Stefan Vogelsang leitet einen von 31 Modellbetrieben der Wasserrahmenrichtlinie in Nordrhein-Westfalen, die innovative Techniken testen, um den Ackerbau fortschrittlicher zu machen, das Grundwasser zu schützen und den Dünger sparsamer und effizienter einzusetzen.
Herr Vogelsang, welche Rolle spielt die Gülle bei der Düngeplanung in Ihrem Betrieb?
Die Gülle ist sehr wertvoll, weil sie ein biologischer Volldünger ist. Ich decke damit viele Nährstoffe ab und erreiche eine Kreislaufwirtschaft: Die Früchte, die ich an meine Tiere verfüttere, werden ausgeschieden – und ich bringe sie mit der Gülle wieder aufs Feld und damit zurück in den Kreislauf.
Gülle ist viel diskutiert. Worauf muss man bei der Düngebedarfsplanung mit Gülle achten?
Die Gülle hat zu Unrecht einen schlechten Ruf. Man kann mit der Gülle sehr exakt düngen und Nährstoffe bestimmen. In der Regel machen wir Landwirte das, indem wir die Gülle zunächst aufrühren und eine Probe entnehmen, die dann ein Labor auf die genauen Inhaltsstoffe hin untersucht. Das ist die Grundlage für die Düngebedarfsplanung. Dabei gibt es viele Faktoren zu berücksichtigen: durchschnittliche Erträge, Bodenarten, Kulturen, die wir anbauen, Fruchtfolge, Zwischenfrüchte und mehr. Das alles verrechnen wir miteinander und kommen so auf den Düngebedarf. Und dieser Düngebedarf ist unsere gesetzliche Obergrenze, die wir nicht überschreiten dürfen.
Wie läuft die Analyse der Inhaltsstoffe normalerweise ab?
Das Wichtigste ist, dass man eine repräsentative Probe erhält. Denn das Labor untersucht nur einen halben Liter – und der steht dann für die vier Millionen Liter, die ich im Güllelagerbehälter habe. Also muss ich die Gülle intensiv aufrühren, um eine homogene Flüssigkeit zu erhalten, aus der ich eine repräsentative Probe entnehmen kann. Die Probe schicke ich ins Labor und zehn Tage später habe ich die Ergebnisse.
Das klingt umständlich. Gibt es noch einen anderen Weg?
HarvestLab 3000
Nahinfrarotspektroskopie (NIR-Spektroskopie), um unterschiedliche Bestandteile im Erntegut oder der Gülle zu analysieren (ein Sensor, drei Anwendungen)
Ja, das geht noch besser. Wir setzen seit fünf Jahren im Betrieb den HarvestLab™ 3000 NIR Sensor ein, mit dem wir in Echtzeit die Gülle analysieren können. So sparen wir uns das Aufrühren im Vorfeld: Ich muss nicht zehn Tage, bevor ich Gülle ausbringen möchte, alles aufrühren, die Probe nehmen, auf die Ergebnisse warten. Ich kann just in time meine Gülle aufrühren, aufs Feld bringen, dort messen, differenziert nach Inhaltsstoffen ausbringen – und hab so einen gleichmäßigen Pflanzenbestand.
Wie funktioniert der Sensor?
Eine Pumpe saugt die Gülle aus dem Fass und drückt sie durch eine Druckleitung am Sensor vorbei nach hinten in das Ausbringgerät. Der Sensor misst die Nährstoffkonzentration live beim Ausbringen. Er ist mit einem ISOBUS-Kabelbaum verbunden. So sehe ich die Daten, die er übermittelt, direkt vorne in der Schlepperkabine auf dem Terminal und kann dort einen Zielwert eingeben, den das Güllefass anfahren soll. Den steuert das HarvestLab™ 3000 automatisch an.
Sie haben Ihr Analyselabor damit also immer mit an Bord und wissen genau, welche Inhaltsstoffe in welcher Menge verfügbar sind. Nutzt das nur ihrem Betrieb?
Wir geben auch Gülle an Ackerbaubetriebe ab. Die haben den großen Vorteil, dass wir alles detailliert dokumentieren können, wenn wir für sie Gülle ausbringen. Wir haben im Operations Center den Überblick über die Nährstoffe und können im Anschluss an die Arbeit einen Ausdruck erstellen, auf dem steht, welche und wie viele Nährstoffe an welchem Tag ausgebracht wurden. Das können wir direkt online in der staatlichen Datenbank melden – und sind damit sofort gesetzeskonform. Zudem hat der Landwirt die Kontrolle, dass er tatsächlich die Nährstoffe bekommen hat, die er auch bestellt hat.