Caro­lino-Reis aus den Auen des Riba­tejo

Reis ist nach Weizen und Mais das dritt­wich­tigste Getreide der Welt. In Portugal wird er in den Fluss­be­cken der Flüsse Mondego, Tagus und Sado ange­baut. Dabei ist der Caro­lino-Reis die belieb­teste Sorte. Das Unter­nehmen Orivárzea ist ein Zusam­men­schluss der größten Reis­bauern in den Schwemm­ge­bieten des Flusses Riba­tejo. Wir haben mit Vertre­tern des Unter­neh­mens darüber gespro­chen, vor welchen Heraus­for­de­rungen der Sektor derzeit steht.

Reis ernährt die Hälfte der Mensch­heit, so wird gesagt – und das nicht ohne Grund. Reis ist Haupt­be­stand­teil unzäh­liger Gerichte welt­weit, darunter die spani­sche Paella, das berühmte chine­si­sche Xau-xau, Sushi, italie­ni­sches Risotto usw. In Portugal wird vorwie­gend Reis der Sorte Caro­lino ange­baut, und dieser kommt auch in der tradi­tio­nellen portu­gie­si­schen Küche zum Einsatz. Mit 18 kg/Jahr pro Kopf (dem Vier­fa­chen des EU-Durch­schnitts) hat Portugal den höchsten Reis­konsum inner­halb der Euro­päi­schen Union. Reis ist in der portu­gie­si­schen Küche so wichtig, dass ihm sogar ein jähr­li­ches Fest gewidmet wurde. Es findet in der Gemeinde Bena­vente in Samora Correia, statt. Dort können Besu­cher drei Tage lang krea­tive Menüs genießen, bei denen „Arroz Caro­lino das Lezí­rias Riba­te­janas“ als Haupt­zutat für ein einzig­ar­tiges kuli­na­ri­sches Erlebnis dient.

Wir trafen uns in Salva­terra de Magos, einer Stadt in der Region Lezíria Riba­te­jana, mit Orivárzea – Orizi­cul­tores do Riba­tejo, S.A., Europas größtem Produ­zenten von Caro­lino-Reis und Erzeuger von 15 % der landes­weiten Reis­pro­duk­tion. Das Unter­nehmen wurde 1997 von 10 Land­wirten gegründet und hat heute rund 40 Anteils­eigner, die auf einer Gesamt­fläche von 3.700 ha 26.000 t Reis produ­zieren. Dieser Zusam­men­schluss von Erzeu­gern ermög­lichte es, in der Größe zu wachsen. Einkauf, tech­ni­scher Support und Marke­ting werden gemeinsam betrieben. Das bietet Vorteile für alle. Im Rahmen seines verti­kalen Geschäfts­mo­dells vermehrt und verkauft das Unter­nehmen auch Reis­saatgut. Außerdem produ­ziert, verar­beitet und vermarktet es den ersten portu­gie­si­schen Reis mit einer geschützten geogra­fi­schen Angabe (g.g.A.) – „Arroz Caro­lino das Lezí­rias Riba­te­janas“.

Orivárzea ist der größte Produ­zent von Caro­lino-Reis in Europa.

Der Reis­zy­klus

Reis (Oryza sativa L.) ist eine einkeim­blätt­rige Pflanze aus der Familie der Gräser (Poaceae). In Portugal wird Reis auf nahezu ständig über­flu­teten Flächen unter­schied­li­cher Größe ange­baut. Der Anbau zeichnet sich durch einen hohen Mecha­ni­sie­rungs­grad aus. Dazu gehören Laser-Nivel­lier­technik, leis­tungs­starke Trak­toren zur Vorbe­rei­tung des Saat­bettes und Ernte­ma­schinen, die für die Arbeit in wasser­ge­sät­tigten Böden geeignet sind.

Von rechts nach links: Paddy­reis, Voll­korn­reis und weißer Reis.

Zwischen April und Mai wird das Land für die Aussaat des Reis vorbe­reitet. Die Beete werden in dieser Zeit langsam geflutet, um die Bewe­gung von Parti­keln weit­ge­hend zu vermeiden. Die Aussaat erfolgt nach der Über­schwem­mung und kann von Land oder von der Luft aus erfolgen. Tradi­tio­nell wird das Saatgut auf den über­schwemmten Flächen ausge­bracht, aber immer mehr Reis­bauern verwenden die Trocken­saat, bei der das Saatgut mit Hilfe von Reihen­sä­ma­schinen in einer Tiefe von 8 cm abge­legt wird.

