Frau Wollweber, Sie leiten die Gruppe Food + Farming am Laserzentrum Hannover (LZH). Woran arbeitet ihr Team?
Wir arbeiten an verschiedenen Ideen mit Laser und optischen Anwendungen im Bereich der Agrar- und Nahrungsmittelproduktion. Eine davon ist, mit einem Laser gegen das, was auch immer als Unkraut definiert wird, vorzugehen.

Dr. Merve Wollweber
Wie funktioniert das genau?
Unsere Bilderkennung kann Pflanzen voneinander unterscheiden: Also die Anbaupflanze, von jener Pflanze, die ihr beim Wachstum schadet, und dadurch den Ernte-Ertrag mindern kann. Ist dieses Unkraut erkannt, aktiviert das Gerät einen Laserblitz mit 5 mm Durchmesser und einer zehntel Sekunde Belichtungszeit, der auf das Wuchszentrum der Pflanze zielt. Die Zellen sterben ab und die Pflanze vertrocknet.
Wie weit ist Ihre Entwicklung?
Die Idee zu diesem Verfahren gibt es schon seit ein paar Jahrzehnten. Nur die Technik musste sich noch entwickeln: die künstliche Intelligenz der Kamera und der kompakten Laser. Wir nutzen ein Lasersystem mit 100 Watt optischer Leistung, mit dem wir bisher eine einzelne Reihe behandeln. Um gleichzeitig mehrere Reihen bearbeiten zu können, wollen wir mit Laserherstellern stärkere Systeme entwickeln.
Dabei stellen wir uns noch die Frage, welche Art der Behandlung sinnvoll ist: Ob wir uns auf den Bereich um die Nutzpflanze herum konzentrieren, oder auch auf den Bereich zwischen den Reihen. Je nach Pflanzabstand könnte es eine Lösung sein, die Behandlung mit anderen Methoden zu ergänzen, zum Beispiel mit dem Hacken. Hier könnten wir verschiedene Verfahren kombinieren. Wir rechnen damit, dass die Technik in zwei bis drei Jahren einsatzbereit ist.
Was sind die Vorteile?
Mit Hilfe des Lasers kommen wir sehr nah, auch an empfindliche Nutzpflanzen, heran. Hinzu kommt, dass wir jede Pflanze einzeln behandeln. Dadurch ergeben sich völlig neue Möglichkeiten. Denn schließlich entwickelt sich auch in der Landwirtschaft zunehmend ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Geben wir weniger Energie in eine Pflanze, verursachen wir eine Wuchshemmung bis die Pflanze wieder austreibt. Auf diese Weise stünde Unkraut nicht mehr zwingend in Konkurrenz zur Nutzpflanze und wir können mehr im Sinne der Biodiversität handeln. Auch wenn ich will, dass sich ein bestimmtes Unkraut nicht „versamt“, kann die Lösung sein, es einfach nur im Wuchs zu hemmen, anstatt es zu vernichten.

Im Vergleich: Wenn die Pflanze wachsen darf, sieht sie nach 14 Tagen aus wie die erste Pflanze in dieser Reihe. Die rechten Bilder zeigen ihren Zustand zum gleichen Zeitpunkt, nachdem sie eine volle, beziehungsweise schwächere Laserdosis abbekommen hat.
Schadet der Laser dem Boden?
Überhaupt nicht. Wir behandeln ja nur die Pflanzen, in denen die Energie vom Wasser aufgenommen wird. Die Erdbestandteile erwärmen sich in dem Maße, wie sie sich auch bei Sonnenschein erwärmen.
Zu welchem Zeitpunkt muss man mit dem Gerät auf das Feld?
Das Wuchsstadium spielt eine wichtige Rolle. Bei sehr kleinen Pflanzen ist die Erkennung eine Herausforderung. Je mehr Blätter ich sehen kann, desto einfacher die Identifizierung. Zu groß darf das Unkraut jedoch auch nicht werden: Bis zum Vierblatt-Stadium behandeln wir sehr effizient, sobald die Pflanzen jedoch größer sind, brauchen wir immer mehr Energie, da sie robuster werden. Daher müssten wir uns deutlich langsamer über das Feld bewegen. Das wiederum führt dazu, dass der Prozess weniger wirtschaftlich ist.

Exakte Positionierung des Laserstrahls (zur besseren Darstellung rot hervorgehoben) auf Unkrautmodellpflanzen im Laborversuchsstand.
Wie soll sich der Laser im Feld bewegen?
Ganz klassisch ist es natürlich denkbar, den Laser auf einem Anbaugerät mit dem Traktor hinter sich her zu ziehen. Mit Robotern könnte er sich autonom über das Feld bewegen. Über einen Einsatz in Kombination mit einer Drohne denken wir ebenfalls nach. Mit den Daten könnten wir die Unkrautverteilung spezifizieren und dann mit einer intelligenten Behandlungsstrategie festlegen, wann und wo behandelt werden muss.
Wie schlägt sich der Laser im Vergleich zu chemischen Methoden?
In solch einen Vergleich fließt eine Vielzahl von Faktoren ein: Von den Anschaffungskosten, über den Energiebedarf, bis zur Arbeitszeit. Derzeit sind die Anschaffungskosten noch sehr spekulativ. Was wir wissen, es gibt kaum Verschleiß und außer Energie auch keine weiteren Verbrauchsmittel. Beim Energieaufwand bewegen wir uns, wenn man die Herstellung des chemischen Wirkstoffs mit einbezieht, in einer ähnlichen Größenordnung.
Fahrgeschwindigkeiten von 2-4 km/h und die Behandlung von je nur einer Reihe beeinflussen natürlich die Arbeitszeit. In Zukunft wollen wir aber bis zu vier Reihen gleichzeitig bearbeiten. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Laserdies leisten kann. Da stecken wir noch in der Entwicklung. Sobald Autonomie auf dem Feld Einzug erhält, ist die Arbeitszeit kein so großes Argument mehr, denn das Gerät ist wetterunabhängig rund um die Uhr einsatzbereit.
Wie geht es in dem Projekt weiter?
Technologisch haben wir jetzt alles beisammen, um erfolgreich in den Testbetrieb im Feld gehen zu können. Genauer gesagt: Für das Jahr 2020 wollen wir uns konkret auf dem Gemüse- und Getreideanbau konzentrieren. Jetzt geht es vor allem darum, die Bedürfnisse der Landwirte zu erkennen und Erfahrungen auf dem Feld zu sammeln, um dann in der Zukunft gute wettbewerbsfähige Produkte herstellen zu können.