Der Sekt liegt schon kalt. Lange wird es wohl nicht mehr dauern, bis Philipp Bletzer, Maximilian Dick und Julian Herrlich mit ihm auf den ersten Kunden anstoßen können. Und irgendwann werden die drei einen Tropfen genießen, zu dem sie beigetragen haben. Zwar indirekter als zu Jugendzeiten, in denen sie in den Weinbergen ihrer Heimat aushalfen. Aber nicht minder. Denn die drei Studenten haben eine Software entwickelt, die Winzerinnen und Winzern Arbeit abnimmt: Bacchus. Sie verspricht schnellen Überblick über die vielfältigen Prozesse, an deren Ende guter Wein stehen soll.
Im Moment hantieren Winzer noch viel mit Zettel, Stift und Unmengen von Leitz-Ordnern. Die Digitalisierung bietet da große Vorteile.
Philipp Bletzer
„Im Moment hantieren Winzer noch viel mit Zettel, Stift und Unmengen von Leitz-Ordnern. Die Digitalisierung bietet da große Vorteile. Zum Beispiel, dass die Daten immer und überall verfügbar sind“, erklärt Bletzer. Er entwickelte die Idee zur Software in einem Kurs zum Thema „Entrepreneurship“ an der Universität Mannheim, wo er Wirtschaftsinformatik studiert.
Das Interesse am Weinanbau entstand aber weit früher zwischen den Reben von Neustadt an der Weinstraße. „Mein Großvater ist Winzer, da habe ich von klein auf viel mitbekommen vom Arbeitsalltag im Weinanbau“, sagt Bletzer. Das verbindet ihn mit seinen Kollegen. Maximilian Dick wuchs ebenfalls in Rheinland-Pfalz auf, Julian Herrlich stammt aus sächsischen Weingefilden, wo wie im Südwesten seit Jahrhunderten Wein angebaut wird.
Entwicklung gemeinsam mit Winzern
Dass das Winzerhandwerk von Traditionen geprägt ist, spricht für die drei 25-Jährigen nicht gegen die Erfolgschancen ihrer Software. „In vielen Weingütern findet ein Generationswechsel statt, und die Jüngeren sehen den Nutzen der Digitalisierung“, sagt Bletzer.
Für die Entwicklung von Bacchus arbeiteten sie mit Weingütern verschiedener Größen und Anbauphilosophien zusammen, befragten sie zu den Problematiken, Schmerzpunkten, Bedürfnissen. Heraus kam eine Software, mit der sich über eine intuitive Benutzeroberfläche die Prozesse rund um die Reben koordinieren lassen. Dick erklärt: „Wenn beispielsweise an einem Weinberg ein Draht gerissen ist, können Winzer in der App GPS-Marker setzen. Oft halten Winzer solche Schäden fest, indem sie Eckpfosten farblich markieren – und müssen dann wieder alles abfahren oder den Mitarbeitern die Stelle erklären. Mit unserer Software gibt es diesen Informationsverlust nicht.“
Zettelfreie Dokumentation
Zentrales Element dafür sind die Geodaten ihrer Weinberge vom Katasteramt, die Winzerinnen und Winzer „mit wenigen Klicks“, wie Bletzer sagt, in die App importieren können. Ohnehin ist den drei Digitalisierern wichtig, dass Bacchus einfach und intuitiv funktioniert. Herrlich sieht den Nutzen in der Zeit- und Nervenersparnis bei den künftigen Anwendern: „Eine Winzerin, die 60 einzelne Schläge hat, die großzügig ums Weindorf herum verteilt sind, muss die Aufgaben, die dort anfallen, koordinieren: Wer macht was wann und wo?“
So ermöglicht Bacchus beispielsweise die genaue und zettelfreie Dokumentation der eingesetzten Pflanzenschutzmittel, zu der Winzer verpflichtet sind. Dasselbe gilt für die Düngung. Alle Mitarbeiter, die die App installiert haben, können sehen, wo genau noch etwas fehlt.
Wir entwickeln die Software mit den Kunden an Bord weiter, damit sie genau das bietet, was Winzer wirklich brauchen.
Philipp Bletzer
Gegenwärtig denken Philipp Bletzer, Maximilian Dick und Julian Herrlich deshalb auch über Versionen von Bacchus in Fremdsprachen nach. „Wir entwickeln die Software mit den Kunden an Bord weiter, damit sie genau das bietet, was Winzer wirklich brauchen“, sagt Bletzer. Langfristig möchten er und seine Kollegen ein Betriebssystem entwickeln, mit dem sich alle Abläufe im Weingut steuern lassen. Kurzfristig steht aber erst einmal eins auf ihrem Plan: die Sektkorken knallen zu lassen.