Man sät einen Samen und erntet im Jahr darauf eine Pflanze. Dann nimmt man einen Samen dieser Pflanze, sät diesen erneut und es wächst eine neue Pflanze. Wirtschaften in Kreisläufen entspricht der Natur der Landwirtschaft. Das Problem besteht darin, dass manche Betriebsmittel, wie beispielsweise Dünger, nicht ganz nachhaltig sind. Genau darauf hat sich das schwedische Unternehmen EkoBalans bei der Entwicklung eines nachhaltigen und gehaltvollen NPK-Düngers aus recyceltem Abwasser konzentriert.
Der Dünger enthält nicht nur Stickstoff und Phosphor, sondern auch organische Substanzen zur Erhöhung des Humusgehalts im Boden. Es ist schon lange bekannt, dass städtisches Abwasser eine wahre Goldmine an Nährstoffen ist, und es wurden – und werden – zahlreiche Versuche unternommen, diese zu nutzen. EkoBalans glaubt, eine Formel gefunden zu haben, die funktioniert.
Recycling- statt Wasseraufbereitungsanlagen
„Das Problem mit den heutigen Wasseraufbereitungsanlagen ist, dass sie nicht auf die Rückgewinnung von Nährstoffen, sondern nur auf die Reinigung des Wassers ausgelegt sind, sodass die Nährstoffe zu stark verdünnt werden“, sagt der promovierte Biologe Gunnar Thelin, Gründer und Eigentümer von EkoBalans. „Es besteht kein wirtschaftlicher Nutzen darin, die Nährstoffe aus dem Wasser herauszuziehen.“
Ein weiteres Problem besteht darin, dass zur Entfernung von Phosphat aus dem Abwasser Chemikalien verwendet werden, wodurch Landwirte diese Nährstoffe nicht mehr nutzen können. Die Lösung von EkoBalans besteht darin, dem Abwasser das Wasser zu entziehen und einen festen Dünger herzustellen. „Wenn ein biologisches Verfahren zur Extraktion des Phosphats verwendet wird – und das ist nicht schwierig –, dann ist es für uns wiederverwertbar“, sagt Linnéa Kollberg, Verfahrensingenieurin bei EkoBalans.
Trotz der geringen Nährstoffkonzentration im Abwasser, kann ihr Verfahren, das auf der Trennung eines Großteils des Wassers von den Nährstoffen aufbaut, ungefähr 20-25 % des Phosphats (wenn dieses biologisch gereinigt wurde) und 15 % des Stickstoffs aus heutigen Abwasseranlagen zurückgewinnen. Das ist zwar akzeptabel, aber die Werte könnten bei einer Neustrukturierung der Anlagen noch deutlich höher sein.
„Wir arbeiten mit der Annahme, dass die heutigen Wasseraufbereitungsanlagen in Nährstoffrecyclinganlagen umgewandelt werden müssen“, sagt Gunnar Thelin. „Außerdem reicht es nicht aus nur Phosphat herauszufiltern, um uns relevant zu machen.“ Daher sieht er die Grundlage für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Verfahrens darin, einen zusätzlichen Schwerpunkt auf die Gewinnung von Stickstoff aus Abwasser zu legen.
Tests in Helsingborg
Das Produktionsverfahren der Firma wird derzeit in einer vollwertigen, hochmodernen Wasseraufbereitungs- bzw. Recyclinganlage in Helsingborg, einer Stadt im Südwesten Schwedens, angewendet. Die Anlage wird aus einem neu erbauten Stadtteil gespeist, dessen Häuser über drei zur Anlage führende Abwasserrohre verfügen: eines für die Toiletten, eines für Abwasser aus Bad, Wasch- und Spülmaschine und eines für zerkleinerte Essensabfälle als Biomassekomponente.
Durch diese Konstruktion verbessern sich die Produktionsparameter beträchtlich. Das Stickstoffextraktionsniveau steigt gegenüber 40-50 mg/Liter in konventionellen Anlagen auf 1000 mg/Liter. „Statt 20 % des Phosphats und 15 % des Stickstoffs herauszuziehen, können wir jetzt 75-80 % bzw. 75 % extrahieren“, sagt Thelin. Durch die Verwendung einer Gastrenneinheit werden die Endprodukte außerdem von Verunreinigungen befreit.
Im vollen Betrieb kann die Anlage in Helsingborg jährlich 29 t Stickstoff in Form von Ammoniumsulfat und 5,9 t Phosphat in Form von Struvit-Kristallen produzieren.
Nachhaltige Landwirtschaft aufbauen
Auch wenn Anlagen wie die in Helsingborg bisher selten sind, gibt es in Skandinavien weitere Anlagen, deren Konstruktion den Vorstellungen von EkoBalans bereits sehr nahekommt. „Wir brauchen neue Düngerarten, die in einem Kreislaufsystem funktionieren“, sagt Gunnar Thelin. „Wir müssen Möglichkeiten finden, uns um die im städtischen Umfeld produzierten Nährstoffströme zu kümmern.“ Er kann sich vorstellen, dass innerhalb der nächsten fünf bis sieben Jahre weitere Anlagen wie die in Helsingborg gebaut werden.
