Aus Algen Dünger gewinnen

Wert­volle Dünge-Nähr­stoffe gehen im Boden verloren und gelangen in unser Wasser. Wie Stick­stoff und Phos­phat aus dem Abwasser wieder nutzbar gemacht werden können, erfor­schen der Biotech­no­loge Prof. Dr. Olaf Kruse an der Univer­sität Biele­feld gemeinsam mit dem Forschungs­zen­trum Jülich und den Stadt­werken Lich­tenau in Deutsch­land.

Wie kamen Sie darauf, Algen für die land­wirt­schaft­liche Nutzung zu erfor­schen?

Im Grunde genommen sind eine Hand­voll Land­wirte im Raum Pader­born selbst auf die Idee gekommen. Sie wendeten sich dem Gedanken, ihr eigenes Abwasser zum Algen­anbau nutzen zu wollen, an uns, den Bereich Algen­bio­tech­no­logie und Bioen­ergie der Univer­sität Biele­feld. Wir haben dann mit dem Forschungs­zen­trum Jülich eine Koope­ra­tion aufge­baut, denn dort gibt es Fach­leute, die viel Erfah­rung mit Produk­ti­ons­an­lagen zur Aufzucht von Algen haben. Der Kreis­lauf­ge­danke, die Nähr­stoffe aus dem eigenen Abwasser zu nutzen und sie wieder auf dem Feld auszu­bringen ist span­nend. Nicht zuletzt auch wegen der Knapp­heit von Dünge­mittel.

Was braucht es, um Algen anzu­bauen?

Prof. Dr. Olaf Kruse leitet das Centrum für Biotech­no­logie (CeBiTec) an der Univer­sität.

Sonne, Kohlen­di­oxid aus der Luft und eine Produk­ti­ons­an­lage, über die Wasser fließt. Bei einer Tempe­ratur von 25 Grad Celsius fühlen sich Algen beson­ders wohl. Auf der Produk­ti­ons­an­lage sorgen kleine Schau­fel­platten dafür, dass in einem Rhythmus von etwa 90 Sekunden ein Wasser­schwall über eine leicht ange­schrägte Platte läuft. Dadurch kann man regu­lieren, welche Fließ­ge­schwin­dig­keit für die Einzeller optimal ist, um Stick­stoff und Phos­phat aufzu­nehmen. Gelingt das, bildet sich ein Biofilm auf der Wasser­ober­fläche. Das sind Mikro­algen. Während sie wachsen, nehmen sie Nähr­stoffe aus dem Wasser auf und reinigen das Wasser auf diese Weise von Nitrat und Phos­phat.

Über Abwasser mit Schwei­negülle freuen sich Algen nur bedingt. Wo sie aber prima wachsen: Im Wasser einer Klär­an­lage.

Prof. Dr. Olaf Kruse

Gibt es etwas, was Algen nicht mögen?

Wir fanden heraus, dass Algen stark verschmutztes Abwasser, zum Beispiel aus dem Schwei­ne­stall, nicht so gut vertragen. Wir haben aber in Zusam­men­ar­beit mit den Stadt­werken im länd­li­chen Gebiet die Möglich­keit gefunden, eine Algen-Produk­ti­ons­an­lage an eine Klär­an­lage anzu­schließen. Da wachsen sie ganz wunderbar und wir ernten sie einmal in der Woche. Dann trocknen wir sie und düngen damit erst einmal im kleinen Maßstab Getreide.

Lohnt sich das – wie hoch ist der Ertrag?

Aus 1.000.000 Litern Klär­werks-Wasser stellen wir etwa 3 kg Trocken­dünger her. Dieser beinhaltet 115 g orga­nisch gebun­denen Stick­stoff und 40 g Phos­phor.  Das ist aktuell noch verhält­nis­mäßig wenig, weil das Klär­wasser bisher konti­nu­ier­lich mit relativ hoher Geschwin­dig­keit über die Anlage läuft und zudem in der Dämme­rung und nachts so gut wie keine Aufnahme statt­findet. Die Effek­ti­vität der Nähr­stoff­auf­nahme können wir aber in Zukunft durch eine Opti­mie­rung der Para­meter deut­lich erhöhen. In zukünf­tigen Expe­ri­menten gehen wir von einer etwa drei­fa­chen Stei­ge­rung aus.

Kleine Schau­fel­platten sorgen dafür, dass in einem Rhythmus von etwa 90 Sekunden ein Wasser­schwall über eine leicht ange­schrägte Platte der Produk­ti­ons­an­lage läuft. Dann bildet sich ein Biofilm von Mikro­algen auf der Wasser­ober­fläche.

Wann wird es den grünen Dünger für unsere Felder geben?

An diesem Forschungs­pro­jekt arbeiten wir seit dem Früh­jahr 2020. Jetzt bean­tragen wir ein Folge­pro­jekt beim Bundes­mi­nis­te­rium für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft (BMEL). Dann, so hoffen wir, produ­zieren wir Algen auf größeren Anlagen, ange­schlossen an die Klär­an­lage der Stadt Biele­feld. Auch dort werden wir unter­su­chen, was die Bestand­teile der Algen sind und wie gut sie sich als Dünger für die Felder eignen.

Wie wirt­schaft­lich kann der Algen-Dünger sein?

Die Versuchs­an­lage, die wir aktuell in Betrieb haben, hat eine 8 m2 große Fläche. Inklu­sive Strom- Mate­rial- und Perso­nal­kosten ist hier ein Kilo getrock­neter orga­ni­scher Dünger aus Algen prak­tisch unbe­zahlbar: 272 €. Bei einer 220-fachen Skalie­rung, also auf 1.760 m2 Fläche und einer gering­fü­gigen Modi­fi­ka­tion der Anlage würde ein Kilo aber nur noch 2,22 € kosten, was wiederum vergleichbar mit dem Preis für orga­ni­schen Dünger ist. Die Dünger­ef­fi­zienz wollen wir gemeinsam mit dem Forschungs­zen­trum Jülich demnächst auch unter den Bedin­gungen auf einem Versuchs­feld unter­su­chen.