Umwandlung von Abfällen, Nebenprodukten oder Biomasse in Energie zur Beheizung von Gebäuden oder Gewächshäusern: Die Idee ist nicht neu, aber die dadurch gewonnene Unabhängigkeit bleibt verlockend. Im Département Aisne hat sich der betrieb Manscourt für eine Biogasanlage entschieden, und zwar auf Initiative von Sébastien Manscourt, der sich diesem Projekt mit viel Leidenschaft widmet.
„Zusammen mit meiner Schwester und meinem Schwager leite ich einen Betrieb mit einer Schweinezucht und etwa 100 ha Land. 2004 habe ich damit begonnen, darüber nachzudenken, wie ich den Betrieb nachhaltig gestalten könnte. Ich habe auf die Energiewende gesetzt und alle Möglichkeiten für den Betrieb ausgelotet. Für eine Schweinezucht gibt es neben thermischer Energie kaum andere Lösungen.“
Kraft-Wärme-Kopplung
Nach der Genehmigung durch die Behörden errichtete Manscourt 2014 seine Biogasanlage mit einer Ausgangsleistung von 250 kW. Er entschied, die 11.000 t Gülle aus seinem Schweinestall für die Beheizung der neuen Gewächshäuser zu nutzen, die er auf seinem Hof errichtet hat. Für welche Fruchtart braucht man Gewächshäuser in der Picardie? Beerenfrüchte. Der junge Landwirt zögerte nicht: Er errichtete auf 1 ha Land Gewächshäuser für jährlich 40 t Früchte und stellte 15 Helfer für die Ernte zwischen April und November ein.
Durch die Zusammenlegung unserer drei Tätigkeitsfelder Schweinezucht, Erdbeeranbau und Biogasanlage haben wir Synergien geschaffen und deutliche Energieeinsparungen erreicht.
Sébastien Manscourt
Der Direktverkauf ab Hof ist fast zu vernachlässigen, der Großteil der Früchte gelangt zu einer Vertriebsplattform in Laon, der nächstgelegenen Stadt. „Ich möchte den Direktverkauf aber nicht aufgeben, damit ich mit den Kunden in Kontakt bin und erklären kann, dass wir die Früchte praktisch ohne chemischen Pflanzenschutz anbauen.“
Schaffung von Arbeitsplätzen
Das Projekt läuft gut. Der Betrieb produziert sechs Monate im Jahr Erdbeeren – insgesamt sieben Sorten – für lokale Geschäfte. Die Früchte werden auf Tischen produziert und lediglich mit ätherischen Ölen zur Vorbeugung gegen Krankheiten behandelt. Das Unkraut in den Pflanztöpfen wird von Hand gejätet. Außerdem hat Sébastien Manscourt neben den Gewächshäusern Wildpflanzen (Esparsetten und Steinklee) ausgesät, um Bienen und andere Bestäuber anzuziehen.
Gut die Hälfte der Gewächshäuser wird durch die Biogasanlage beheizt und mit dem erzeugten Warmwasser versorgt. Nach zwei Jahren des Betriebs schätzt Sébastien, dass es noch weitere fünf Jahre dauern wird, bis sich die Investitionen amortisiert haben. Insgesamt hat er in fünf Jahren vier Millionen Euro investiert und damit auch über 20 Arbeitsplätze auf dem Hof geschaffen.
Nutzung der lokalen Biomasse
Für Manscourt waren diese ersten zwei Jahre als Pilot- und Lernphase nötig. Er hat während dieser Zeit viele Stunden mit der Überwachung und Einstellung seiner Biogasanlage verbracht. Seiner Meinung nach ist das erst die erste Etappe, denn er hat sich vorgenommen, klimatisierte Lagerräume zu errichten. „Im Moment wird die Biogasanlage mit 60 % Gülle und 40 % pflanzlichen Abfällen betrieben. Ich habe jedoch noch nicht genug Leistung für die Beheizung aller meiner Gewächshäuser. Daher die Idee, die Biogasanlage zu vergrößern, um die ungenutzte Biomasse aus örtlichen Mülldeponien umzuwandeln.“
Manscourt hat sich aber noch mehr vorgenommen: ein Getreidelager errichten, neue Ställe bauen, den Viehbestand verdoppeln, noch mehr Gülle in Energie umwandeln. Sein Traum ist es, die Kapazität der Anlage schnell um das Drei- oder Vierfache zu erhöhen und Energieautark zu werden. „Unsere drei Tätigkeitsfelder Schweinezucht, Erdbeeranbau und Biogasanlage sind voneinander abhängig. Durch ihre Zusammenlegung schaffen wir Synergien und erreichen deutliche Energieeinsparungen.“
Miscanthus als Brennstoff
Eine weitere Energiequelle im Trend: Miscanthus. Für die Beheizung des Klosters Ourscamp im Département Oise wird von zwei Betrieben in der näheren Umgebung auf 12 ha Land Miscanthus angebaut, der Vertrag über dessen Lieferung wurde für 15 Jahre geschlossen. Die Pflanzen werden seit 2015 auf Flächen angebaut, die relativ weit entfernt von den Hofstellen liegen und wegen der Transportwege für den Getreideanbau wenig rentabel waren.