Während in der Zwischenzeit bestehende Wasseraufbereitungsanlagen modifiziert und neue Abscheideanlagen gebaut werden, plant EkoBalans dieses Jahr ungefähr 2000 t seines Düngers zu produzieren, wobei der Stickstoff aus dem Nebenprodukt eines Stahlwerks und Phosphat sowie Biomasse aus einer Biogasanlage bezogen werden.
Dieses Recyclingverfahren ist nicht nur von nationalem Interesse. Das Wissen, welches EkoBalans und Gunnar Thelin innerhalb der letzten sechs Jahre im Zuge der Produktentwicklung gesammelt haben, wird jetzt ins spanische Murcia exportiert – zusammen mit der ersten Versuchsanlage, deren Einrichtungs- und Versuchsphase sie beaufsichtigen werden.
Bodengesundheit erhalten
Laut Thelin reicht es nicht aus, einfach nur konventionellen Dünger aus Abwasser herzustellen. „Er muss zusammen mit einer Grüngutkomponente angewendet werden, sodass der Humusgehalt im Boden mit der Zeit ansteigen kann.“ Sein Dünger enthält daher auch Magnesium, Schwefel, Mikronährstoffe und Calcium.
Dass der Stickstoffgehalt, der bei konventionellen Düngern 34 % beträgt, nur bei 21 % liegt, beunruhigt die Landwirte. Aber laut Thelin ist es nicht angemessen, dieses neue Produkt mit konventionellen NPK-Mineraldüngern zu vergleichen.
„Wir sehen unser Produkt als Teil einer Kreislaufwirtschaft, einer neuen Denkweise. Wir bringen Nährstoffe aus Abwasser auf die Felder. Wir können nicht das konventionelle Verfahren beibehalten, bei dem so viel wie möglich ausgebracht wird, die Pflanzen aber nur etwa 30 % davon aufnehmen können und der Rest in die Natur ausgeschwemmt wird.“
Landwirte zufrieden mit den Testergebnissen
Im zweiten Jahr in Folge nehmen der Ackerbauer Peter Knutsson und sein Sohn Johan an der Erprobung des Düngers von EkoBalans teil und sind beeindruckt.
Auf ihrem 640 ha großen Betrieb Östergård ungefähr 20 km östlich von Helsingborg bauen sie eine Vielzahl von Feldfrüchten einschließlich Weizen, Raps, Gerste, Kartoffeln, Zuckerrüben, Bohnen und Erbsen an. Die NPK-Pellets wurden mit Düngerstreuern verschiedener Marken ausgebracht und haben nach dem Zerkleinern gut funktioniert. „Dieses Jahr haben wir den Dünger in Braugerste und im vergangenen Jahr in Hafer ausprobiert. Er hat tatsächlich besser funktioniert als wir erwartet hatten“, sagt Johan Knutsson.
Uns gefällt die Idee Nährstoffe zu nutzen, die ansonsten verschwendet würden
Peter Knutsson
Beide haben Bedenken wegen des geringen Stickstoffgehalts, aber falls sich der Dünger positiv auf den Deckungsbeitrag auswirkt, wäre er attraktiv. „Uns gefällt die Idee, Nährstoffe zu nutzen, die ansonsten verschwendet würden. Und ich bin überzeugt, dass wir Landwirt unseren Beitrag dazu leisten müssen, die Nahrungsmittelproduktion nachhaltiger zu gestalten“, sagt Peter Knutsson.
Die Betreuerin des Feldversuchs, Ulrika Dyrlund Martinsson von der Landwirtschaftsgesellschaft, ist ebenfalls beeindruckt von den Ergebnissen. „Man konnte keine Ertragsunterschiede zwischen der Verwendung von EkoBalans und konventionellem Dünger sehen, und beim Proteingehalt haben wir nur geringe Unterschiede festgestelltׅ“, sagt sie.
Auch sie stimmt der Idee zu, Alternativen zu den heutigen Düngemitteln zu entwickeln. „Wir müssen uns nach Alternativen umsehen und darauf achten, dass wir in einem Kreislaufsystem produzieren. Phosphat ist ein begrenztes Produkt und es wird in Zukunft immer schwieriger und teurer zu beschaffen sein.“
Auch wenn die Menge der weltweiten Phosphatvorräte nach oben korrigiert wurde, müssen wir laut Gunnar Thelin dennoch unsere Belastung der Natur vermindern: „Ob das abgebaute Phosphat noch 80 oder 400 Jahre reicht ist irrelevant – das sind rein rechnerische Werte. Ungeachtet dessen müssen wir Phosphat, Stickstoff und weitere Nährstoffe recyclen, die sich bereits im System befinden.“