Holger Huffelmann ist gelernter, staatlich geprüfter und studierter Landwirt. Am Versuchs- und Bildungszentrum Haus Düsse ist er für den landwirtschaftlichen Außenbetrieb sowie die Planung und Durchführung der ackerbaulichen Versuche zuständig. Nach wie vor faszinieren ihn die vielfältigen Aufgaben im landwirtschaftlichen Betrieb, bei den Versuchen und im Büro. Dem zunehmenden administrativen und organisatorischen Arbeitsaufwand mit gesetzlichen Regelungen, zum Beispiel Düngedokumentation, versucht er in Haus Düsse mittels Digitalisierung und Automatisierungsprozessen zu begegnen.
Ein wirksames Hilfsmittel, glaubt Huffelmann, ist die NIRS Technologie. Sie kann helfen, Umweltprobleme abzumildern, die Akzeptanz der Landwirtschaft in der Gesellschaft zu erhöhen und Kosten zu sparen. In den vergangen vier Jahren hat er auf Haus Düsse erprobt, wie sich eine exakte Gülledüngung mit Hilfe der NIRS Technologie auf den Bestand und die Erträge von Weizen auswirkt.
Wir sprachen mit Herrn Huffelmann über das Programm.
Wie entstand die Idee zu den Gülledüngungsversuchen?
Im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie haben wir bei der Landwirtschaftskammer bereits mit der NIRS (Nahinfrarotspektroskopie) Technologie experimentiert, und zwar indem die Nährstoffmengen in der Gülle beim Befüllen zwischen dem Lagerbehälter und dem Güllefass gemessen wurden. Auf diesem Weg erhalten wir allerdings nur einen Gesamtwert für den enthaltenen Stickstoff (oder andere Nährstoffe). Basierend auf diesem Wert wir der gesamte Fassinhalt dann gleichmäßig auf einer bestimmten Fläche ausgebracht. Daher kam uns die Idee, mit Hilfe der NIRS-Technologie die ausgebrachte Menge online zu messen und zu regeln.
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Was ist bei Ihren Praxistests in Weizen bisher herausgekommen?
Das Ziel war es herauszufinden, ob wir in der ackerbaulichen Praxis mit Hilfe der NIRS-Technologie exakter düngen können als dies mit einer ein- oder zweimaligen Untersuchung der Gülle möglich ist. Der Test war wie folgt in drei Bahnen nebeneinander aufgebaut: In der ersten Bahn haben wir 50 kg Ammonium-N/ha ausgebracht, gemessen nach der NIRS-Technologie, in einer zweiten Spur waren es dann 66 kg Gesamt-N/ha, und in einer dritten Bahn wurden konstant 23,8 m³/ha ausgebracht. Dies entspricht nach einem Gülle-Schnelltest ebenfalls 50 kg Ammonium-N/ha.
Wir konnten feststellen, dass gegenüber der Variante mit dem konstanten Volumenstrom nach m³ die Gesamt-N Variante nach NIRS einen Ertragsvorteil von ca. 3 % und die Düngung nach Ammonium-N mit NIRS einen Vorteil von 4 – 5 % liefert. Bei einem Durchschnittsertrag von 7,5 – 8,0 t/ha bedeutet dies einen Mehrerlös von 40 – 70 €/ha. Außerdem wird durch die gezielte N-Düngung die Versorgung des Bestandes gleichmäßiger und es kommt zu weniger Lagergetreide. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Landwirt die Düngeverordnung besser einhalten und dokumentieren kann.
Wie sehen Ihre weiteren Versuchspläne aus?
Seit 4 Jahren führen wir Gülledüngungsversuche mit Hilfe der NIRS Technologie durch. In Zeit wurden unterschiedliche Versuchsdesigns sowohl für Mais als auch für Weizen entworfen. Konsequent wurde in den vier Jahren der Weizen untersucht. In der Saison 2021 wird beim Mais erstmalig auch die Unterfußdüngung untersucht.
Bei der Ausbringung haben wir die Dosierung nicht anhand der Kubikmeter, sondern auf Grundlage der ausgebrachten Stickstoffmenge vorgenommen. Bei der Ausbringung der Gülle auf Grundlage der Stickstoffmenge gibt es mehrere Möglichkeiten: Zum einen auf Grundlage der Fahrgeschwindigkeit. D. h. bei der dicken Gülle fahren wir etwas schneller und bei der dünnen Gülle entsprechend langsamer. Zum anderen lässt sich die Ausbringungsmenge aber auch über die Pumpendrehzahl regeln, indem die Pumpe bei der gehaltvolleren Gülle schneller dreht und bei niedrigeren Gehalten langsamer.
