Strom gibt es auf vielen Höfen mehr als genug: Dank Photovoltaik-, Biogas- oder Windkraftanlagen produzieren heute schon viele Landwirte so viel Energie, dass sie davon einen guten Teil abgeben können. Doch warum sollte man diese Energie nicht noch stärker für den eigenen Bedarf nutzen? Eine Möglichkeit dafür zeigen wir mit unserem Hybrid-Traktor inklusive BatteryBoost in dem Forschungsprojekt 3connect.
Der besondere Schlepper basiert auf einem John Deere 6210 RE mit einem Sechs-Zylinder-Dieselmotor mit 210 PS. So weit, so gewöhnlich. An der Front Hitch des Schleppers hängt jedoch eine Batterie mit einer Bruttokapazität von 33 kWh. Diese soll in Zukunft bis zu 100 kW für den Fahrantrieb des Traktors sowie für elektrische Antriebe auf Anbaugeräten bereitstellen können. Derzeit nimmt der Fahrantrieb des Schleppers bis zu 20 kW aus der Batterie auf.
Mobiler Energiespeicher
Ausgetüftelt haben den Hybridtraktor die John Deere Ingenieure in unserem Entwicklungszentrum in Kaiserslautern. Projektmanager Johannes Bosch, erklärt: „Wir wissen, dass ein Traktor zwischen 85 und 95 Prozent des Jahres auf dem Hof steht und sich keinen Zentimeter bewegt. Deshalb ist es wichtig, die Batterie des Hybridtraktors als Teil des Energiemanagements des Hofs zu sehen und nicht nur im Einsatz auf dem Feld.“ So kann die Batterie, wenn sie gerade nicht mit dem Schlepper im Einsatz ist, als Energiespeicher auf dem Hof eingesetzt werden. Die Vision für die Zukunft: Wenn viel Strom produziert wird, weil zum Beispiel die Sonne dauerhaft scheint, wird die Batterie geladen. Wenn jedoch in der Nacht Energie benötigt wird, kann die Batterie diese wieder abgeben.
In Kaiserslautern tüfteln die Ingenieure in erster Linie an der Kommunikation zwischen Ladesäule und Batterie, die sie immer wieder vor neue Herausforderungen stellt. Um das System breit einsetzen zu können, setzten sie im Laufe der Entwicklungen auf den CCS-Combo 2 Standard für Schnellladung mit Gleichstrom. So kann die Batterie an herkömmlichen Ladesäulen geladen werden bzw. der Landwirt kann selbst kostengünstig eine eigene Ladeinfrastruktur aufbauen. „Bei so einer Entwicklung ist es wichtig, den Schlepper dann auch im Feld zu testen, um wertvolle Informationen aus dem Härtetest in der Praxis zu bekommen“, sagt Bosch.
Praxistest im Allgäu
Diese Aufgabe übernimmt im Rahmen des Projekts 3connect im Hybridtraktor-Projekt ein Hof bei Immenstadt im Allgäu. „Die Neugier auf technische Innovationen liegt bei uns in der Familie“, erzählt Josef Eldracher, der den Betrieb gemeinsam mit seinem Sohn Andreas führt. Bereits vor 20 Jahren installierte er eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach eines Stalls. Auf dem Bio-Betrieb mit über 100 Kühen arbeiten ein Melk- und ein Futterroboter sowie ein Spaltenschieber, der für einen sauberen Fußboden sorgt – voll automatisiert.
An das Fahrgefühl bei dem ersten Einsatz des Traktors erinnert sich Andreas Eldracher noch gut: „Das Fahren mit dem Hybridtraktor macht richtig Spaß“, erzählt er. „Wenn es bergauf geht, spürt man die zusätzliche Power im Antriebsstrang. Und auch den Berg runter fühlt sich das Gleiten ganz anders an.“ In einer hügeligen Gegend wie dem Allgäu macht der Traktor deshalb eine besonders gute Figur. Natürlich schlägt sich die elektrische Unterstützung für den Antrieb auch in einem geringeren Dieselverbrauch nieder.
Wenn es bergauf geht, spürt man die zusätzliche Power im Antriebsstrang.
Andreas Eldracher
Um bei Kinderkrankheiten direkt helfen zu können, waren in den ersten Tagen des Praxistests John Deere Ingenieure vor Ort, die bei Problemen halfen und das Batteriemanagement feinjustierten. Im Anschluss arbeiteten Vater und Sohn über den Zeitraum von zwei Monaten mit dem Schlepper. Das Fazit von Josef Eldracher: „Bis zum ersten vollelektrischen Schlepper dauert es wahrscheinlich noch eine Weile. Aber sowohl unsere Automatisierung als auch der Hybrid-Traktor zeigen, wohin die Reise geht.“
Das Projekt 3connect wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie BMWi gefördert. Projektträger war die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt DLR.
Mehr Infos: http://www.3connect-projekt.de/