Durch Nutzung von Bakterien und Gras konnte Landwirt Tim Parton die Bodengesundheit verbessern und auf der Brewood Park Farm, Wolverhampton, eine Kohlenstoffsenke schaffen. Parton war schon immer stark an Böden interessiert und verfolgte diese Leidenschaft bereits seit den 1990er Jahren. Die grundlegenden Veränderungen nahm er jedoch erst 2009 in Angriff, als ihm klar wurde, dass sein landwirtschaftlicher Betrieb ohne Subventionen überlebensfähig sein müsste.
„Ich verstehe mich selbst als Bio-Landwirt“, erklärt er. „Seit sechs oder sieben Jahre haben wir keine Insektizide mehr eingesetzt, wir nutzen kaum Fungizide oder Saatgutbeize, und den Düngemitteleinsatz haben wir deutlich reduziert. Auf diese Weise beleben wir den den Boden, das Kalium zirkuliert, und die Pflanzen bekommen die richtige Nährstoffversorgung.“
Besserer Boden für mehr Kohlenstoff
Nach der Erkenntnis, dass sein Betrieb bessere Böden benötigte, um mehr Kohlenstoff aufnehmen zu können, begann Parton 2012 zunächst damit, Stickstoff zu binden. Ab 2015 experimentierte er mit streifenweiser Bodenbearbeitung, bis er schließlich ganz darauf verzichtete. „Wir dürfen uns nicht weiter damit herausreden, dass es 8 Milliarden Menschen zu ernähren gilt. Wir können genauso effizient Landwirtschaft betreiben, wenn wir gleichzeiting zur Regenerierung unseres Planeten beitragen. Wir alle sind dafür verantwortlich, ernährungsphysiologisch hochwertige Lebensmittel einzufordern. Es gibt keinen Planeten B.“
Als er damit begann, seine Betriebsabläufe zu verändern und auf biologische Betriebsmittel umzustellen, musste er sich die Informationen dazu selbst erschließen. „Es gab einfach niemanden, den ich fragen konnte, insbesondere über biologische Landwirtschaft.“
Seit Jahren haben wir keine Insektizide mehr eingesetzt, wir nutzen kaum Fungizide oder Saatgutbeize, und den Düngemitteleinsatz haben wir deutlich reduziert.
Tim Parton
Nichtsdestotrotz gelang es ihm, sich im engsten privaten Umfeld einige Kenntnisse anzueignen, auf die er seine Landbewirtschaftungsmethode aufbauen konnte. „Meine Frau hat einen Abschluss in Neurowissenschaften. Sie hat sich mit der Frage beschäftigt, warum wir kranke Menschen mit Medikamenten behandeln, und ob die Ernährung nicht einen Ansatzpunkt zur Vermeidung von Krankheiten bieten könnte. Pflanzen sind da nicht anders. Als ich erkannte, dass Pflanzen bei einer ausgewogenen Nährstoffversorgung nicht krank werden, war mir ein Licht aufgegangen. Fungizide behandeln nur die Symptome, nicht aber die Ursache“, erläutert er.
Pilze statt Pflug
„Der Boden sorgt für saubere Luft, frisches Wasser und Nahrung. Mit meinen jetzigen Bewirtschaftungmethoden bringen wir den Boden nicht aus dem Gleichgewicht. Bei mir gibt es Mikropilze, die die Pflanzen mit Nährstoffen versorgen. Sobald aber ein Pflug zum Einsatz kommt, beschädigt er das Ökosystem, und beim nächsten Regenguss wird der Boden weggeschwemmt“, fügt er hinzu.
„Wenn Sie den Boden mit den Augen und der Nase wahrnehmen und riechen, können Sie in direkten Kontakt mit ihm treten, ihn besser verstehen und ein Gefühl dafür bekommen, was in ihm vorgeht. In meiner Methode verbinde ich meine Sinneswahrnehmung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen.“ Infolge dieser Veränderungen ist das abfließende Wasser von seinen vornehmlich aus Ackerland bestehenden 300 Hektar jetzt kristallklar und frei von erodierten Bodenpartikeln. „Selbst im regenreichen Jahr 2019 kam es nicht zu Überflutungen. Das Wasser blieb da, wo es sein sollte.“
Was macht Parton also anders? Er pflanzt Weizen, Winterraps, Braugerste und Lupinen sowie Gras – einen integralen Bestandteil in der Fruchtfolge – an. Das dabei anfallende Heu verkauft Parton an Pferdebesitzer. „Gras eignet sich hervorragend, um Kohlenstoff zu binden und die Bodenqualität zu steigern.“ Bei einer Drei-Jahres-Rotation setzt er gewöhnlich auf 49 Hektar Gras und 4 Hektar Dauergrünland.