Ein paar Wochen später, wenn der Reis hoch genug über dem Wasser steht, wird das Wasser abge­lassen und die Unkraut­be­kämp­fung durch­ge­führt. Anschlie­ßend werden die Flächen erneut geflutet. Nach 5 bis 6 Monaten ist der Reis ernte­reif. Einen Monat vor der Ernte wird das Wasser wieder aus den Beeten entfernt. Der beste Zeit­punkt für die Ernte ist, wenn der Feuch­tig­keits­ge­halt der Körner bei etwa 20 % liegt. Diese opti­malen Bedin­gungen sind in der Regel nur für einen kurzen Zeit­raum von 7 bis 10 Tagen erfüllt – daher ist es wichtig, bei der Aussaat und den verwen­deten Sorten auf eine zeit­liche Staf­fe­lung zu achten.

Nach der Ernte wird der Reis getrocknet und in Silos bei einer kontrol­lierten Tempe­ratur von etwa 18 Grad Celsius gela­gert. Durch die Einla­ge­rung kann der Reis in Etappen verkauft werden, um von posi­tiven Preis­schwan­kungen zu profi­tieren. In der Mühle durch­läuft der Reis einen voll­ständig mecha­ni­sierten Prozess, bei dem er zunächst entspelzt und anschlie­ßend geschliffen (das Silber­häut­chen wird entfernt). Danach wird der entstan­dene Bruch­reis aussor­tiert. Bei Voll­korn­reis wird das Silber­häut­chen nicht entfernt. Zum Schluss wird der Reis poliert, damit die Körner gleich­mäßig und einheit­lich sind. Nach diesem Prozess wird der Reis verpackt, um auf die Tische der Verbrau­cher zu gelangen.

Reis­anbau in Portugal

Die Natio­nale Stra­tegie zur Förde­rung des Getrei­de­an­baus hatte zum Ziel, bis 2022 eine Selbst­ver­sor­gung mit Reis von 80 % zu errei­chen. Aller­dings liegt der Wert bisher noch unter 60 %.

Der Reis­anbau erfolgt unter größt­mög­li­cher Rück­sicht­nahme auf die Umwelt und die Arten­viel­falt.

Die Becken der Flüsse Tejo, Mondego und Sado bilden mit insge­samt 28.000 ha die drei wich­tigsten Reis­an­bau­ge­biete in Portugal. Im Jahr 2023 wurden 171.000 t Rohreis produ­ziert, davon 132.000 t Caro­lino-Reis, 36.000 t mitt­lerer und runder Reis und nur 3.000 t Nadel­reis. Die gesamte Menge ergibt 125.000 t geschlif­fenem Reis, der für den Verzehr bereit­steht.

Die Anbau­flä­chen mit den für den Reis­anbau erfor­der­li­chen Eigen­schaften sind aufge­braucht und es gibt kaum Möglich­keiten für eine Aus. Der durch­schnitt­liche Ertrag liegt bei etwa 6 t/ha.

Wenn wir im Fach­jargon von Wasser­ver­brauch spre­chen, meinen wir eigent­lich die Wasser­nut­zung.

António Mada­leno

Die Heraus­for­de­rung rund um das Wasser

Ein Sprich­wort besagt, dass wir im Wasser geboren und zum Wasser zurück­kehren werden. „Bei Reis“, erklärt António Mada­leno, CEO von Orivárzea, „wird Wasser nicht nur verwendet, um den Wasser­be­darf der Pflanze zu decken. Mindes­tens genauso wichtig ist seine Funk­tion als Wärme­regu­lator, damit die Pflanze nicht unter den Tempe­ra­tur­schwan­kungen leidet, die in unserem Klima vorherr­schen. Außerdem verrin­gert das Wasser Unkraut­wachstum.

Quali­täts­kon­trolle und Lebens­mit­tel­si­cher­heit haben für Orivárzea oberste Prio­rität.

