Was tut ein Bio-Landwirt, wenn er feststellt, dass der Ertrag des Nachbarn höher ist als der eigene, er aber gleichzeitig doppelt so viel für Diesel ausgibt und es dem Klima trotzdem nicht gut geht? Er wechselt zum konventionellen Anbau.
Das zumindest tut Klaus Aage Bengtson, der einen Bio-Ackerbaubetrieb in Hals, nördlich von Aalborg in Dänemark, führt. Sein Deckungsbeitrag liegt seit 2019 über dem Benchmark-Durchschnitt für vergleichbare Biobetriebe, und er macht auch keinen Hehl daraus, dass er eine gute Rendite erwirtschaftet. Für eine Umstellung auf konventionellen Anbau gibt es auf den ersten Blick keinen Grund.
Außerdem bringt die Aussage, dass die konventionelle Landwirtschaft klimafreundlicher sei als der ökologische Landbau Menschen in Rage. Sie steht im Gegensatz zu der von vielen Politikern propagierten Haltung – nicht nur in Dänemark, sondern in weiten Teilen Europas. Doch Bengtson begründet seine Entscheidung in aller Ruhe. Er glaubt, dass er auf Grundlage seiner eigenen Erfahrung damit richtig liegt. Er bewirtschaftet auf seinem Hof etwa 800 ha biologisch und die restlichen 400 ha konventionell.
„Ich bestreite nicht, dass der ökologische Landbau in einigen Teilen der Welt gut für das Klima sein kann, aber bei uns in Nordeuropa ist das nicht so selbstverständlich“, sagt er. „Vor allem wenn man bedenkt, dass wir hier weitaus wirksamere Möglichkeiten zur Eindämmung des Klimawandels haben, als es die ökologische Landwirtschaft bieten kann. Wir müssen diese Möglichen nutzen.“
Er zögert ein wenig und fügt hinzu: „Außerdem haben wir hier die nahezu besten Klimabedingungen für die Landwirtschaft auf der ganzen Welt. Wenn das UN-Ziel, den Hunger bis zum Jahr 2030 zu beenden, erreicht werden soll, dann können wir es uns nicht leisten, die Nahrungsmittelproduktion zu drosseln. Ich möchte mich an einer grünen Wende beteiligen, und das kann ich am besten als konventioneller Landwirt“, so Bengtson.
Den Betrieb umstellen – wegen der des Profits
„Warum haben Sie damals auf biologischen Anbau umgestellt?“ Die Antwort kommt prompt: „Um Geld zu verdienen. Ich hatte ein Entwässerungsunternehmen und einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb, aber die Finanzkrise 2008 machte das Unternehmen unrentabel. Also wurde ich 2010 Vollzeit-Landwirt und entschied mich für den ökologischen Landbau, weil damit Geld zu verdienen war.“
Über den Betrieb
1,200ha
Ackerbau, teilweise biologisch und teilweise konventionell
50%
Im Jahr 2019 begann die Betriebsübergabe von Klaus Aage Bengtson und seinem Sohn Svend Olav Bengtson. Derzeit besitzt jeder 50 Prozent am Betrieb.
4,200
Mastschweineplätze. Die Ställe sind auf 10 Jahre gepachtet.
Bisher hat Bengtson keine genauen Berechnungen darüber angestellt, ob die Betriebsumstellung zu höheren Gewinnen führen wird. „Ich erwarte ungefähr dasselbe Ergebnis“, schätzt er. „Mit der geplanten CO2-Steuer würde ich jährlich 750 000 DKK (ca. 100 000 €) verlieren. Also wirkt sich jede Tonne CO2, die ich einspare, positiv auf den Gewinn aus.“
Der Landwirt erwartet durch die Umstellung auf konventionelle Produktion höhere Erträge, während sich die Kosten für Betriebsmittel anders zusammensetzen werden: Laut einem Bericht über die Umwelt-, Sozial- und Managementbedingungen seines Betriebes könnte der Kraftstoffverbrauch bei der Einstellung des ökologischen Landbaus halbiert werden – von 150 l/ha auf lediglich 75 l/ha Diesel. Denn die für den Bioanbau unerlässlichen Feldarbeiten wie Pflügen und Hacken können in einem konventionellen System deutlich reduziert werden.
Andererseits erwartet Bengtson, dass der verstärkte Einsatz anderer Betriebsmittel wie Dünge- und Pflanzenschutzmittel die Kosten erhöht, darüber hinaus muss der Maschinenpark um Mineraldüngerstreuer und Spritzen ergänzt werden. Allerdings wird auf dem Betrieb Präzisionslandwirtschaft betrieben, was zur Optimierung des Betriebsmitteleinsatzes beiträgt.
Durch eine Beobachtung während der letzten Ernte fühlt sich Bengtson in seiner Entscheidung bestätigt. „Mein Nachbar und ich haben am selben Tag Winterroggen gesät“, erzählt er. „Der Boden ist derselbe, aber er erzielte einen Ertrag von 9 t/ha, während ich mich mit 3 t/ha zufriedengeben musste.“
Bedingungen für Biobauern
Obwohl Bengtson seine Entscheidung für den konventionellen Landbau mit der Bekämpfung des Klimawandels und einer nachhaltigeren Lebensmittelproduktion begründet, gibt er doch zu, dass sich die Bedingungen für Biobauern in den vergangenen Jahren verschlechtert haben.