Zwischenfrüchte
Ein weiterer Aspekt ist derAnbau von Zwischenfrüchten. „Wir verwenden gerne Zwischenfrüchte – je mehr Variation über der Erde, umso mehr auch darunter. Dabei geht es aber immer darum, so viel Kohlenstoff wie möglich im Boden zu binden.“ Allerdings sollte Klarheit darüber bestehen, weshalb eine Zwischenfrucht angepflanzt werden soll. „Soll damit die Bodenverdichtung abgemildert, die Bodengesundheit verbessert oder das Bodenmilieu auf die nächste Fruchtfolge vorbereitet werden? Wenn diese Fragen beantwortet sind, müssen die richtigen Pflanzen dafür ausgewählt werden.“ Parton verwendet Wicke, Bohnen, Roggen, Hafer, Radieschen, Buchweizen, Bienenweide, Quinoa, Sonnenblumen, Grün- und Weißkohl, sowie Italienischer und Ägyptischer Klee.
Biologische Betriebsmittel
Ein Schlüsselelement der aktuellen Bewirtschaftung der Brewood Park Farm ist die Nutzung biologischer Betriebsmittel. „Bevor ich 2012 damit begann, stickstoffbindende Bakterien einzusetzen, wusste ich nicht einmal, dass es so etwas gab. Überall, wo ich sie verwendete, erntete ich 1 Tonne mehr Weizen und benötigte 40 kg weniger Stickstoff pro Hektar.“
Was sind biologische Betriebsmittel?
Bei biologischen Betriebsmitteln handelt es sich um Stammkulturen aus organischem Material und Mikroorganismen, die an Pflanzen ausgebracht werden können, um das Bodenmilieu zu unterstützen, die Nährstoffaufnahme zu erhöhen und sie vor Schädlingen, Krankheiten und Unkraut zu schützen. Biologische Betriebsmittel können dazu beitragen, die Bodengesundheit wiederherzustellen, das Wasseraufnahmevermögen zu steigern und den Mikroben- und Kohlenstoffanteil im Boden aufrechtzuerhalten.
Nachdieser Erfahrung begann Parton, selbst biologische Betriebsmittel anzusetzen. „Das ging ganz einfach. Schwieriger war allerdings herauszufinden, wo und wie sie am besten auszubringen waren“, erzählt er. 2015 wusste er dann, dass er die Bakterien direkt neben dem Saatgut einsetzen musste, um eine Symbiose zu erzeugen. „Das hieß, dass ich eine Möglichkeit finden musste, sie direkt neben dem Samen zu plazieren. Auf dem Markt fand sich jedoch keine geeignete Maschine für diese Aufgabe.“
Umbau der Sämaschine
Um das Problem zu lösen, arbeitete Parton eng mit einem Freund zusammen und baute seine John Deere 750A Sämaschine um. Sie entwickelten ein Rohrsystem für eine parallel zur Aussaat erfolgende Ausbringung und Ablage von Dünger. „Wir haben die Sämaschine mit zwei zusätzlichen Behältern ausgerüstet. Damit können wir gleichzeitig zwei oder drei Früchte in einem Durchgang aussäen. Seitdem ich damit angefangen habe, sind einige neue Maschinen auf den Markt gekommen, und nahezu alles, was ich selbst gebaut habe, kann man inzwischen fabrikfertig kaufen“, berichtet er.
Nahezu alles, was ich an der Maschine John Deere 750A selbst umgebaut habe, kann man inzwischen fabrikfertig kaufen
Tim Parton
Parton kann jetzt biologische Betriebsmittel für 2,50 £ (3 €) pro Hektar ausbringen und hat damit begonnen, eigenen Kompost herzustellen, der eine größere Vielfalt an Mikroben aufweist und so die Biodiversität im Boden anreichert. Was er jedoch erst lernen musste, war, dass Bakterien Schönwettergeschöpfe sind. „Sie sind launenhaft und mögen keine Extreme.“ Das heißt, dass sie bei zu trockenem oder kaltem Wetter möglicherweise nicht die gewünschte Wirkung entfalten.
Während der Fruchtentwicklung über die Saison hinweg nimmt Parton Proben und überwacht das Wachstum. Anhand dieser Proben kann er erkennen, ob er zur zusätzlichen Versorgung der Pflanze Nährstoffe oder Bakterien über den Blättern ausbringen muss.
