Am Eingang von Buchhof, einem winzigen Örtchen nahe Horb am Neckar, überrascht die moderne Fassade eines noch unbewohnten Hauses. Es wirkt fremd in dieser dörflichen Umgebung. Auch den Bauherren ist es fremd. Niemals hätten sie ihr altes Haus, in das sie so viel Herzblut gesteckt haben, gegen dieses neue ausgetauscht. Doch ein Brand im Sommer 2019 veränderte alles: Binnen weniger Stunden brannten Landtechnik, Scheune und Wohnhaus der Familie Hübl nieder.
Die Landwirte und ihre drei Kinder mussten ihr Zuhause zurücklassen. Was blieb, war viel Arbeit. 80 Hektar Ackerbaufläche und 70 Hektar Grünland mussten weiterhin bewirtschaftet werden. Auch die 500 Legehennen und 150 Milchkühe samt Nachzucht galt es zu versorgen. Aber die Familie gewann auch etwas dazu: Die Gewissheit, dass sie in Notlagen auf andere zählen kann.
Maschinen, Haus und Getreidelager in Flammen
Es war der erste Tag der Getreideernte 2019. Die Kinder spielten im Garten oder waren mit den Erwachsenen auf dem Feld. Frederik, der mittlere Sohn, entdeckte das Feuer im Strohlager. Thomas Hübl muss den Kloß im Hals hinunterschlucken, wenn er daran denkt, wie sein Sohn ihn rief. Mit seiner Frau Diana stand er kurz darauf machtlos vor den Flammen.
Nur sieben Minuten nach dem Notruf rückte die Feuerwehr an. Sie konnte nicht verhindern, dass das Wohnhaus, das Getreidelager und die Landmaschinen den Flammen zum Opfer fielen. Autoreifen explodierten in der Hitze. Eine Katastrophe. „Ich bin fast durchgedreht!“, erinnert sich Diana Hübl. Wenigstens wichtige Unterlagen konnten sie noch aus dem brennenden Haus retten.
Rettung für den Mähdrescher
Bald fing auch das eben gedroschene Gerstenfeld hinter der Scheune Feuer. Hier war der Sohn eines Cousins noch immer mit der Ernte beschäftigt. Geistesgegenwärtig fuhr er den Mähdrescher ans andere Ende des Felds und holte die Bodenbearbeitungsmaschine. Damit fuhr er auf dem Feld hin und her. „Eine Polizistin hat ihn immer dabei gestoppt“, erinnert sich Diana Hübl. „Er solle nicht im Feuer rumfahren. Aber der wusste, was er tut. Dann ist er immer um das Feuer herumgefahren, um den Brandherd zu stoppen.“
Mit Leihgeräten Zeit überbrücken
Am Tag nach dem Brand offenbarte sich das ganze Ausmaß der Schäden. Das Getreidelager war samt Getreidereinigung und Trocknung komplett verbrannt. Front und Heckmähwerk, Schwader, Ballenwagen und -gabel sowie viele kleine Geräte konnten nur noch entsorgt werden. Auch das Familienauto und ein Quad waren hinüber. In dieser schwierigen Lage halfen die Landmaschinenhersteller mit Leihgeräten aus, sodass die Landwirte den Betrieb weiterführen konnten.
Das Wohnhaus stand zwar noch, war aber nicht mehr zu retten. Hübls waren überfordert. Neben dem normalen landwirtschaftlichen Betrieb mussten sie sich nun auch um die Abwicklung mit der Versicherung kümmern. Der Vater eines Freundes empfahl einen professionellen Betreuer, der sich im Interesse der Familie um die Abwicklung mit der Versicherung kümmert. Eine gute Investition bei einem geschätzten Schaden von beinahe einer Million Euro.
Hilfe von allen Seiten
Eine gute Idee sei der Seelsorger gewesen, der auf Wunsch des Landwirtsehepaars vor allem den Großeltern und Kindern beistand. „Viele haben eine Hemmschwelle, diesen Service zu nutzen. Aber der ist wirklich gut“, bekräftigt Diana Hübl.
Verwandte und Freunde übernahmen ganz selbstverständlich viele Aufgaben, um die Familie zu entlasten. Eine Freundin eröffnete noch in der Brandnacht ein Spendenkonto. Der Kindergarten der Tochter spendete Kleidung, die Betreiberin einer Mühle eine Grundausstattung zum Kochen. „Dass wir so starken Rückhalt in der Gesellschaft haben und so starke Anteilnahme da ist, hätte ich nie gedacht!“, findet Thomas Hübl.
Wir hatten sehr große Anteilnahme und starken Rückhalt von Freunden und Helfern.
Thomas Hübl, Landwirt
Die Klasse des ältesten Sohns organisierte einen großen Kuchenverkauf. „Die Lehrerin hat mir gesagt, dass sie die Schüler noch nie so erlebt hätte – wie sie alle zusammengehalten haben. Jeder hat versucht, alles zu geben, um uns zu helfen“ erinnert sich Diana Hübl.
Freunde und Helfer packten mit an
Freunde und Helfer droschen sogar die Gerste fertig. Selbst das Stroh konnten sie noch trocken vom Feld bringen. „Das haben die alles für uns gemacht“, ist die Landwirtin noch immer gerührt. Am Anfang hatten sie und ihr Mann oft das Gefühl, keine Kraft mehr zu haben. Aber dass so viele Leute sie unterstützten, half ihnen, in der Krise stark zu bleiben.
