Abschied vom Ökolandbau – dem Klima zuliebe 

Klaus Aage Beng­tson betreibt erfolg­reich einen Biohof in Däne­mark. Im Jahr 2025 wird die Umstel­lung von Bio- auf konven­tio­nelle Land­wirt­schaft abge­schlossen sein.

Was tut ein Bio-Land­wirt, wenn er fest­stellt, dass der Ertrag des Nach­barn höher ist als der eigene, er aber gleich­zeitig doppelt so viel für Diesel ausgibt und es dem Klima trotzdem nicht gut geht? Er wech­selt zum konven­tio­nellen Anbau.

Das zumin­dest tut Klaus Aage Beng­tson, der einen Bio-Acker­bau­be­trieb in Hals, nörd­lich von Aalborg in Däne­mark, führt. Sein Deckungs­bei­trag liegt seit 2019 über dem Bench­mark-Durch­schnitt für vergleich­bare Biobe­triebe, und er macht auch keinen Hehl daraus, dass er eine gute Rendite erwirt­schaftet. Für eine Umstel­lung auf konven­tio­nellen Anbau gibt es auf den ersten Blick keinen Grund.

Außerdem bringt die Aussage, dass die konven­tio­nelle Land­wirt­schaft klima­freund­li­cher sei als der ökolo­gi­sche Landbau Menschen in Rage. Sie steht im Gegen­satz zu der von vielen Poli­ti­kern propa­gierten Haltung – nicht nur in Däne­mark, sondern in weiten Teilen Europas. Doch Beng­tson begründet seine Entschei­dung in aller Ruhe. Er glaubt, dass er auf Grund­lage seiner eigenen Erfah­rung damit richtig liegt. Er bewirt­schaftet auf seinem Hof etwa 800 ha biolo­gisch und die rest­li­chen 400 ha konven­tio­nell.

Die geplante CO2-Steuer wird Beng­tson 750.000 DKK (ca. 100 000 €) kosten. Jede Tonne CO2, die er einspart, kommt also sowohl seiner Bilanz als auch dem Klima zugute.

„Ich bestreite nicht, dass der ökolo­gi­sche Landbau in einigen Teilen der Welt gut für das Klima sein kann, aber bei uns in Nord­eu­ropa ist das nicht so selbst­ver­ständ­lich“, sagt er. „Vor allem wenn man bedenkt, dass wir hier weitaus wirk­sa­mere Möglich­keiten zur Eindäm­mung des Klima­wan­dels haben, als es die ökolo­gi­sche Land­wirt­schaft bieten kann. Wir müssen diese Mögli­chen nutzen.“

Er zögert ein wenig und fügt hinzu: „Außerdem haben wir hier die nahezu besten Klima­be­din­gungen für die Land­wirt­schaft auf der ganzen Welt. Wenn das UN-Ziel, den Hunger bis zum Jahr 2030 zu beenden, erreicht werden soll, dann können wir es uns nicht leisten, die Nahrungs­mit­tel­pro­duk­tion zu dros­seln. Ich möchte mich an einer grünen Wende betei­ligen, und das kann ich am besten als konven­tio­neller Land­wirt“, so Beng­tson.

Den Betrieb umstellen – wegen der des Profits

„Warum haben Sie damals auf biolo­gi­schen Anbau umge­stellt?“ Die Antwort kommt prompt: „Um Geld zu verdienen. Ich hatte ein Entwäs­se­rungs­un­ter­nehmen und einen kleinen land­wirt­schaft­li­chen Betrieb, aber die Finanz­krise 2008 machte das Unter­nehmen unren­tabel. Also wurde ich 2010 Voll­zeit-Land­wirt und entschied mich für den ökolo­gi­schen Landbau, weil damit Geld zu verdienen war.“

Über den Betrieb

1,200ha

Ackerbau, teil­weise biolo­gisch und teil­weise konven­tio­nell 

50%

Im Jahr 2019 begann die Betriebs­über­gabe von Klaus Aage Beng­tson und seinem Sohn Svend Olav Beng­tson. Derzeit besitzt jeder 50 Prozent am Betrieb.

4,200

Mast­schwei­ne­plätze. Die Ställe sind auf 10 Jahre gepachtet. 