Obwohl er bemüht ist, so wenig wie möglich anorganische Betriebsmittel einzusetzen, schließt er die Nutzung von Dünger nicht aus, wenn und wo dies erforderlich ist. „Meine Maxime ist nicht, mit möglichst wenig Betriebsmitteln zu wirtschaften. Ich arbeite so günstig wie möglich, versuche aber vor allem, maximalen Ertrag zu erzielen“, erklärt er. Das Ergebnis sind stabile Erträge von durchschnittlich etwa 9 Tonnen pro Hektar auf den leichtesten und 11 Tonnen auf den schwersten Böden. „Meine Böden reichern inzwischen 0,2 % organisches Material pro Jahr an und binden damit eine große Menge Kohlenstoff“, so Parton.
Beim Bewerten der Kohlenstoffbilanz seines Betriebs mit dem Farm Carbon Toolkit – mit diesem Tool können Landwirte ihre Treibhausgasausstoße messen, verstehen und Maßnahmen ergreifen, um ihr Geschäftsmodell robuster zu machen – kam heraus, dass sein Betrieb 750 t Kohlenstoff pro Jahr verbrennt, dabei aber 10.000 Tonnen im Jahr bindet. „Die gibt mir die Möglichkeitn Kohlenstoffzertifikate zu verkaufen und in Zukunft ein zusätzliches Einkommen zu erzielen.“
Wir müssen unseren Böden mehr Aufmerksamkeit schenken, sie sind die wertvollste Ressource der Landwirtschaft.
Tim Parton
Nachdem er die Bewirtschaftungsmethoden verändert hatte, fielen seine Produktionskosten für Weizen von 120 £ (140 €) pro Tonne von vor 10 Jahren auf heute 55-65 £ (64-76 €) pro Tonne. Für die Maschinen bedeutet das eine längere Lebensdauer, weil sie weniger stark in Anspruch genommen werden.
Mit jeder vorgenommenen Veränderung wurde eien Verbesserung der Bodengesundheit, Steigerung der Biodiversität und zusätzliche Bindung von Kohlenstoff erzielt. Gleichzeitig wurden nährstoffreiche, erschwingliche Lebensmittel auf gewinnbringende Art produziert. „Wir müssen unseren Böden mehr Aufmerksamkeit schenken, sie sind die wertvollste Ressource der Landwirtschaft.“
Die Zukunft
Partons nächstes großes Projekt wird die Produktion von Stickstoff aus dem eigenen Boden sowie eine glyphosatfreie Landbewirtschaftung sein. „Zu diesem Zweck habe ich eine Zahnwalze (Crimper) anfertigen lassen. Das Gerät ist insgesamt 3 Meter breit und in Abschnitte von jeweils 1 Meter unterteilt, für die sich der optimale Druck für perfektes Crimpen separat einstellen läßt – solange die Zwischenfrucht in Blüte steht“, erklärt er.
Obwohl nicht jeder eine so ausgeprägte Leidenschaft für Böden hat wie er, sieht er in Umweltzuschüssen und besseren Konditionen bei Kreditinstituten wie Oxbury, einer Bank für nachhaltige Landwirtschaft, einen lohnenden Anreiz, sich für regeneratives Landwirtschaften zu entscheiden. „Profitable Landwirtschaft und ein intaktes Ökosystem können Hand in Hand gehen.“
Green Farm Collective
Da sein Betrieb inzwischen eine positive Klimabilanz hat, kann er Kohlenstoffkredite verkaufen. Mit Blick auf das Ausmaß und Potenzial im Zusammenhang mit Kohlenstoffkrediten hat Parton mit einer Gruppe von Landwirten das Green Farm Collective, ein Kollektiv für nachhaltige Landwirtschaft, gegründet. Es richtet sich sowohl an Privatleute als auch Unternehmen, die in umweltfreundliche und kohlenstoffneutrale Landwirtschaftsbetriebe investieren wollen, und ermöglicht es Landwirten, Kohlenstoff- und Biodiversitätskredite zu verkaufen. „Je geringer unser Kohlenstoffabdruck ist, umso größer die Einnahmen.“
Die Breewood Park Farm
- Wolverhampton, Staffordshire
- 300 ha
- Mahlweizen, Winterraps, Braugerste, Lupinen und Gras
- Sandiger Lehm, Tonböden, sandiger tonhaltiger Schluff
- +0,2 % organisches Material pro Jahr
- 750 t Kohlenstoffverbrauch pro Jahr
- 10 000 t Kohlenstoffbindung pro Jahr