Zurück zur neuen Normalität
Die ersten Wochen nach dem Brand konnte die Familie verteilt bei der Verwandtschaft schlafen. Irgendwann war es jedoch Zeit, sich eine neue Bleibe zu suchen. Hübls wollten ihr Familienleben zurückhaben. Nirgends fühlten sie sich mehr richtig daheim. Diana Hübl wollte wieder gemeinsam mit der Familie an einem Tisch essen. „Und vielleicht eine Blume dazu“, sagt sie. Also kamen sie darauf, einen Wohncontainer zu mieten, der neben dem Kuhstall Platz fand.
Heute, an diesem kalten Wintertag sitzen Diana und Thomas Hübl in der Wohnküche des Containers. Hier verbindet sich Baustellenflair mit Wohnzimmeratmosphäre. Kaltweiße Einbauleuchten erhellen das Blumengesteck auf dem Tisch und den graublauen Boden. Der riesige Weihnachtsbaum trotzt dem kargen Ambiente. Eine Wand ist mit bunten Kinderzeichnungen behangen, eine andere mit Familienfotos.
Die Ausstattung für den Container spendete die Verwandtschaft, die Matratzen sogar ein Möbelhaus. „Da waren so viele Leute, die sich Sorgen gemacht haben!“, sagt Diana Hübl überwältigt.
Bis heute ist die Brandursache ungeklärt. Erst vier Monate nach dem Brand erhielt die Familie eine kleine Vorauszahlung von der Versicherung. Den Betrieb hat der Brand um etwa fünf Jahre zurückgeworfen. Dabei hatten sie noch Glück: Die Ernte aus dem Vorjahr hatten sie wenige Wochen vor dem Brand verkauft. Eigentlich müssten sie nun investieren – in ein neues Getreidelager zum Beispiel. Die neuen Pläne liegen schon vor, doch die Schadensabwicklung bei der Versicherung läuft noch. Das ist nicht ungewöhnlich: Bis zu zwei Jahre kann es dauern, bis die Versicherung zahlt.
Kundenandrang direkt am Hof
Trotz dieser zermürbenden Situation versinkt die Familie nicht in Selbstmitleid. Stattdessen ist sie schon wieder eifrig dabei, anderen in Not zu helfen. Zusammenhalt ist schließlich keine Einbahnstraße. Eine Blumenhändlerin aus Nordstetten zum Beispiel musste in der Pandemie ihr Geschäft schließen. Sie durfte an Ostern und Weihnachten Gestecke und Sträuße direkt neben der Hofverkaufsstation anbieten und profitierte dadurch vom besonders regen Kundenandrang während der Pandemie.
Hübls sind auch im Dorf bekannt, weil sie sich engagieren – bei der Feuerwehr, in der Narrenzunft, dem Schützen- und Sportverein. Und natürlich, weil die drei Kinder in die Schule gehen. Dass sie so bekannt sind, hätten sie sich trotzdem nicht träumen lassen. Ohne die Hilfe von außen wäre es sehr schwierig gewesen, ist sich das Paar einig. „Das hat uns psychisch Halt gegeben“, sagt Diana Hübl. Ein Familienbetrieb schweiße außerdem zusammen.
Größeres Angebot im Hofladen
Trotz der unsicheren Finanzlage schmieden Hübls auch schon Pläne für ein größeres Sortiment im Hofverkauf. Kartoffeln, Eier, Milch, Konservenwurst und Nudeln bieten sie bislang an. Infolge der Corona-Pandemie blüht das Geschäft. Die Eier sind ständig ausverkauft. Deshalb steht auch eine Erweiterung des Hühnerstalls in den Startlöchern – wenn nur endlich die Abwicklung mit der Versicherung zu einem Ende käme.
Sogar das neue Wohnhaus steht bereits. Es wurde von einer Firma errichtet und fühlt sich noch fremd an. Am alten Wohngebäude hatten Hübls viel selbst gebaut. Doch für Eigenleistung war keine Zeit. „Wir wollen so schnell wie möglich wieder in einem Haus wohnen“, betont Thomas Hübl. Was jetzt für ein richtig gutes Gefühl zum Einzug fehlt, ist eine klare Aussage der Versicherung.
Zusammenhalt zählt
Aber der Silberstreif am Horizont rückt näher. Und bis dahin tankt die Familie Kraft bei Verwandten, Bekannten und Freunden. „Andere gehen im Sommer in den Urlaub“, erklärt Diana Hübl. „Aber unser Zusammenhalt ist viel mehr wert als das! Den kann uns niemand nehmen.“
Sobald die Corona-Situation es zulässt, will die Familie ein großes Fest feiern, um genau diesen Zusammenhalt zu feiern. Für die Feuerwehrleute und alle anderen Helfer. „Alle sollen sehen, dass es uns gut geht und wie wichtig gegenseitige Hilfe ist“, erklärt das Paar.
Tipps
Versicherungen alle paar Jahre überprüfen!
Häufig stimmen die angegebenen Werte für Gebäude und Co. nicht mehr. Hilfreich ist auch, wenn die Versicherung die Kosten für externe Sachverständige abdeckt. Idealerweise deckt die Versicherung mehr als nur ein Jahr Betriebsausfall ab. Denn es kann lange dauern, bis sie zahlt und solange sind dem Betrieb dann die Hände gebunden.