Der mutmaßlich nördlichste Olivenhain der Welt gehört zur Gartenbaumschule Gartenhof Becker und entstand in Kooperation mit einem deutschen Olivenhändler. Dessen nur zu Dekozwecken gepflanzte Olivenbäume hingen im Herbst immer voller Oliven. „Das hat mich fasziniert“, erinnert sich Gartenbau- und Baumschulmeister Michael Becker. Der Olivenhändler inspirierte ihn nicht nur zu der Idee, einen eigenen Olivenhain anzulegen, er besorgte ihm auch die ersten Pflanzen. 2005 pflanzte Becker dann tatsächlich die ersten zweijährigen Bäumchen – als Experiment mit viel Liebe für die mediterranen Gehölze. „Oliven sind einfach wunderschön mit den silbrigen Blättern. Und ich liebe auch einfach Oliven und Olivenöl“, schwärmt er.
Frost- aber nicht winterhart
Schon 2008 folgte die erste Ernte – nicht ungewöhnlich, denn Oliven gehen schon nach fünf Jahren in den Ertrag. „Das war ein Glücksmoment“, sagt Becker und seine Augen leuchten. Doch auf diesen Höhenflug folgte ein richtig kalter Winter. 50 Bäume packte das Baumschul-Team noch in Vlies ein. Dann gaben sie auf. „Das war eine grauenhafte Arbeit“, sagt Becker. Am Ende hätten die Bäume, die nicht eingepackt waren, sogar besser ausgesehen als die eingepackten. Nur die italienische Sorte Lecchino tat sich in diesem Winter mit ihrer Winterhärte hervor. Minus 15°C vertrage diese Sorte ohne Probleme. Schwierig werde es ab -20°C. „Oliven sind eben nicht winterhart, sondern frostfest“, erklärt Becker.
Weil so viele Bäume durch den Frost Schaden genommen hatten, legte Becker die Anlage 2009 komplett neu an. Die jungen Bäumchen starteten mit nur drei bis vier Zweigen und einem fingerdicken Stamm. Inzwischen sind die Exemplare 13 Jahre alt und etwa zweieinhalb Meter hoch. Diese zweite Generation Kölner Olivenbäume blieb bislang von großen Frostausfällen verschont und entwickelt sich prächtig. Aber auch diese Bäume trotzten schon extremen Wetterereignissen – zum Beispiel Tagen, an denen die Temperatur zunächst von +10 auf -8°C fiel, um dann am nächsten Tag wieder auf 14°C zu steigen. „Das fanden die Bäume nicht gut und standen dann im März alle ohne Blätter da“, berichtet Becker. Nach einem starken Rückschnitt erholten sich die Bäume aber schnell.
Eine windempfindliche Kultur
Tatsächlich bräuchten die Olivenbäume Beckers Erfahrung nach sogar eher einen Wind- als einen Frostschutz. Deshalb werden die Gehölze von einem dicken Pfahl gestützt und jedes Jahr auf 2m Höhe zurechtgestutzt.
Erstaunlicherweise wachsen die Olivenbäume auf dem fruchtbaren, sogar leicht sauren Lösslehm der Kölner Bucht (92 Bodenpunkte) richtig gut. Dabei findet man sie im mediterranen Raum meist auf äußerst kargen, kalkhaltigen Böden. „Dass die hier so irre wachsen, hätte ich nicht gedacht. Ich war selbst fasziniert“, meint auch der Betriebsleiter.
Wenig überraschend zog Beckers ungewöhnlicher Erfolg Nachahmer an. Versucht haben es einige, doch von Erfolg gekrönt war keine dieser Bemühungen. „Die Kölner Bucht ist eben die wintermildeste Region Deutschlands“, erklärt Becker sich seinen eigenen Erfolg.
Ein Olivenhain als Besuchermagnet
Ein Geschäftsmodell steht noch nicht hinter den ausgepflanzten Oliven. Sie dienen bislang nur als Besuchermagnet. Als solcher hat sich der Olivenhain jedoch bewährt. Beim jährlichen Olivenfest begrüßt der Gartenhof Becker inzwischen etwa 120 Aussteller und 10.000 Besucher.
Die Früchte in der Kölner Bucht reifen erst im November, wohingegen in Spanien bereits im September geerntet wird. Für Furore sorgte Beckers gute Ernte 2020 mit 300 kg Oliven, also etwas mehr als 2,5 kg pro Baum. Die Zeitungen schrieben schon vom ersten deutschen Olivenöl. Doch aus 180 kg Oliven ließen sich mit der eigens aus Italien angeschafften Presse nur 3,5 Liter Öl pressen – 60 hätten es mindestens sein sollen. „Es trafen direkt Anfragen bei mir ein. Aber 3,5 Liter Olivenöl gibt man natürlich ungern ab“, erinnert sich Becker und schmunzelt. Seinem Traum vom „Olio di Colonia“ ist Becker damit zwar ein gutes Stück nähergekommen. Doch bis zum verkaufsfähigen Kölner Olivenöl ist es noch ein langer Weg.
Gartenhof Becker
- Lage: Puhlheim bei Köln
- Mitarbeiter: 18 feste, 6 Aushilfen + 3 Saisonarbeitskräfte
- Boden: Lösslehm, 92 BP
- Betriebsgröße: etwa 16 ha
- Betriebszweige: ursprünglich Obstbau, heute auch Baumschule, Garten- und Landschaftsbau, Endverkaufs-Baumschule