Vor allem die Einschränkungen beim Einsatz konventioneller Düngemittel, die Biobetriebe verwenden dürfen, sind hinderlich, da die Menge an organischem Dünger begrenzt ist. Bengtson hat nach „allen möglichen Alternativen“ gesucht, auch bei den Kommunen nachgefragt, aber er kann seinen Bedarf an Düngemitteln nicht decken. Gleichzeitig wird es schwieriger, Bio-Produkte zu verkaufen, und die Erträge sinken weiter, wie das dänische Statistikamt bestätigt. Zusammengenommen tragen alle diese Faktoren zur Schwächung des ökologischen Landbaus bei.
Ich bestreite nicht, dass der ökologische Landbau in einigen Teilen der Welt gut für das Klima sein kann, aber in Nordeuropa ist das nicht so selbstverständlich.
Klaus Aage Bengtson
„Aber“, so betont er, „mein Hauptziel bei der grünen Transformation ist die Rücksichtnahme auf das Klima und die Artenvielfalt.“ Also hat er bisher 6 ha Wald auf dem Grundstück angepflanzt und drei Mini-Feuchtgebiete angelegt, darüber hinaus werden einige Flächen von Pferden beweidet. Eine weitere Förderung der Artenvielfalt könnte die Einrichtung von weiteren Weideflächen oder Trockengebieten sein, betont er.
Neue Wege für die Landwirtschaft?
Bengtson bevorzugt bewährte Lösungen. Trotzdem setzt er auch auf Investitionen in neue Technologien, sofern sie erforscht und getestet worden sind. Außerdem verfolgt er aufmerksam mögliche Zukunftstrends. Einer davon entwickelt sich gerade vor seiner Nase. In Aalborg entsteht eine große Power-2-X-Anlage, die Flugzeugtreibstoff aus Stroh herstellen soll, und sein Betrieb verfügt über jede Menge Stroh.
Um seine eigene Rolle bei der Umsetzung solcher neuen technologischen Konzepte zur erkennen, beschreibt Bengtson die Situation folgendermaßen: Für ihn beginnt und endet der Kreislauf beim Landwirt. Er sieht seine Aufgabe in der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und der Versorgung regionaler Biogasanlagen mit Biomasse von seinen Tieren und Feldern. Am anderen Ende des Prozesses bekommt er Dünger und Biokohle, die 500 bis 1000 Jahre lang Wasser und Nährstoffe speichern und CO2 im Boden binden kann.
Aus Biomasse kann zusammen mit Solar- und Windenergie Strom erzeugt werden. Der Power-2-X Prozess liefert Wasserstoff, woraus wiederum Methanol-Kraftstoff (für den Verkehrssektor) und Ammoniak (für Düngemittel) hergestellt werden können. Außerdem entstehen Biogas und Biokohle.
Damit dieses Kreislaufsystem funktioniert, schlägt Bengtson eine erhebliche Steuer auf Öl, Gas und Kohle vor. Außerdem sollte die 25-prozentige Mehrwertsteuer für Lebensmittel in eine differenzierte CO2-Steuer umgewandelt werden. Lebensmittel, die viel CO2 ausstoßen, bekämen dann eine hohe Steuer – und umgekehrt. „Dies wird der Staatskasse weiterhin Einnahmen bringen, aber Lebensmittel werden für die Verbraucher nicht teurer“, betont er.
Meinungsverschiedenheiten
Die Debatte über ökologische und konventionelle Landwirtschaft wird in Dänemark sehr intensiv geführt. In vielen Berichten wird die eine oder andere Bewirtschaftungsart als die bessere für Klima und Umwelt angesehen. Das liegt nicht an den Vorurteilen der Forscher, sondern an fehlenden Daten und der Tatsache, dass diese unterschiedlich interpretiert werden können.
Beispielsweise stellt die Universität Aarhus in einem Bericht (März 2022) fest, dass es derzeit nicht möglich sei, die Treibhausgasemissionen zwischen ökologischer und konventioneller Produktion zu trennen.
Im selben Bericht heißt es, dass mehr Gras im konventionellen Landbau zu einem Anstieg des Kohlenstoffgehalts des Bodens führt, während die geringeren Erträge im ökologischen Landbau weniger zum Kohlenstoffspeicher des Bodens beitragen.
In einem vom dänischen Parlament im Jahr 2016 in Auftrag gegebenen Bericht heißt es, dass der durchschnittliche Anstieg der Artenvielfalt um 30 % auf Biofeldern recht robust ist, aber einer großen Bandbreite unterliegt, „und der positive Effekt insbesondere von der Landschaft abhängt, in der sich ein biologischer oder konventioneller Betrieb befinden.“
Im selben Jahr schrieb Organic Denmark in „Mythen und Fakten“, dass unter skandinavischen Bedingungen die Bio-Erträge 0–50 % unter den konventionellen liegen – je nach Art der Produktion.
Im Jahr 2020 stellten schließlich drei Forscher aus Dänemark, Schweden und Frankreich die Anwendung der Ökobilanz (LCA) ein, weil dieser Methode einige wichtige Faktoren fehlen würden und sie daher „zu falschen Schlussfolgerungen über den ökologischen und konventionellen Landbau führen kann“.
Trotz der Meinungsverschiedenheiten besteht jedoch Einigkeit darüber, dass die beiden Arten der Landwirtschaft begonnen haben, sich einander anzunähern, da die konventionellen Betriebe grüner geworden sind, während die Biobauern sich bewusst sind, dass die intensive Bearbeitung negative Auswirkungen auf die Bodenstruktur haben kann.