Bisher haben wir die Gülleausbringung über die Änderung der Fahrgeschwindigkeit angepasst. In den Versuchen im Jahr 2021 werden wir Anpassung erstmals über die Änderung der Pumpendrehzahl vornehmen. Wir erhoffen uns davon eine geringere Zeitverzögerung zwischen der Inhaltsstoffmengenmessung und der eigentlichen Ausbringung, was zu genaueren Ergebnissen führen sollte.
Wie sehen Landwirte diese Technologie und ist sie offiziell anerkannt?
Die NIRS-Technologie wird auch bei der Untersuchung von Futtermitteln angewendet und ist daher den Landwirten nicht unbekannt. Sie stehen der Technologie allerdings teilweise noch etwas skeptisch gegenüber. Zum einen, weil sie die Laboranalyse kennen und ihr auch vertrauen. Zum anderen gibt es Gülle abgebende und aufnehmende Betriebe. Die aufnehmenden Betriebe haben ein hohes Interesse daran zu erfahren, was genau in der Gülle enthalten ist. Für die Gülle abgebenden Betriebe ist es dagegen einfacher und kostengünstiger, mit offiziellen Faustzahlen zu arbeiten. Wegen der hohen Probenzahl können sowohl die NIRS-Technologie als auch die offiziellen Faustzahlen gute Durchschnittswerte liefern.
Die NIRS-Technologie bietet allerdings den Vorteil der kontinuierlichen Anpassung der Ausbringungsmenge. Gülle und Gärreste können, je nachdem woraus sie entstanden sind, sehr heterogene Produkte sein und die Inhaltsstoffe stark von den Durchschnittswerten abweichen. Bei der Ausbringung von Gülle oder Gärresten mit Hilfe der NIRS Technologie muss daher eine zertifizierte und auf das Substrat zugelassene Kalibrierungskurve hinterlegt sein, damit die Werte für die Dokumentation im Rahmen der Landesdüngeverordnung (gilt für das Bundesland Nordrhein-Westfalen) anerkannt werden.
Darüber hinaus sehe ich auch eine Akzeptanz über die Landwirtschaft hinaus beim Verbraucher, weil ich den Eindruck habe, dass alles, was durch die Technik und nicht durch den Menschen geregelt wird, in vielen Bereichen als genauer und verlässlicher angesehen wird. Beispielsweise vertrauen wir auch auf Navigationssysteme und hinterfragen nicht, wenn uns eine bestimmte Route oder ein Stau angezeigt wird. Eine solche Verhaltensweise kann ich mir auch bei einer zertifizierten NIRS Technologie vorstellen.
Wie könnte diese Technologie am schnellsten in die Praxis einziehen?
Ich sehe die Technologie eher beim Lohnunternehmer als beim Landwirt. Der Lohnunternehmer als Servicedienstleister übernimmt sowohl die Ausbringung der Gülle als auch die Dokumentation für die Landesdüngeverordnung. Zum einen ist die Technik mit Kosten verbunden, und zum anderen gibt es ständig Änderungen, sowohl in der Ausbringungstechnik, beispielsweise von Schleppschläuchen zu Injektoren, als auch bei der Sensorik. Die Geschwindigkeit der Veränderung können sich allenfalls größere landwirtschaftliche Betriebe leisten. Dazu kommt noch die hohe Arbeitsbelastung der viehhaltenden Betriebe.
Darüber hinaus kann der Lohnunternehmer zusätzliche Dienstleistungen wie das Erstellen von Applikationskarten anbieten, was den Landwirt zusätzlich entlastet. Auch viele Landwirte erkennen die Vorteile. So würden sie beispielsweise vor einem in einigen Jahren anstehenden Generationswechsel Investitionen in eine solche Technologie nicht mehr tätigen. Bei der Beauftragung eines Lohnunternehmers fallen die zusätzlichen Ausbringungskosten dagegen nur für die ausgebrachte Menge bzw. bearbeitete Fläche an, während die finanziellen Vorteile, die wir in unseren Versuchen ermittelt haben, trotzdem genutzt werden können.
Das Versuchs- und Bildungszentrum Haus Düsse dient heute der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als zentrale Bildungs- und Versuchseinrichtung für Tier- und Pflanzenproduktion. Daneben beherbergt der Standort Haus Düsse weitere Landwirtschaftliche Einrichtungen.
Betriebsflächen:
- 300 ha Ackerland
- 10 ha Grünland
- 22 ha Forst
- 17 ha Wege und Gebäude
Tiere:
- 290 Zuchtsauen
- 3.350 Schweinemastplätze
- 140 Milchkühe mit Nachzucht
- 60 Mastbullen
- 5.000 Legehennen
- Mastgeflügel je nach Aufgabenstellung