Konstanze Pantiru und ihr Mann Ciprian haben noch viel vor mit dem Knoblauch. Das zeigt der Blick in ihre 1.000 m2 große Halle bei Lampertheim in Hessen. Kartoffelkisten mit Knoblauchknollen stehen auf dem Betonboden. In der Ecke brummt ein Kühlhaus für 50.000 €, in dem 35 t Frischware Platz finden. In der roten Maschine daneben werden Knoblauchknollen in Zehen gebrochen. Entsprechend intensiv und würzig duftet es in der Halle, obwohl das große Tor offen steht. „Die Maschine schafft 400 kg Saatgut in eineinhalb Stunden“, erläutert Konstanze Pantiru. Das Ehepaar hat die Maschine aus Spanien importieren müssen, nur dort und in Frankreich gibt es in Europa moderne Knoblauchtechnik.
Steigende Nachfrage
Seit die Deutschen ihre Liebe zur mediterranen und asiatischen Kost entdeckt haben, ist Knoblauch zwar in hiesigen Küchen weit verbreitet. Angebaut wurde er aber kaum auf deutschen Äckern. Der Markt wird dominiert von Importware, meist aus Spanien, China oder Ägypten. Höhere Qualität kommt oft aus Frankreich. Nicht selten ist diese Ware lange unterwegs und chemisch behandelt, zum Trocknen oder gegen das Keimen der Knollen. Das Angebot beschränkt sich zudem auf wenige Sorten. Und frischer Knoblauch wird noch eher selten angeboten.
Konstanze Pantiru ist dem Knoblauch schon seit ihrer Schulzeit verfallen: „Meine Mitschüler haben mich immer Konny Knoblauch genannt.“ Die Leidenschaft für die Knolle hat wohl auch mit der Liebe zu ihrem Mann Ciprian zu tun. Der 36-jährige stammt aus Rumänien. Als Erntehelfer arbeitete er damals auf dem Hof von Willi Billau, Konstanzes Vater. Heute betreiben Konstanze und Ciprian Pantiru ihre eigene Firma, die auf 24 ha Konsumknoblauch anbaut sowie Saatgut aus Spanien und Frankreich in Deutschland vertreibt.
Begonnen mit dem Anbau von Knoblauch haben sie 2008 auf einem knappen halben Hektar. „Damals gab es noch gar keinen Markt für uns.“ Der entwickelte sich erst mit dem Trend zu regionalen Produkten. Erst seitdem erzielen sie die Preise, die sie brauchen. Die liegen bei frischem Knoblauch zwischen 3.500 und 4.500 €/t. Heute verkaufen Pantirus an fünf Großhändler, die wiederum Supermärkte und Discounter mit ihrer Ware beliefern. Das Geschäft läuft gut. Willi Billau und sein Sohn Martin unterstützen die beiden bei der Feldarbeit, wenn der Knoblauch gesteckt oder geerntet wird.
Knoblauch als weiteres Standbein
Die Billau GbR mit Sitz in Lampertheim, einem zur Kleinstadt gewachsenen ehemaligen Bauerndorf nahe Worms, bewirtschaftet rund 100 ha. Gut die Hälfte davon mit Kartoffeln, 20 ha mit Weizen, den Rest mit Spargel und Erdbeeren. Auf etwa 14 ha produzieren sie zudem Spargel- und Erdbeerpflanzen. „Die Vielfalt gewährleistet eine ideale Fruchtfolge“, sagt Willi Billau. Außerdem tauscht der Betrieb Flächen mit anderen Landwirten und Gartenbaubetrieben. „Knoblauch erweitert unsere Vielfalt, zudem ist dem Betrieb so ein weiteres Standbein gewachsen“, erklärt der 60-Jährige weiter.
Es ist doch gut, wenn unsere Lebensmittel nach unseren Standards für Arbeit und Umwelt in der Region angebaut werden.
Konstanze Pantiru
Das Ehepaar Pantiru vertreibt auch 100 t Knoblauchpflanzgut im Jahr an Kunden in ganz Deutschland. Eine Tonne reicht für einen Hektar. Die Nachfrage wächst stark. Die wenigsten Kunden aber haben Maschinen für den Anbau. Die Firma Pantiru verleiht diese oder übernimmt das Stecken, wenn die Felder des Kunden im Umkreis von 100 km liegen. Züchtet sie sich damit nicht die eigenen Konkurrenz heran? „Der Markt ist groß genug, zudem sitzen wir so immer an der Quelle, was das Pflanzgut angeht“, sagt Konstanze Pantiru.
„Mit 500-600 l/m2 und Jahr sind wir eine relativ regenarme Region“, erklärt sie. Ideal für den Knoblauch. Der ist nämlich eigentlich robust. Nur zu viel Regen bekommt ihm nicht. Das bekamen die Pantirus schon zu spüren: Einmal bekam der Knoblauch zu viel Regen ab und Teile der Knollen drohten im Trockenlager zu faulen. „Wir haben dann so schnell und so viel wie möglich als Frischware verkauft und so das Meiste retten können.“ Das ist sowieso lohnender.
