Der nörd­lichste Oliven­hain der Welt

Auf dem 51. Brei­ten­grad, in Puhl­heim bei Köln wiegen sich 115 topfitte Oliven­bäume im Wind. Ein unge­wöhn­li­cher Anblick, denn zumin­dest noch gehören Oliven hier­zu­lande zu den Exoten. Das könnte sich nach Ansicht von Betriebs­leiter Michael Becker mit dem Klima­wandel ändern.

Der mutmaß­lich nörd­lichste Oliven­hain der Welt gehört zur Garten­baum­schule Gartenhof Becker und entstand in Koope­ra­tion mit einem deut­schen Oliven­händler. Dessen nur zu Deko­zwe­cken gepflanzte Oliven­bäume hingen im Herbst immer voller Oliven. „Das hat mich faszi­niert“, erin­nert sich Gartenbau- und Baum­schul­meister Michael Becker. Der Oliven­händler inspi­rierte ihn nicht nur zu der Idee, einen eigenen Oliven­hain anzu­legen, er besorgte ihm auch die ersten Pflanzen. 2005 pflanzte Becker dann tatsäch­lich die ersten zwei­jäh­rigen Bäum­chen – als Expe­ri­ment mit viel Liebe für die medi­ter­ranen Gehölze. „Oliven sind einfach wunder­schön mit den silb­rigen Blät­tern. Und ich liebe auch einfach Oliven und Olivenöl“, schwärmt er.

Frost- aber nicht winter­hart

Gartenbau- und Baum­schul­meister Michael Becker in seinem Oliven­hain.

Schon 2008 folgte die erste Ernte – nicht unge­wöhn­lich, denn Oliven gehen schon nach fünf Jahren in den Ertrag. „Das war ein Glücks­mo­ment“, sagt Becker und seine Augen leuchten. Doch auf diesen Höhen­flug folgte ein richtig kalter Winter. 50 Bäume packte das Baum­schul-Team noch in Vlies ein. Dann gaben sie auf. „Das war eine grau­en­hafte Arbeit“, sagt Becker. Am Ende hätten die Bäume, die nicht einge­packt waren, sogar besser ausge­sehen als die einge­packten. Nur die italie­ni­sche Sorte Lecchino tat sich in diesem Winter mit ihrer Winter­härte hervor. Minus 15°C vertrage diese Sorte ohne Probleme. Schwierig werde es ab -20°C. „Oliven sind eben nicht winter­hart, sondern frost­fest“, erklärt Becker.

Weil so viele Bäume durch den Frost Schaden genommen hatten, legte Becker die Anlage 2009 komplett neu an. Die jungen Bäum­chen star­teten mit nur drei bis vier Zweigen und einem finger­di­cken Stamm. Inzwi­schen sind die Exem­plare 13 Jahre alt und etwa zwei­ein­halb Meter hoch. Diese zweite Gene­ra­tion Kölner Oliven­bäume blieb bislang von großen Frost­aus­fällen verschont und entwi­ckelt sich prächtig. Aber auch diese Bäume trotzten schon extremen Wetter­ereig­nissen – zum Beispiel Tagen, an denen die Tempe­ratur zunächst von +10 auf -8°C fiel, um dann am nächsten Tag wieder auf 14°C zu steigen. „Das fanden die Bäume nicht gut und standen dann im März alle ohne Blätter da“, berichtet Becker. Nach einem starken Rück­schnitt erholten sich die Bäume aber schnell.

Eine wind­emp­find­liche Kultur

Tatsäch­lich bräuchten die Oliven­bäume Beckers Erfah­rung nach sogar eher einen Wind- als einen Frost­schutz. Deshalb werden die Gehölze von einem dicken Pfahl gestützt und jedes Jahr auf 2m Höhe zurecht­ge­stutzt.

Erstaun­li­cher­weise wachsen die Oliven­bäume auf dem frucht­baren, sogar leicht sauren Löss­lehm der Kölner Bucht (92 Boden­punkte) richtig gut. Dabei findet man sie im medi­ter­ranen Raum meist auf äußerst kargen, kalk­hal­tigen Böden. „Dass die hier so irre wachsen, hätte ich nicht gedacht. Ich war selbst faszi­niert“, meint auch der Betriebs­leiter.

Erstaun­li­cher­weise wachsen die Oliven­bäume auf dem frucht­baren, sogar leicht sauren Löss­lehm der Kölner Bucht (92 Boden­punkte) richtig gut.

Wenig über­ra­schend zog Beckers unge­wöhn­li­cher Erfolg Nach­ahmer an. Versucht haben es einige, doch von Erfolg gekrönt war keine dieser Bemü­hungen. „Die Kölner Bucht ist eben die winter­mil­deste Region Deutsch­lands“, erklärt Becker sich seinen eigenen Erfolg.

Ein Oliven­hain als Besu­cher­ma­gnet

Ein Geschäfts­mo­dell steht noch nicht hinter den ausge­pflanzten Oliven. Sie dienen bislang nur als Besu­cher­ma­gnet. Als solcher hat sich der Oliven­hain jedoch bewährt. Beim jähr­li­chen Oliven­fest begrüßt der Gartenhof Becker inzwi­schen etwa 120 Aussteller und 10.000 Besu­cher.

Die Früchte in der Kölner Bucht reifen erst im November, wohin­gegen in Spanien bereits im September geerntet wird. Für Furore sorgte Beckers gute Ernte 2020 mit 300 kg Oliven, also etwas mehr als 2,5 kg pro Baum. Die Zeitungen schrieben schon vom ersten deut­schen Olivenöl. Doch aus 180 kg Oliven ließen sich mit der eigens aus Italien ange­schafften Presse nur 3,5 Liter Öl pressen – 60 hätten es mindes­tens sein sollen. „Es trafen direkt Anfragen bei mir ein. Aber 3,5 Liter Olivenöl gibt man natür­lich ungern ab“, erin­nert sich Becker und schmun­zelt. Seinem Traum vom „Olio di Colonia“ ist Becker damit zwar ein gutes Stück näher­ge­kommen. Doch bis zum verkaufs­fä­higen Kölner Olivenöl ist es noch ein langer Weg.

Gartenhof Becker

  • Lage: Puhl­heim bei Köln
  • Mitar­beiter: 18 feste, 6 Aushilfen + 3 Saison­ar­beits­kräfte
  • Boden: Löss­lehm, 92 BP
  • Betriebs­größe: etwa 16 ha
  • Betriebs­zweige: ursprüng­lich Obstbau, heute auch Baum­schule, Garten- und Land­schaftsbau, Endver­kaufs-Baum­schule