Inter­view: Der Laser kommt näher

Dr. Merve Woll­weber (43), Biophy­si­kerin am Laser­zen­trum Hannover e.V. forscht daran, einen Laser gegen Unkraut einzu­setzen.

Frau Woll­weber, Sie leiten die Gruppe Food + Farming am Laser­zen­trum Hannover (LZH). Woran arbeitet ihr Team?

Wir arbeiten an verschie­denen Ideen mit Laser und opti­schen Anwen­dungen im Bereich der Agrar- und Nahrungs­mit­tel­pro­duk­tion. Eine davon ist, mit einem Laser gegen das, was auch immer als Unkraut defi­niert wird, vorzu­gehen.

Dr. Merve Woll­weber

Wie funk­tio­niert das genau?

Unsere Bilder­ken­nung kann Pflanzen vonein­ander unter­scheiden: Also die Anbau­pflanze, von jener Pflanze, die ihr beim Wachstum schadet, und dadurch den Ernte-Ertrag mindern kann. Ist dieses Unkraut erkannt, akti­viert das Gerät einen Laser­blitz mit 5 mm Durch­messer und einer zehntel Sekunde Belich­tungs­zeit, der auf das Wuchs­zen­trum der Pflanze zielt. Die Zellen sterben ab und die Pflanze vertrocknet.

Wie weit ist Ihre Entwick­lung?

Die Idee zu diesem Verfahren gibt es schon seit ein paar Jahr­zehnten. Nur die Technik musste sich noch entwi­ckeln: die künst­liche Intel­li­genz der Kamera und der kompakten Laser. Wir nutzen ein Laser­system mit 100 Watt opti­scher Leis­tung, mit dem wir bisher eine einzelne Reihe behan­deln. Um gleich­zeitig mehrere Reihen bear­beiten zu können, wollen wir mit Laser­her­stel­lern stär­kere Systeme entwi­ckeln.

Dabei stellen wir uns noch die Frage, welche Art der Behand­lung sinn­voll ist: Ob wir uns auf den Bereich um die Nutz­pflanze herum konzen­trieren, oder auch auf den Bereich zwischen den Reihen. Je nach Pflanz­ab­stand könnte es eine Lösung sein, die Behand­lung mit anderen Methoden zu ergänzen, zum Beispiel mit dem Hacken. Hier könnten wir verschie­dene Verfahren kombi­nieren. Wir rechnen damit, dass die Technik in zwei bis drei Jahren einsatz­be­reit ist.

Was sind die Vorteile?

Mit Hilfe des Lasers kommen wir sehr nah, auch an empfind­liche Nutz­pflanzen, heran. Hinzu kommt, dass wir jede Pflanze einzeln behan­deln. Dadurch ergeben sich völlig neue Möglich­keiten. Denn schließ­lich entwi­ckelt sich auch in der Land­wirt­schaft zuneh­mend ein Bewusst­sein für Nach­hal­tig­keit. Geben wir weniger Energie in eine Pflanze, verur­sa­chen wir eine Wuchs­hem­mung bis die Pflanze wieder austreibt. Auf diese Weise stünde Unkraut nicht mehr zwin­gend in Konkur­renz zur Nutz­pflanze und wir können mehr im Sinne der Biodi­ver­sität handeln. Auch wenn ich will, dass sich ein bestimmtes Unkraut nicht „versamt“, kann die Lösung sein, es einfach nur im Wuchs zu hemmen, anstatt es zu vernichten.

Im Vergleich: Wenn die Pflanze wachsen darf, sieht sie nach 14 Tagen aus wie die erste Pflanze in dieser Reihe. Die rechten Bilder zeigen ihren Zustand zum glei­chen Zeit­punkt, nachdem sie eine volle, bezie­hungs­weise schwä­chere Laser­dosis abbe­kommen hat.

Schadet der Laser dem Boden?

Über­haupt nicht. Wir behan­deln ja nur die Pflanzen, in denen die Energie vom Wasser aufge­nommen wird. Die Erdbe­stand­teile erwärmen sich in dem Maße, wie sie sich auch bei Sonnen­schein erwärmen.

Zu welchem Zeit­punkt muss man mit dem Gerät auf das Feld?

Das Wuchs­sta­dium spielt eine wich­tige Rolle. Bei sehr kleinen Pflanzen ist die Erken­nung eine Heraus­for­de­rung. Je mehr Blätter ich sehen kann, desto einfa­cher die Iden­ti­fi­zie­rung. Zu groß darf das Unkraut jedoch auch nicht werden: Bis zum Vier­blatt-Stadium behan­deln wir sehr effi­zient, sobald die Pflanzen jedoch größer sind, brau­chen wir immer mehr Energie, da sie robuster werden. Daher müssten wir uns deut­lich lang­samer über das Feld bewegen. Das wiederum führt dazu, dass der Prozess weniger wirt­schaft­lich ist.

Exakte Posi­tio­nie­rung des Laser­strahls (zur besseren Darstel­lung rot hervor­ge­hoben) auf Unkraut­mo­dell­pflanzen im Labor­ver­suchs­stand.

Wie soll sich der Laser im Feld bewegen?

Ganz klas­sisch ist es natür­lich denkbar, den Laser auf einem Anbau­gerät mit dem Traktor hinter sich her zu ziehen. Mit Robo­tern könnte er sich autonom über das Feld bewegen. Über einen Einsatz in Kombi­na­tion mit einer Drohne denken wir eben­falls nach. Mit den Daten könnten wir die Unkraut­ver­tei­lung spezi­fi­zieren und dann mit einer intel­li­genten Behand­lungs­stra­tegie fest­legen, wann und wo behan­delt werden muss.

Wie schlägt sich der Laser im Vergleich zu chemi­schen Methoden?

In solch einen Vergleich fließt eine Viel­zahl von Faktoren ein: Von den Anschaf­fungs­kosten, über den Ener­gie­be­darf, bis zur Arbeits­zeit. Derzeit sind die Anschaf­fungs­kosten noch sehr speku­lativ. Was wir wissen, es gibt kaum Verschleiß und außer Energie auch keine weiteren Verbrauchs­mittel. Beim Ener­gie­auf­wand bewegen wir uns, wenn man die Herstel­lung des chemi­schen Wirk­stoffs mit einbe­zieht, in einer ähnli­chen Größen­ord­nung.

Fahr­ge­schwin­dig­keiten von 2-4 km/h und die Behand­lung von je nur einer Reihe beein­flussen natür­lich die Arbeits­zeit. In Zukunft wollen wir aber bis zu vier Reihen gleich­zeitig bear­beiten. Voraus­set­zung dafür ist natür­lich, dass der Laser­dies leisten kann. Da stecken wir noch in der Entwick­lung. Sobald Auto­nomie auf dem Feld Einzug erhält, ist die Arbeits­zeit kein so großes Argu­ment mehr, denn das Gerät ist wetter­un­ab­hängig rund um die Uhr einsatz­be­reit.

Wie geht es in dem Projekt weiter?

Tech­no­lo­gisch haben wir jetzt alles beisammen, um erfolg­reich in den Test­be­trieb im Feld gehen zu können. Genauer gesagt: Für das Jahr 2020 wollen wir uns konkret auf dem Gemüse- und Getrei­de­anbau konzen­trieren. Jetzt geht es vor allem darum, die Bedürf­nisse der Land­wirte zu erkennen und Erfah­rungen auf dem Feld zu sammeln, um dann in der Zukunft gute wett­be­werbs­fä­hige Produkte herstellen zu können.