Der Ertrag an Frischware liegt bei 10-11 t/ha, getrocknet sind es nur noch um die 6 t. Das Zeitfenster für frischen Knoblauch aber ist klein. Je nach Sorte wird Knoblauch ab Ende Mai bis Ende Juni geerntet. Als Frischware lässt er sich nur bis Mitte August vermarkten. „Alles was danach noch frisch auf dem Markt ist, kommt in der Regel aus dem Kohlendioxidlager“, weiß Konstanze Pantiru. Die Anforderungen des Handels sind streng. Die frischen Knollen sollen möglichst weiß sein, fünf Zentimeter Durchmesser und einen grünen, kurz abgeschnittenen Stängel haben. Alle Ware, die zwar intakt ist, aber nicht diese Schönheitskriterien erfüllt, können die Pantirus nur noch an Gewürzwerke verkaufen.
Arbeitsintensiver Anbau
Die Investitionen im Knoblauchanbau sind hoch. Für einen Hektar wird eine Tonne Pflanzgut benötigt. Dünger ist zwar nur einmal pro Jahr fällig. Dafür sind das Pflanzen, Ernten, Putzen und Einlagern arbeitsintensiv. Die Pantirus beschäftigen für den Knoblauch 24 Erntehelfer. Obwohl sie verhältnismäßig viel mechanisiert haben. Zum Beispiel mit den zwei Pflanzmaschinen eines spanischen Herstellers. Auf dem Acker beugt sich Ciprian Pantiru gerade über eine der beiden Maschinen. In der Hand hält er einen Schraubenschlüssel. „Wir tauschen die Löffel, weil der nächste Sack Pflanzgut größere Zehen enthält“, erklärt er und zeigt in Richtung des dunkelblauen Transporters am Feldrand. In seinem Inneren stapeln sich Säcke in unterschiedlichen Farben. „So liefern wir das Pflanzgut auch aus, damit die Kunden es auseinanderhalten können.“
Sechs Sorten bauen die Pantirus an, vier spanische und zwei französische. Sie heißen Garpek, Gardos, Garcua, Gardacho, Flavor und Thermidrôme. Die Sorten haben verschiedene Reifezeiten, Farben und Trocknungseigenschaften. Das hilft den Produzenten, so lange wie möglich Frischware anzubieten und weniger Ausfälle beim Trocknen zu riskieren. „Der Handel fragt noch nicht nach verschiedenen Sorten, aber das kann noch kommen“, sagt Konstanze Pantiru.
Vielfalt ist Trumpf
Für Gregor Schmitz aus Witzenhausen ist das anders. Der 31-Jährige vermarktet seinen Knoblauch vor allem auch dank der 45 Sorten, die er anbaut. Für den Verkauf sind es allerdings „nur“ acht. Die bietet Gregor Schmitz über seine Internetseite an, auf Wochenmärkten, zunehmend aber auch auf Veranstaltungen, wie Mittelalterfesten, Bauernmärkten oder solchen von Slow Food. „Die anderen Sorten probiere ich noch aus und verkaufe sie in kleinen Mengen so nebenbei mit.“ Gregor Schmitz pachtet seinen Hektar für den Knoblauchanbau immer jeweils für eine Saison von einem Biobauern.
Was Gregor Schmitz nicht frisch verkauft, trocknet er in einer zugigen Scheune. Er zeigt auf eine Reihe Knollen, die an ihren Stängeln aufgehängt an einem Holzgestell baumeln. „Das ist Vekan aus Tschechien, meine Lieblingssorte, sie hat ein volles und süßes Aroma, eignet sich hervorragend zum kurz Anbraten.“ Noch feiner daher kommt die spanische, faustgroße Vallelado mit ihren großen Zehen oder die französische Rose de Lautrec. Eigentlich aus Deutschland stammt die Sorte Flöha. Gregor Schmitz hat sie sich aber aus Kanada schicken lassen. „Ich habe sie zurückgeholt“, sagt er lachend.
Knoblauch ist also längst nicht gleich Knoblauch. Die Lage ist unübersichtlich. Viele lokale Sorten tragen verschiedene Namen, die noch nicht einmal innerhalb einer Region die gleichen sein müssen. Oder sie haben gar keine Namen. Dann bekommen sie eben welche verpasst. Nach einem Dorf oder einer Marktfrau in Mazedonien zum Beispiel, von der man sie hat.
Gregor Schmitz hat sich schon mit seiner Abschlussarbeit im Studiengang Ökolandwirtschaft an der Universität Witzenhausen mit der sagenumwobenen Knolle beschäftigt. Er ist sogar nach Zentralasien gereist, wo der Knoblauch angeblich herstammt. Gregor Schmitz glaubt, dass der Knoblauchanbau in Deutschland noch stark zunehmen wird.
Das ist auch die Einschätzung von Konstanze Pantiru. „Es ist doch gut, wenn unsere Lebensmittel nach unseren Standards für Arbeit und Umwelt in der Region angebaut und nicht von weit her angekarrt werden.“ Mit ihrer Leidenschaft scheint sie auf den richtigen Trend gesetzt zu haben.