„Wissen, wie ein Termin­markt funk­tio­niert.“

Jan Peters ist Gründer des Infor­ma­ti­ons­dienstes agrarfax.de (der heute der Land­wirt­schafts­verlag GmbH gehört), Korre­spon­dent der Agrar­zei­tung und liefert für Reuters Hamburg, Dow Jones News­wire London sowie die Verei­nigten Wirt­schafts­dienste (VWD) Frank­furt täglich aktu­elle Agrar­in­for­ma­tionen.

Warum wird die profes­sio­nelle Getrei­de­ver­mark­tung für den Land­wirt immer wich­tiger?

Für die Land­wirte wird es immer wich­tiger, das Getreide zum rich­tigen Zeit­punkt zu verkaufen. Nur so kann er die in einem Wirt­schafts­jahr höchst­mög­li­chen Erlöse erzielen. Die Infor­ma­tionen über das Wetter und andere Einfluss­fak­toren und damit über das Angebot bestimmen das Preis­ni­veau. Statis­ti­sche Zahlen über die Lager­be­stände und das Nach­fra­ge­ver­halten wich­tiger Käufer­länder sowie Reak­tionen der Speku­lanten darauf, haben einen erheb­li­chen Einfluss auf die Preise.

Gelten diese Faktoren für alle EU-Länder gleich oder gibt es Unter­schiede?

Grund­sätz­lich sind die Mecha­nismen der Preis­fin­dung in ganz Europa gleich. Die Getrei­de­bauern blicken zur Waren­ter­min­börse Euronext (Matif) nach Paris. Dies ist die wich­tigste Börse in Europa, an der sich die Erzeu­ger­preise in jedem Land Europas orien­tieren. Vor allem Weizen und Mais zählen zu den am häufigsten gehan­delten Agrar­pro­dukten an der Matif.

Was sind die drei wich­tigsten Dinge, die ein Land­wirt für eine erfolg­reiche Vermark­tung beachten muss?

Zum einen ist es für einen Land­wirt wichtig zu erkennen, was ein Termin­markt ist. So gibt es beispiels­weise heute einen Weizen­preis für eine sofor­tige Liefe­rung, einen Preis für die Liefe­rung – neue Ernte – im August, es gibt einen Preis für die Liefe­rung im November und es gibt einen Preis für die Liefe­rung im Februar 2018. Beim Beob­achten dieser Preise sollte der Land­wirt immer zum jeweils höchsten Stand eine Teil­menge verkaufen.

Die Matif in Paris ist die wich­tigste Börse, an der sich die Erzeu­ger­preise in jedem Land Europas orien­tieren.

Zum Zweiten muss der Land­wirt in Stim­mungen hinein verkaufen. Wenn beispiels­weise der Export­markt anspringt, wenn Alge­rien und Ägypten große Mengen an Getreide kaufen, und der Handel fragt Ware nach, dann sollte der Land­wirt möglichst in diese Nach­frage-Stim­mung hinein Ware verkaufen. Als Drittes muss der Land­wirt immer beob­achten, wie hoch die Prämien, also die Diffe­renz zwischen Börsen­no­tie­rung und Geld­kurs im Seehafen, sind. Wenn im Seehafen mehr bezahlt wird als die Matif-Börse notiert, dann ist es immer ein Zeichen für ihn, zu verkaufen.

Grund­vor­aus­set­zung für eine möglichst profi­table Getrei­de­ver­mark­tung ist aber die Möglich­keit, zu lagern?

Richtig. Lagert der Land­wirt selbst ein, kann er die Preise verschie­dener Handels­partner verglei­chen und das beste Angebot nutzen. Dies gibt ihm einen größeren Hand­lungs­spiel­raum bei der Vermark­tung. Lagert er dagegen beim Handel ein, dann ist er letzt­lich mehr oder weniger gezwungen, die Ware auch an diesen Handels­partner zu verkaufen. Das Lagern beim Handel ist in der Regel aber güns­tiger als eigenen Lager­raum zu schaffen.

Wie sehr beein­flusst die Betriebs­größe die Vermark­tungs­stra­tegie, und ab wann lohnt sich eine externe Bera­tung?

Die Größe eines Betriebes bzw. die Ange­bots­menge, die ein Betrieb dem Markt zur Verfü­gung stellt, hat keinen Einfluss auf den zu erzie­lenden Preis. Das heißt, ein 100 ha-Betrieb erzielt keine schlech­teren Preise als ein 4.000 oder 5.000 ha-Hof. Externe Unter­stüt­zung kann gerade klei­neren und mitt­leren Betrieben bei der Entschei­dungs­fin­dung helfen, um zum best­mög­li­chen Zeit­punkt zu verkaufen.

Welche Rolle spielt das Bauch­ge­fühl bei einer Verkaufs­ent­schei­dung?

Alle Akteure, die an den Agrar­märkten aktiv sind, brau­chen Preis­pro­gnosen für eine syste­ma­ti­sche Entschei­dungs­fin­dung. Nur so lässt sich ein opti­maler Verkaufs­zeit­punkt inner­halb der Saison finden. Es ist grund­sätz­lich empfeh­lens­wert, drei bis vier Mal im Jahr eine Teil­menge an Getreide und Ölsaaten auf Termin zu vermarkten. Dann erreicht man in der Regel immer das höchst­mög­liche Preis­ni­veau. Eine gehö­rige Portion Bauch­ge­fühl ist für diese Entschei­dungs­fin­dung aber auch wichtig. Wichtig für das Bauch­ge­fühl ist aber die Stim­mung am Markt, wenn die Nach­frage da ist.