Konti­nuität – Mit neuen Akzenten

Aljoscha Kock-Rohwer über­nahm im letzten Jahr den
Höllnhof von seinen Eltern – ein Milch­vieh­be­trieb mit 85 Kühen in Böne­büttel, Schleswig-Holstein. Wir wollten wissen, wie sich für die beiden Gene­ra­tionen das Loslassen und die neue Verant­wor­tung anfühlen.

Aljoscha lacht. „Nein, Land­wirt wollte er zunächst wirk­lich nie werden!“ Und nun ist er es doch geworden. Seit rund einem Jahr ist der 36-Jährige Eigen­tümer des Höllnhofes östlich von Neumünster, dessen Geschichte bis in die Frühe Neuzeit reicht.

Rund 80 Seiten fasst der Hofüber­las­sungs­ver­trag, den er mit seinen Eltern Barbara und Dirk Kock-Rohwer geschlossen hat. Viele Aspekte waren zu berück­sich­tigen; wie beispiels­weise das Wege­recht und die Abfin­dungen an die weichenden Erben, die beiden Schwes­tern. Aber auch eine soge­nannte Rück­fall-Klausel wurde fest­ge­legt, die eintreten würde, wenn der Hoferbe früh­zeitig verstürbe und seine Kinder noch nicht voll­jährig sind.

Alle­samt Dinge und Über­le­gungen, die im tägli­chen Leben auf dem leben­digen Deme­terhof in der Mitte Schleswig-Holsteins eher keinen Raum einnehmen.

Aljoscha Kock-Rohwer über­nimmt den Hof von seinen Eltern.

Zusammen Ideen umsetzen – auch nach der Über­gabe

„Der Vertrag ist schon okay, der juris­ti­sche Schnitt für uns alle richtig, aber für mich ist das Gespräch mit meinen Eltern über und auf dem Hof weiterhin viel wich­tiger“, konsta­tiert Hofnach­folger Aljoscha über den betrieb­li­chen Alltag. Denn an der gemein­samen Arbeit hat sich durch die Hofüber­gabe prak­tisch kaum etwas verän­dert. Der neue Fest­mist-Tier­wohl-Lauf­stall ist im Jahr 2018 zusammen geplant und gebaut worden und auch eine Umstel­lung auf Melk­ro­boter in naher Zukunft ist ein von allen getra­genes Vorhaben.

Den Fest­mist-Tier­wohl-Lauf­stall hat die Familie zusammen geplant und gebaut.

Unter diesem Dach wohnen drei Gene­ra­tionen.

Letzt­lich ist der Sohn als neuer „Chef“ froh, dass ihn sein Vater mit Know-how und Arbeits­kraft weiterhin unter­stützt. Obschon er als Junior ganz klar stellt: So viel schuften wie sein Vater wolle er nicht. „Es muss als Land­wirt von heute möglich sein, auch mal Zeit für andere Dinge zu haben“,  sagt Aljoscha und fordert eine „gesell­schafts­taug­liche“ Land­wirt­schaft.

Ich wollte den Betrieb sofort ganz über­geben, nicht erst für eine Über­gang­zeit verpachten.

Dirk Kock-Rohwer

Aljoschas Eltern hören an dieser Stelle sehr genau hin, was ihr Sohn sagt, und nicken zufrieden. „Ich wollte den Betrieb sofort ganz über­geben, nicht erst für eine Über­gang­zeit verpachten“, freut sich Vater Dirk über voll­endete Tatsa­chen.

Dabei wirft der 61-jährige den Blick zurück auf den eigenen Einstieg als Hofin­haber zu Beginn der neun­ziger Jahre. Der verhielt sich etwas kompli­zierter, weil er seinen Bruder, der damals schon auf dem elter­li­chen Hof wirt­schaf­tete, zuerst auslösen musste und den Betrieb dann oben­drein noch auf ökolo­gi­schen Landbau umstellte.

Vater und Sohn gestalten die Hofüber­nahme möglichst unkom­pli­ziert.

Trotz mancher Unken­rufe in Familie und Nach­bar­schaft sind dem drah­tigen und ziel­ori­en­tierten Dirk und seiner beson­nenen Frau Barbara über mehr als drei Jahr­zehnte großer betrieb­li­cher Erfolg beschert worden: Mitt­ler­weile bewirt­schaftet die Familie zusammen mit vier Ange­stellten 210 Hektar Land und melken 85 Kühe, deren Milch sie über eine eigene Vertriebs­ge­sell­schaft regional gut vermarkten.

Vom Betriebs­leiter in den Landtag

Dass sich Dirk in seiner Zeit als Betriebs­leiter mit seinen Ansätzen wirt­schaft­lich behaupten konnte, verleiht ihm eine ausglei­chende Ruhe, die auch Anders­den­kende verspüren. So ist es nicht verwun­der­lich, dass er in den nächsten schleswig-holstei­ni­schen Landtag einzieht und dort eine kompe­tente Stimme für die Land­wirt­schaft und den länd­li­chen Raumes sein wird. Durch sein neues poli­ti­sches Amt kann er wohl nicht mehr ganz so viel Zeit für den Fami­li­en­be­trieb aufbringen wie bisher, doch ist dies auch eine Chance für neue Akzente und neue Entwick­lungen auf dem Höllnhof.