptaufgaben.
Wassili Pensai
Controlled Traffic Farming wird auf sämtlichen Flächen des Betriebs angewendet. Insgesamt bewirtschaftet „Kischtschenzi“ mehr als 15 Tausend Hektar Land und überall zeigt sich dasselbe Bild: Mulch, reduzierte Bodenbearbeitung und „ewige“ Fahrgassen.
Reduzierte Bodenbearbeitung, Direktsaat und Controlled Traffic Farming ergeben ein vollständiges System, das in seiner praktischen Anwendung großes Potenzial besitzt. Auch wenn die Nachbarn die Methoden dieses Unternehmens zunächst mit Vorsicht betrachteten, sieht das Landschaftsbild heute anders aus. Auch andere Betrieben in der Umgebung experimentieren inzwischen mit Elementen aus dem schonenden Ackerbau und die Landwirte achten mehr auf den Erhalt ihrer Böden.
Empfehlung des Landwirts
Die Anwendung „ewiger“ Fahrgassen erfordert eine pfluglose Bewirtschaftung. Dies muss man akzeptieren, bevor man damit anfängt. Die Felder sehen nicht mehr schwarz aus, sondern sind ganzjährig bedeckt. Manch einer sagt uns nach, dass wir faule Landwirte sind, die ihre Felder nicht richtig bewirtschaften wollen.