Vollernter sind die Schweizer Taschenmesser der Forstwirtschaft. Bei der Holzernte fällen sie in wenigen Schritten einen Baum, entasten ihn und legen ihn für die Weiterverarbeitung ab. Da sie eine Schlüsselrolle im Wald übernehmen, müssen sie das ganze Jahr über zuverlässig funktionieren. In den Wäldern der Bayerischen Staatsforsten absolvieren die Forstmaschinen meist über 10.000 Betriebsstunden, bevor sie aus dem Dienst genommen werden. Was man von außen nicht sieht: Einer der Harvester läuft mit Rapsölkraftstoff.
Der sogenannte Rapster – ein rapsölbetriebener Harvester – ist Teil eines Forschungsvorhabens des Bayerischen Wirtschaftsministeriums zur Treibhausgasminderung von Produkten aus der Forstwirtschaft. Gregor Friedl ist Harvester-Fahrer bei den Bayerischen Staatsforsten. Gemeinsam mit dem Forstmaschinenhändler Donauwald Forstmaschinen und dem Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) baute das John Deere European Technology Innovation Center (ETIC) einen John Deere Harvester der G-Reihe für den Rapsölbetrieb um, und die Bayerischen Staatsforsten testeten seine Funktionsfähigkeit in der Praxis. Schließlich ist Holz als natürlicher, nachwachsender Rohstoff sehr wertvoll, seine Ernte ist bisher jedoch in den meisten Fällen alles andere als klimafreundlich.

Das Ziel: eine klimaneutrale Forstmaschine
Ein Knackpunkt beim Umbau des Vollernters waren die Eigenschaften des Rapsölkraftstoffs. Er ist dickflüssiger als Diesel, hat ein anderes Verbrennungsverhalten und benötigt eine gewisse Vorerwärmung, um optimal eingespritzt und verbrannt zu werden. Dr. Edgar Remmele ist Wissenschaftler am TFZ und erklärt: „Die Standheizung des Harvesters war ursprünglich nur für die Beheizung des Hydrauliksystems und des Fahrerraums vorgesehen. John Deere erweiterte die Funktion, sodass die Standheizung nun zusätzlich den Rapsölkraftstofftank und den Motorblock vorwärmt. So funktioniert der Motorstart auch bei niedrigen Temperaturen zuverlässig.“ Der Rapster bekam außerdem eine leistungsfähigere Kraftstoffvorförderpumpe, beheizte Kraftstoffleitungen und Filter. Diese stellten sicher, dass das Rapsöl gut durch die Maschine fließt. Gregor Friedl fuhr den Rapster während der gesamten Projektlaufzeit. Er erinnert sich: „Selbst bei minus 25 Grad ist der Harvester angesprungen, während unsere Dieselmaschinen reihenweise ausgefallen sind. Das hat mich wirklich beeindruckt.“

Ein großer Vorteil von Rapsölkraftstoff ist die regionale Wertschöpfung. Wir könnten unsere land- und forstwirtschaftlichen Maschinen mit heimischem Kraftstoff betreiben, statt fossile Importe zu nutzen.
Edgar Remmele
Rapsöl ist bisher nicht für den Betrieb von Standheizungen freigegeben. Deshalb erhielt der Rapsöl-Harvester einen separaten 40-Liter-Dieseltank. Nach Erreichen der Betriebstemperatur des Motorsystems startete Friedl die Maschine ausschließlich mit Rapsöl. Auch das Abgasnachbehandlungssystem benötigt für die Partikelfilter-Regeneration eine kurze Dieselzufuhr. „Theoretisch ist der kontinuierliche Rußabbrand so gut, dass eine Rußfilterregeneration kaum nötig gewesen wäre“, erklärt Friedl. „Der Motor und die Abgasnachbehandlung liefen störungsfrei. Die Partikel- und gasförmigen Emissionen waren unter den Grenzwerten für eine Maschine der Abgasstufe IV.“ Bei dem verwendeten Diesel handelt es sich um HVO-Diesel – also einem erneuerbaren Kraftstoff, der aus Frittierfett gewonnen wurde. „Auch das Kettenfett des Harvesters war biologisch abbaubar“, berichtet Friedl.