Bisher hat Beng­tson keine genauen Berech­nungen darüber ange­stellt, ob die Betriebs­um­stel­lung zu höheren Gewinnen führen wird. „Ich erwarte unge­fähr dasselbe Ergebnis“, schätzt er. „Mit der geplanten CO2-Steuer würde ich jähr­lich 750 000 DKK (ca. 100 000 €) verlieren. Also wirkt sich jede Tonne CO2, die ich einspare, positiv auf den Gewinn aus.“

Der Land­wirt erwartet durch die Umstel­lung auf konven­tio­nelle Produk­tion höhere Erträge, während sich die Kosten für Betriebs­mittel anders zusam­men­setzen werden: Laut einem Bericht über die Umwelt-, Sozial- und Manage­ment­be­din­gungen seines Betriebes könnte der Kraft­stoff­ver­brauch bei der Einstel­lung des ökolo­gi­schen Land­baus halbiert werden – von 150 l/ha auf ledig­lich 75 l/ha Diesel. Denn die für den Bioanbau uner­läss­li­chen Feld­ar­beiten wie Pflügen und Hacken können in einem konven­tio­nellen System deut­lich redu­ziert werden.

Ande­rer­seits erwartet Beng­tson, dass der verstärkte Einsatz anderer Betriebs­mittel wie Dünge- und Pflan­zen­schutz­mittel die Kosten erhöht, darüber hinaus muss der Maschi­nen­park um Mine­ral­dün­ger­streuer und Spritzen ergänzt werden. Aller­dings wird auf dem Betrieb Präzi­si­ons­land­wirt­schaft betrieben, was zur Opti­mie­rung des Betriebs­mit­tel­ein­satzes beiträgt.

Einer Studie zufolge kommt Beng­tson als konven­tio­neller Land­wirt mit nur 75 l/ha Diesel­kraft­stoff aus, als Biobauer braucht er dagegen 150 l/ha.

Durch eine Beob­ach­tung während der letzten Ernte fühlt sich Beng­tson in seiner Entschei­dung bestä­tigt. „Mein Nachbar und ich haben am selben Tag Winter­roggen gesät“, erzählt er. „Der Boden ist derselbe, aber er erzielte einen Ertrag von 9 t/ha, während ich mich mit 3 t/ha zufrie­den­geben musste.“

Bedin­gungen für Biobauern

Obwohl Beng­tson seine Entschei­dung für den konven­tio­nellen Landbau mit der Bekämp­fung des Klima­wan­dels und einer nach­hal­ti­geren Lebens­mit­tel­pro­duk­tion begründet, gibt er doch zu, dass sich die Bedin­gungen für Biobauern in den vergan­genen Jahren verschlech­tert haben.

Vor allem die Einschrän­kungen beim Einsatz konven­tio­neller Dünge­mittel, die Biobe­triebe verwenden dürfen, sind hinder­lich, da die Menge an orga­ni­schem Dünger begrenzt ist. Beng­tson hat nach „allen mögli­chen Alter­na­tiven“ gesucht, auch bei den Kommunen nach­ge­fragt, aber er kann seinen Bedarf an Dünge­mit­teln nicht decken. Gleich­zeitig wird es schwie­riger, Bio-Produkte zu verkaufen, und die Erträge sinken weiter, wie das däni­sche Statis­tikamt bestä­tigt. Zusam­men­ge­nommen tragen alle diese Faktoren zur Schwä­chung des ökolo­gi­schen Land­baus bei.

Ich bestreite nicht, dass der ökolo­gi­sche Landbau in einigen Teilen der Welt gut für das Klima sein kann, aber in Nord­eu­ropa ist das nicht so selbst­ver­ständ­lich.

Klaus Aage Beng­tson

„Aber“, so betont er, „mein Haupt­ziel bei der grünen Trans­for­ma­tion ist die Rück­sicht­nahme auf das Klima und die Arten­viel­falt.“ Also hat er bisher 6 ha Wald auf dem Grund­stück ange­pflanzt und drei Mini-Feucht­ge­biete ange­legt, darüber hinaus werden einige Flächen von Pferden beweidet. Eine weitere Förde­rung der Arten­viel­falt könnte die Einrich­tung von weiteren Weide­flä­chen oder Trocken­ge­bieten sein, betont er.

Neue Wege für die Land­wirt­schaft?

Beng­tson bevor­zugt bewährte Lösungen. Trotzdem setzt er auch auf Inves­ti­tionen in neue Tech­no­lo­gien, sofern sie erforscht und getestet worden sind. Außerdem verfolgt er aufmerksam mögliche Zukunfts­trends. Einer davon entwi­ckelt sich gerade vor seiner Nase. In Aalborg entsteht eine große Power-2-X-Anlage, die Flug­zeug­treib­stoff aus Stroh herstellen soll, und sein Betrieb verfügt über jede Menge Stroh.