Bei der tradi­tio­nellen Anbau­weise ist es schwierig, Reis mit weniger Wasser zu produ­zieren.“ Doch er ergänzt: „Wir dürfen nicht vergessen, dass der über­wie­gende Teil dieses Wassers in die Umwelt zurück­fließt, ohne dass sich dessen Qualität ändert. Wenn wir im Fach­jargon von Wasser­ver­brauch spre­chen, meinen wir eigent­lich die Wasser­nut­zung.“

Den Wasser­be­darf zu vermin­dern, ist eine echte Heraus­for­de­rung für die Produ­zenten von Orivárzea. Die Umstel­lung der Aussaatt­echnik auf die unter­ir­di­sche Aussaat wurde auf 15-20 % der Fläche umge­setzt und hat dazu geführt, dass zwischen 15 % und 25 % des übli­cher­weise verwen­deten Wassers einge­spart werden konnten und auch weniger Saatgut pro ha verwendet werden musste (15-20 kg weniger).
Ein noch bahn­bre­chen­deres Expe­ri­ment wurde am 19. Mai 2022 im Rahmen einer Koope­ra­tion von Orivárzea, Magos Irri­ga­tion Systems und Rivulis in Herdade de Pancas gestartet: der Einsatz von Tröpf­chen­be­wäs­se­rung für den Reis­anbau.

Der Versuch findet auf einer 4 ha großen Fläche im Besitz von Orivárzea statt und zielt darauf ab, agro­no­misch nach­hal­tige Produk­ti­ons­me­thoden und Tech­niken zu testen und zu entwi­ckeln, die im Reis­anbau nicht üblich sind. Dazu gehören die unter­ir­di­sche Aussaat in der Reihe, die Tropf­be­wäs­se­rung (mit T-Tape des Herstel­lers Rivulis) und die Düngung über das Bewäs­se­rungs­system. „Das Haupt­ziel des Versuchs ist es, neue Anbau­me­thoden zu testen, die dazu beitragen, die Renta­bi­lität der Erzeuger zu erhöhen und gleich­zeitig nega­tive Umwelt­aus­wir­kungen des Reis­an­baus verrin­gern“, erklärt António Mada­leno. „Bei dem Versuch wurde ein Abstand von 20 cm zwischen den Trop­fern und 100 cm zwischen den Bewäs­se­rungs­lei­tungen verwendet und eine Verrin­ge­rung des Wasser­ver­brauchs um etwa 50 % erzielt.“ Die ersten Ergeb­nisse sehen trotz der gerin­geren Produk­ti­vität viel­ver­spre­chend aus. Sollte sich diese Art der Bewäs­se­rung als wirt­schaft­lich rentabel erweisen, könnten neue Anbau­ge­biete in Betracht gezogen werden.

Versuch einer Tropf­be­wäs­se­rung auf dem Landgut Pancas.

Wert­schät­zung von Reis

Klima­wandel, stei­gende Tempe­ra­turen und Wasser­knapp­heit sind die größten ökolo­gi­schen Heraus­for­de­rungen für die Reis­bauern. Weitere große Hinder­nisse ergeben sich aus den Preis­stei­ge­rungen für Betriebs­mittel und dem nied­rigen Preis von Import­reis, einem Wett­be­werb, der auf einem globalen Markt nicht immer fair ist.

Eine der Stra­te­gien von Orivárzea zur Diffe­ren­zie­rung ist die sorten­reine Verpa­ckung. Die Sorte Aríete ist zwar produk­ti­ons­tech­nisch nicht die attrak­tivste, aber gastro­no­misch die am besten geeig­nete. „Wir legen Wert auf Qualität und Lebens­mit­tel­si­cher­heit!“ sagt António Mada­leno, „Orivárzea verkauft zu 100 % Reis aus Portugal.“ Mit einem Umsatz von mehr als 20 Millionen Euro verkaufen sie portu­gie­si­sche Qualität in die ganze Welt.

Orivárzea in Zahlen

Produk­ti­ons­fläche:
3.700 ha
(150 ha im Besitz)

Verkaufte Menge:
25.000 t/Jahr

Umsatz (2022):
20 Mio. Euro

Lage:
Gemeinden Bena­vente, Salva­terra de Magos, Coruche, Vila Franca de Xira und Azam­buja.

Anzahl an
Anteils­eig­nern:
40