Weniger Treibhausgase bei gleicher Leistung
Das TFZ ermittelte im realen Betrieb die Emissionen der Maschine. „Die CO₂-Einsparung des Rapsters ist erheblich“, sagt Remmele. „Über die gesamte Laufzeit der Maschine konnten wir eine Reduktion von etwa 570 Tonnen CO₂-Äquivalenten erreichen.“ Das entspricht dem CO₂-Ausstoß von ungefähr 125 Diesel-Pkw pro Jahr. Doch es ergaben sich noch weitere Vorteile. Ein Teil der bewirtschafteten Forstflächen liegt in Wasserschutzgebieten. Dort gelten strenge Regeln für den Einsatz von Maschinen. Friedl erklärt: „Da Rapsöl nicht als Gefahrstoff klassifiziert ist, konnten wir den Harvester problemlos in Bereichen betreiben und parken, in denen dieselbetriebe Maschinen nicht zugelassen sind. Auch das Tanken war kein Problem: Ich hatte immer einen Anhänger mit 1.000 Liter Rapsöl in genormter Qualität dabei, den ich problemlos überall stehen lassen konnte.“
In Wasserschutzgebieten war der Rapsöl-Harvester eine echte Bereicherung — endlich konnten wir ohne Einschränkungen arbeiten.
Gregor Friedl

Leistung und Verbrauch des Rapsters unterschieden sich kaum vom Dieselbetrieb. Aufgrund der geringeren Energiedichte von Rapsöl wurde die Einspritzmenge in den Motor erhöht, um die gleiche Leistung erbringen zu können. „Mit rund 1,16 Litern pro Festmeter Holz lag der Verbrauch weiterhin im Durchschnitt“, sagt Friedl. Auch lange Einsätze von bis zu acht Stunden meisterte die Maschine problemlos. Der einzige Unterschied: Der Tank sollte abends immer voll sein, um Kondenswasserbildung zu vermeiden. Besonders bei niedrigen Temperaturen kann sich sonst Feuchtigkeit im Tank niederschlagen, wodurch sich die Kraftstoffeigenschaften verschlechtern und Kraftstofffilter verstopfen könnten.
Rapsölkraftstoff für weitere Maschinen denkbar
Im Projekt wurde Rapsöl als Kraftstoff auch für einen John Deere 8R getestet. Der Motor des Traktors basiert auf der gleichen Plattform wie der des Harvesters und auch der Schlepper arbeitete problemlos mit Rapsöl. Das zeigt, dass Dieselmaschinen grundsätzlich mit Rapsölkraftstoff fahren können und der Motor mit beiden Treibstoffen funktioniert.
Obwohl Rapsöl deutliche ökologische Vorteile gegenüber Diesel hat, wird es bislang kaum als Kraftstoff genutzt. Denn wirtschaftlich gesehen besteht wenig Anreiz, auf Rapsöl umzusteigen. In der Land- und Forstwirtschaft wird Dieselkraftstoff steuerlich bessergestellt. Zudem fehlen häufig klare politische Rahmenbedingungen und Herstellerfreigaben für Rapsöl, was den Einsatz erschwert.
Das Forschungsprojekt zum Rapster ist bereits vollständig abgeschlossen. Der Harvester wurde noch über die eigentliche Projektlaufzeit hinaus mit Rapsöl betrieben. Nach über 11.000 Betriebsstunden verkaufen die Bayerischen Staatsforsten die Maschine nun weiter. Remmele fasst zufrieden zusammen: „Ich denke wir haben mit unserem Projekt in besonderer Weise über die Lebensdauer der Maschine gezeigt, dass die Technik funktioniert und Rapsölkraftstoff eine zuverlässige Alternative zu Diesel darstellen kann.“
Projektdaten zum Rapster

- Projektziel: Nachweis der technischen Tauglichkeit von Rapsöl als Treibstoff für Forstmaschinen, insbesondere Kaltstartfähigkeit
- Methode: Umbau eines forstwirtschaftlichen Vollernters (Harvester) auf Rapsölbetrieb beim Stand von 1.000 Betriebsstunden. Anschließender Einsatz im Praxisbetrieb für über 11.000 Betriebsstunden und Verarbeitung von ca. 167.000 Festmetern Holz
- Ergebnis: Reduktion der Emissionen um etwa 570 Tonnen CO₂-Äquivalente bei einem Verbrauch von 200.000 Litern Rapsölkraftstoff bei vergleichbarer Leistung und Effizienz wie im Dieselbetrieb
- Projektpartner: Bayerische Staatsforsten, John Deere, Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ), Donauwald Forstmaschinen
- Projektlaufzeit: 01.04.2016 bis 31.12.2018, abschließende Abgasmessungen im Realbetrieb im Februar 2025
- Förderer: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie (StMWi)