Die gleich­zei­tige Aussaat Winter­roggen auf ein und demselben Boden brachte Beng­tson einen Ertrag von 3 t/ha und seinem konven­tio­nell wirt­schaf­tenden Nach­barn 9 t/ha.

„Als konven­tio­neller Land­wirt kann ich mich am besten an der grünen Wende betei­ligen“, sagt Beng­tson.

Um seine eigene Rolle bei der Umset­zung solcher neuen tech­no­lo­gi­schen Konzepte zur erkennen, beschreibt Beng­tson die Situa­tion folgen­der­maßen: Für ihn beginnt und endet der Kreis­lauf beim Land­wirt. Er sieht seine Aufgabe in der Versor­gung der Bevöl­ke­rung mit Nahrungs­mit­teln und der Versor­gung regio­naler Biogas­an­lagen mit Biomasse von seinen Tieren und Feldern. Am anderen Ende des Prozesses bekommt er Dünger und Biokohle, die 500 bis 1000 Jahre lang Wasser und Nähr­stoffe spei­chern und CO2 im Boden binden kann.

Aus Biomasse kann zusammen mit Solar- und Wind­energie Strom erzeugt werden. Der Power-2-X Prozess liefert Wasser­stoff, woraus wiederum Methanol-Kraft­stoff (für den Verkehrs­sektor) und Ammo­niak (für Dünge­mittel) herge­stellt werden können. Außerdem entstehen Biogas und Biokohle.

Damit dieses Kreis­lauf­system funk­tio­niert, schlägt Beng­tson eine erheb­liche Steuer auf Öl, Gas und Kohle vor. Außerdem sollte die 25-prozen­tige Mehr­wert­steuer für Lebens­mittel in eine diffe­ren­zierte CO2-Steuer umge­wan­delt werden. Lebens­mittel, die viel CO2 ausstoßen, bekämen dann eine hohe Steuer – und umge­kehrt. „Dies wird der Staats­kasse weiterhin Einnahmen bringen, aber Lebens­mittel werden für die Verbrau­cher nicht teurer“, betont er.

Meinungs­ver­schie­den­heiten 

Die Debatte über ökolo­gi­sche und konven­tio­nelle Land­wirt­schaft wird in Däne­mark sehr intensiv geführt. In vielen Berichten wird die eine oder andere Bewirt­schaf­tungsart als die bessere für Klima und Umwelt ange­sehen. Das liegt nicht an den Vorur­teilen der Forscher, sondern an fehlenden Daten und der Tatsache, dass diese unter­schied­lich inter­pre­tiert werden können.

Beispiels­weise stellt die Univer­sität Aarhus in einem Bericht (März 2022) fest, dass es derzeit nicht möglich sei, die Treib­haus­gas­emis­sionen zwischen ökolo­gi­scher und konven­tio­neller Produk­tion zu trennen.

Im selben Bericht heißt es, dass mehr Gras im konven­tio­nellen Landbau zu einem Anstieg des Kohlen­stoff­ge­halts des Bodens führt, während die gerin­geren Erträge im ökolo­gi­schen Landbau weniger zum Kohlen­stoff­spei­cher des Bodens beitragen.

In einem vom däni­schen Parla­ment im Jahr 2016 in Auftrag gege­benen Bericht heißt es, dass der durch­schnitt­liche Anstieg der Arten­viel­falt um 30 % auf Biofel­dern recht robust ist, aber einer großen Band­breite unter­liegt, „und der posi­tive Effekt insbe­son­dere von der Land­schaft abhängt, in der sich ein biolo­gi­scher oder konven­tio­neller Betrieb befinden.“

Im selben Jahr schrieb Organic Denmark in „Mythen und Fakten“, dass unter skan­di­na­vi­schen Bedin­gungen die Bio-Erträge 0–50 % unter den konven­tio­nellen liegen – je nach Art der Produk­tion.

Im Jahr 2020 stellten schließ­lich drei Forscher aus Däne­mark, Schweden und Frank­reich die Anwen­dung der Ökobi­lanz (LCA) ein, weil dieser Methode einige wich­tige Faktoren fehlen würden und sie daher „zu falschen Schluss­fol­ge­rungen über den ökolo­gi­schen und konven­tio­nellen Landbau führen kann“.

Trotz der Meinungs­ver­schie­den­heiten besteht jedoch Einig­keit darüber, dass die beiden Arten der Land­wirt­schaft begonnen haben, sich einander anzu­nä­hern, da die konven­tio­nellen Betriebe grüner geworden sind, während die Biobauern sich bewusst sind, dass die inten­sive Bear­bei­tung nega­tive Auswir­kungen auf die Boden­struktur haben kann.