Durch den Liefervertrag mit dem Kloster sind die beiden Betriebe breiter aufgestellt, haben sichere Einnahmen und können die Investitionen in die Miscanthus-Pflanzungen schneller amortisieren. Die Glaubensgemeinschaft von Ourscamp konnte ihrerseits zur Beheizung von sieben Gebäuden eine neue 400kW Miscanthusheizung errichten, die die bisherige Heizölanlage ersetzt hat. Damit spart das Kloster 60.000 Euro an Brennstoffkosten pro Jahr ein und reduziert zudem seine CO2-Emissionen um 210 t. Zum Vergleich: Dies entspricht den Emissionen von 120 neuen Dieselfahrzeugen (114 g CO2/km, 15.500 km/Jahr).
Weiter im Süden, im Département Drôme, versucht Jacques Vaillant, alle Möglichkeiten für seine Energieautarkie zu nutzen. Der ehemalige Physikprofessor hat viele Ideen, die er im ländlichen Raum weiterverbreiten möchte. Er hat sich auf einem alten Hof in Montéléger niedergelassen – umgeben von knapp 2 ha Land. „Ich versuche, meine Kohlenstoffbilanz in den nächsten zwölf Jahren auf null zu reduzieren“, meint er. Alle Mittel sind ihm recht: Dämmung des Hauses mit Holzwolle, Mikro-Windkraftanlage, Durchlauferhitzer und Solarmodule und nicht zu vergessen der Anbau von Miscanthus zur Versorgung eines Heizkessels.
METHANISIERUNG UND ABSATZMÄRKTE FÜR BIOGAS
Methanisierung ist ein natürlicher Abbauprozess organischer Stoffe, durch den Biogas erzeugt wird, das auf verschiedenste Arten genutzt werden kann:
- nur Wärme (im Heizkessel)
- Strom und Wärme gleichzeitig (Kraft-Wärme-Kopplung)
- Biomethan, das ins Erdgasnetz eingespeist und für alle herkömmlichen Zwecke verwendet werden kann, auch als Kraftstoff.
Pflanze ohne große Ansprüche
„Fossilen Brennstoff benötige ich dank der Wanddämmung und der Beheizung mit Miscanthus bereits nicht mehr. Man muss wissen, dass diese Pflanze nicht invasiv ist, sondern wirtschaftlich, mehrjährig und einfach zu nutzen.“ Das Riesen-Chinaschilf (Miscanthus giganteus), auch Elefantengras genannt, ist steril, daher wird die Pflanze nicht als invasive Art angesehen.
Jacques Vaillant pflanzt Miscanthus auf nicht ganz einem Hektar Land an und die Ernte erfolgt im März, wenn die Halme gut getrocknet sind. Durchschnittlich erreicht er im Jahr 12 bis 14 t/ha Trockenmasse. Die Ernte wird als Hackschnitzel unter einem Unterdach gelagert, bevor sie über eine Förderschnecke direkt dem Heizkessel zugeführt wird.
Jacques Vaillant bedauert, dass er keinen passenden Heizkessel in Frankreich gefunden hat. Letztendlich hat er einen aus Österreich kommen lassen. „In diesem Heizkessel können alle Agrarrohstoffe verfeuert werden. Man muss nur auf eine geeignete Auskleidung achten, da die durch die Verbrennung entstehenden Säuren die Innenflächen angreifen. Darüber hinaus muss die Schlacke mittels eines Gitterrostes entfernt und die Luftmenge mithilfe eines Sauerstoffsensors geregelt werden, der sich am Rauchabzug befindet.“
Ein Schritt Richtung Unabhängigkeit
Immer bereit, seine Erfahrungen zu teilen, gründete der Professor im Ruhestand ein Unternehmen, um die Bedeutung von Miscanthus für die lokale Erzeugung von Energie zu verbreiten. „Ich denke, dass mit rund 5.000 m2 Miscanthus-Anbau jeder sein Haus beheizen könnte. Ein Landwirt kann es sogar für seine Trocknungsanlagen nutzen“, führt er weiter aus. „Ein Wechsel zu erneuerbaren Energien ist erforderlich und jeder muss versuchen, seine CO2-Emissionen um mindestens zwei Tonnen pro Jahr reduzieren. Andernfalls richten wir unsere Erde zu Grunde!“
MISCANTHUS ALS BIOBRENNSTOFF
Trocken geerntetes Miscanthus hat zahlreiche Vorteile:
- etwa 10 bis 25 t/ha
- die mehrjährige Pflanze bildet Mulch auf der Erde, wenn im Herbst die Blätter fallen, wodurch chemische oder mechanische Unkrautbekämpfung entfällt
- hoher Brennwert (4,9 MW/t Trockenmasse), vergleichbar mit dem von Holz, und hervorragender Trockenmassegehalt
- 15 t/ha Miscanthus entsprechen mehr als 6.000 l Heizöl